Sie nicken mehrmals am Tag ein, bei intensiven Gefühlen versagen ihre Muskeln: Ärzte stutzen, als vermehrt Kinder an Narkolepsie erkranken. Forscher vermuten einen Zusammenhang mit dem Impfstoff Pandemrix.
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Vorbeugende Impfungen sollen vor Krankheiten schützen. Umso größer war der Schock, als für den Schweinegrippe-Impfstoff Pandemrix ein furchtbarer Verdacht aufkam: Im August 2010 informierte die schwedische Arzneimittelbehörde über Narkolepsie-Fälle bei Kindern und Jugendlichen nach der Impfung. Weitere Analysen in Finnland, Irland, Frankreich und England stützten den Verdacht, dass Pandemrix in seltenen Fällen die unheilbare Schlafkrankheit auslösen kann. Inzwischen fließen Entschädigungszahlungen - von Behörden, nicht vom Hersteller.

Die Forderungen richteten sich zwar gegen den Pharmariesen GlaxoSmithKline (GSK), sagt Anwalt Peter Todd, der 75 Betroffene in Großbritannien vertritt. "Aber letztlich wird die britische Regierung GSK entschädigen müssen." Denn sie habe den Impfstoff gekauft und die Impfung empfohlen. Auch in Deutschland wurde die Schutzimpfung von der Ständigen Impfkommission des Robert Koch-Instituts (Stiko) empfohlen.

Ursache vermutlich gefunden

Über die Ursache dieser Schlafkrankheit wurde lange gerätselt, nun legen Forscher einen möglichen Mechanismus dar. Eine im Fachjournal Science Translational Medicine vorgestellte Studie zeigt, dass ein bestimmtes Virus-Protein, das einer Andockstelle im Gehirn ähnelt, der Auslöser für die Erkrankung sein könnte. In der Folge richte sich das Immunsystem gegen bestimmte, für das Schlafverhalten wichtige Zellen im Gehirn, berichten Forscher um Lawrence Steinman von der Stanford University in Kalifornien.

In den Blutproben finnischer Patienten, die nach der Pandemrix-Impfung eine Narkolepsie entwickelt hatten, fanden sie spezielle Antikörper. Diese würden offensichtlich von dem Virus-Protein aktiviert und attackierten dann die Hypocretin-Andockstellen im Gehirn. Weitere Studien seien aber nötig, um den vorgestellten Mechanismus zu bestätigen, kommentiert Hartmut Wekerle, emeritierter Neuroimmunologe des Max-Planck-Instituts für Neurobiologie in Martinsried.

Narkolepsie "macht wirklich Angst"

Die Ergebnisse unterstrichen, wie wichtig es sei, aus Impfstoffen alle Bestandteile zu entfernen, die vom Immunsystem mit körpereigenen Strukturen verwechselt werden könnten, betonen die Wissenschaftler um Lawrence Steinman von der Stanford University (Kalifornien).


Kommentar: Einmal wird hier suggeriert, dass nicht Impfungen an sich, sondern nur Inhaltsstoffe gefährlich seien, die körpereigenen Strukturen ähneln. Während das wie ein Fortschritt aus dem Mainstream aussieht, der Impfungen ansonsten als lebenswichtigen Retter hinstellt und Angstmache betreibt, so werden die enthaltenen Gifte in Impfungen nicht erwähnt. Geschweige denn, dass Impfungen die Krankheit erst hervorrufen, oder die unzähligen Fälle von Tod und Schäden durch andere Impfungen, oder das hier: Studie beweist, Kinder die weniger geimpft werden sind gesünder


Die Narkolepsie ist eine seltene Schlaf-Wach-Störung, typische Symptome sind Tagesschläfrigkeit und sogenannte Kataplexie, ein plötzlicher Verlust des Muskeltonus bei starken Gefühlen. Sie entsteht, wenn bestimmte Zellen im Gehirn verloren gehen, die den Botenstoff Hypocretin herstellen, der das Wachsein steuert. Vor allem Menschen mit einer bestimmten Genvariante in ihrem Erbgut erkranken. Kinder können zusammenklappen, nur weil sie über etwas Lustiges sehr lachen müssen. Eines von ihnen ist Lucy, die als 13-Jährige plötzlich dauernd vor dem Fernseher einschlief und nach vorn sackte, wenn sie lachen musste.

Ein paar Monate zuvor war sie gegen Schweinegrippe geimpft worden, wie etwa sechs Millionen andere Briten in den Jahren 2009 und 2010. Inzwischen ist Lucy 18 und schläft etwa 40-mal am Tag einfach ein, ohne sich dagegen wehren zu können, wie sie dem britischen "Guardian" berichtete. Sie verliere zudem die Kontrolle über ihren Körper, wenn sie sich zum Beispiel stark freut oder überrascht ist.

"Ich hatte einige schlimme Erfahrungen, als ich die Treppe runter gefallen bin oder von einem Stuhl auf Fliesen", sagte sie der Zeitung. "Manchmal kippt mein Hals zu weit nach hinten oder vorn und ich kann nicht richtig atmen, das macht wirklich Angst." Lucy kann keinen Führerschein machen und hat den Schulabschluss nur mit größter Mühe geschafft. "Ich war ein totaler Bücherwurm, aber jetzt kann ich nicht mehr richtig lesen, weil ich so viel Energie aufbringen muss, um einen Abschnitt zu schaffen." Mit ihren Freunden gehe sie selten aus - in dunklen, chaotischen Clubs fürchte sie um ihre Sicherheit.

