Es sind schwere Anschuldigungen: Einstige US-Soldaten sagen, dass sie nicht eingreifen durften, als afghanische Verbündete Kinder missbrauchten. Dan Quinn, ehemaliger Oberst im US-Militär, im Interview mit CNN.
dan quinn
© Kristen Luce for The New York TimesDan Quinn
«Nachts hören wir sie schreien, aber wir dürfen nichts unternehmen», sagte Gregory Buckley Jr. seinem Vater 2012 in einem Telefonat. Buckley Jr. war mit der US-Marine in Afghanistan stationiert. Er hatte mitbekommen, wie afghanische Sicherheitskräfte, die mit den Amerikanern gegen die Taliban kämpften, Jungen sexuell missbrauchten. Kindesmissbrauch ist ein grosses Problem in Afghanistan - vor allem bei den Streitkräften. In einer Art Subkultur «Bacha Bazi» («Knabenspiel») nehmen sich Offiziere junge Afghanen zu Sex-Sklaven.

Buckley Senior riet seinem Sohn, sich an seine Vorgesetzten zu wenden. Dieser folgte dem Rat - ohne Erfolg. «Die Offiziere empfahlen ihm, wegzuschauen - das sei nun mal die Kultur der Afghanen», so der Vater gegenüber der New York Times.

Ausgerechnet für Buckley Jr., der die Buben schützen wollte, sollte die Geschichte tödlich enden: Ein afghanischer Junge, den einer der afghanischen Befehlshaber in seinem Zimmer gefangen hielt, gelangte an eine Pistole und erschoss den Amerikaner. «In den Augen der Jungen sind wir am Missbrauch mitschuldig», erklärte Buckleys Vater. «Sie wissen nicht, dass es vielen unserer Soldaten schlecht wird bei dem Gedanken.» Er ist überzeugt, dass die Strategie der US-Streitkräfte, die Vergewaltigungen auf ihrem Gelände zu ignorieren, zum Tod seines Sohns beigetragen habe. Buckley Senior hat inzwischen eine Klage eingereicht, um mehr Informationen zum Tod seines Sohnes zu erhalten.

Junge gerächt - entlassen

Auch andere US-Soldaten, die nicht wegsehen wollten, zahlen einen Preis, wie die New York Times berichtet. Etwa Dan Quinn, ehemaliger Hauptmann der Sondereinheiten in Afghanistan.

Bild
© Kristen Luce for The New York TimesBuckley Senior
Zusammen mit dem Unteroffizier Charles Martland griff Quinn ein, als er im Jahr 2011 sah, wie ein afghanischer Polizei-Kommandeur einen Jungen vergewaltigte. «Ich warf den Mann mehrere Male zu Boden», erzählt Quinn CNN. «Wir wollten sichergehen, dass er versteht, dass er dafür bezahlen würde, wenn er dem Jungen je wieder zu nahe kommt.» Wenig später wurden Quinn und Martland unfreiwillig vom Militärdienst befreit.

«Schlimmer als die Taliban»

Inzwischen haben sich mehrere Ex-Militärs in amerikanischen Medien zu Wort gemeldet. «Wir waren in Afghanistan, weil wir davon hörten, wie die Taliban Menschenrechte verletzten», sagte der entlassene Oberst Quinn der New York Times. «Aber wir besetzten die Positionen mit Leuten, die noch viel schlimmere Dinge machten als die Taliban

Das Pentagon dementiert gemäss CNN die Anschuldigungen. Kindesmissbrauch bewusst zu ignorieren, sei im Militär nicht üblich. Auch der Sprecher für die amerikanischen Truppen in Afghanistan, Brian Tribus, schreibt in einem E-Mail an die New York Times: «Grundsätzlich unterliegen Fälle von Kindesmissbrauch in Afghanistan dem dortigen Recht.» Deshalb müssten amerikanische Soldaten diese auch nicht melden - es sei denn, Vergewaltigung werde als Kriegswaffe verwendet.


Kommentar: Vergewaltigung ist eine Kriegswaffe, denn es ist psychischer und physischer Terror gegen Menschen und ein Ziel von Psychopathen, dass dieser Terror fortgeführt wird.


Mittlerweile weitet sich der Skandal aus: Vern Buchanan, Vertreter des US-Bundesstaats Florida im Repräsentantenhaus, richtete sich in einem Brief an Martin Dempsey, den obersten General der US-Armee. «Schlimm genug, wenn das Pentagon unsere Soldaten anweist, dieses barbarische Verhalten zu ignorieren. Aber es ist noch schlimmer, wenn wir jene bestrafen, die versuchen, die Verantwortlichen aufzuhalten

cfr