Schwieriger Kampf um Entschädigungen

Neben Pocken und Mumps steht auch die Schweinegrippe-Impfung auf der Liste der Impfungen, nach denen in Großbritannien eine Entschädigung beantragt werden kann. 120.000 Pfund, umgerechnet rund 166.000 Euro, bekommt, wer nach einer Impfung "schwer behindert" ist - also zu 60 Prozent. Doch die Regierung hat lange, wie auch in Lucys Fall, alle Anträge abgewiesen mit der Begründung, die Patienten seien nicht ausreichend geschädigt für die Auszahlung.

Das sah ein britisches Gericht im Fall eines zwölfjährigen Jungen anders. Er kann, so berichten es seine Eltern, nicht unbeaufsichtigt duschen oder mit dem Bus fahren und hat große Probleme in der Schule. Nun soll er die Standard-Entschädigung von 120.000 Pfund für schwere Impfschäden bekommen. Anwalt Peter Todd von der Kanzlei Hodge Jones & Allen ist zuversichtlich, dass auch seine anderen Fälle Erfolg haben werden. Dabei gehe es ihm nicht nur um die 120.000 Pfund: "Ich hoffe, dass wir vollen Schadenersatz bekommen, was sehr viel mehr sein wird." Derzeit sei man mit GSK im Gespräch.

"Wir nehmen die Sicherheit der Patienten, die ihre Gesundheit unseren Impfstoffen und Medikamenten anvertrauen, sehr ernst", heißt es dazu bei dem britischen Pharmakonzern. Ein Sprecher sagt, das Unternehmen erforsche den beobachteten Zusammenhang zwischen Pandemrix und Narkolepsie sowie Wechselwirkungen, die der Impfstoff mit anderen Risikofaktoren im Körper der Betroffenen gehabt haben könnte. Zudem unterstütze GSK die Forschung externer Experten dazu.

Meist Kinder und Jugendliche betroffen

Pandemrix war im September 2009 in der Europäischen Union (EU) zum Schutz gegen den Virusstamm H1N1A/v zugelassen worden. Während der Influenza-Welle 2009/2010 wurden fast 31 Millionen Menschen damit geimpft. Daneben gab es noch Impfstoffe anderer Konzerne. Zurzeit wird Pandemrix in der EU nicht mehr eingesetzt.

In Finnland - wo fast die Hälfte der Bevölkerung geimpft wurde - beantragten 342 Menschen eine Entschädigung, 244 Anträge wurden bewilligt. Insgesamt wurden 22 Millionen Euro gezahlt. Ähnlich ist die Situation in Norwegen und Schweden, weit weniger Fälle gibt es in Dänemark, wo nicht so massiv für die Impfung geworben wurde.

In Frankreich sind etwa 90 Narkolepsie-Fälle als Folge der Pandemrix-Impfung bekannt. Der Anwalt Charles Joseph-Oudin vertritt 76 Anträge auf Entschädigungszahlungen. Bei den Erkrankten handele es sich meist um Jugendliche zwischen 15 und 18 Jahren. Die Höhe der Entschädigungszahlungen liege zwischen 70.000 bis 300.000 Euro, in 3 besonders schweren Fällen bei 600.000 bis 650.000 Euro.

51 Verdachtsfälle in Deutschland

Für Deutschland hat das zuständige Paul-Ehrlich-Institut (PEI) in Langen 51 Verdachtsfälle erfasst, in denen ein Zusammenhang zwischen Impfung und Narkolepsie bestehen könnte. 27 davon sind Kinder und Jugendliche. Hinzu kommen je 12 Frauen und Männer.

Mehr als 20 Narkolepsie-Patienten haben einen Antrag auf Entschädigung bei den zuständigen Landesämtern gestellt. Wird ihm stattgegeben, erhalten Betroffene ab einem bestimmten Schädigungsgrad eine lebenslange Grundrente, deren Höhe sich bundesweit einheitlich nach Schweregrad und Einkommensverhältnissen richte, erklärt Bernd Stöber vom Niedersächsischen Landessozialamt.

In Niedersachsen wurden demnach bisher drei Anträge von zwei Männern und einer Frau zwischen 30 und 37 Jahren gestellt, von denen einem zugestimmt, einer abgelehnt und einer noch nicht entschieden wurde. In Sachsen-Anhalt seien zwei Anträge gestellt worden, beide von Männern, sagt Denise Vopel vom Landesverwaltungsamt in Halle.

Deutlich mehr Anträge gab es in Hessen: 15 Anträge auf Anerkennung eines Impfschadens seien bisher gestellt worden, sagt Esther Walter vom Landesversorgungsamt. "11 dieser Anträge wurden abgelehnt." Über die verbliebenen vier Anträge solle erst entschieden werden, wenn eine bundesweite Studie des PEI vorliege. Es gebe bundesweit gleich gelagerte Fälle, die derzeit noch zurückgestellt seien.

Die Studie mit Daten von 2007 bis 2011 sei bereits abgeschlossen und stehe vor der Veröffentlichung, heißt es dazu beim PEI. Einer ersten Kurzfassung zufolge stieg die Narkolepsierate bei unter 18-Jährigen seit 2009 an - allerdings schon seit dem Frühjahr, nicht erst mit Beginn der Impfungen am Ende des Jahres.