Täglich neue Messerattacken, nun Schüsse an der Grenze zum Gazastreifen. Israel bekommt die Unruhen nicht unter Kontrolle. Der Hamas-Chef heizt den Konflikt weiter an.
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© Shadi Hatem/dpa
Messer, Schraubenzieher, Gemüseschäler: Mit den einfachsten Mitteln gehen Palästinenser und Israelis seit Tagen aufeinander los, nicht selten enden die Angriffe tödlich. Und sie weiten sich auf weitere Teile des Landes aus: Zuletzt kam es auch an der Grenze zum Gazastreifen zu Zusammenstößen. Seit dem Gaza-Konflikt vor einem Jahr war es an der Grenze des von der islamistischen Hamas regierten Autonomiegebiets relativ ruhig geblieben. Am heutigen Freitag jedoch töteten israelische Soldaten fünf Palästinenser, nach Angaben von palästinensischen Sanitätern wurden rund 30 Palästinenser verletzt.

Die Soldaten hätten auf Steinwürfe von rund 200 Demonstranten mit scharfen Schüssen geantwortet, sagte eine Armeesprecherin. Im Süden der Enklave, östlich von Chan Junis, kam es zu ähnlichen Konfrontationen, bei denen ein 19-jähriger Palästinenser getötet wurde. Es gab 21 Verletzte.

Mitte September war der Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern anlässlich des Streits um die Nutzungsrechte auf dem Jerusalemer Tempelberg neu aufgebrochen. Seit Donnerstag vergangener Woche gab es zahlreiche Anschläge und gewalttätige Proteste, bei denen vier Israelis und elf Palästinenser, darunter fünf mutmaßliche Attentäter, getötet wurden.


Kommentar: Mutmaßlich bedeutet:
aufgrund bestimmter Tatsachen, Anzeichen möglich, wahrscheinlich

der mutmaßliche (in Verdacht stehende) Täter

Der in Gaza residierende Hamas-Führer Ismail Hanija begrüßte in einer Rede die jüngste Angriffserie, bei der meist palästinensische Einzeltäter mit Messern oder anderen Stichwaffen Israelis angreifen. Er sprach von einem neuen palästinensischen Aufstand, der dritten Intifada seit 1987 und 2000.

Die Angreifer scheinen weitgehend spontan, individuell und unorganisiert zu handeln. Lediglich ein Anschlag wurde einer Hamas-Zelle im Westjordanland zugeordnet.

Netanjahu verurteilt Angriff auf "unschuldige Araber"

Ähnlich ist der Messerangriff eines Juden auf Araber zu bewerten. In der südisraelischen Stadt Dimona stach der 17-Jährige auf vier Araber ein. Wie die Polizei mitteilte, sei der Angreifer am Tatort festgenommen worden. Als Motiv habe der Jugendliche erklärt, für ihn seien "alle Araber Terroristen". Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu verurteilte diesen Angriff auf "unschuldige Araber scharf". Es handele sich um einen psychisch kranken Mann, sagte der Bürgermeister von Dimona.

Auseinandersetzungen gab es auch in der Jerusalemer Altstadt, als dort eine Gruppe von rund 50 Juden mit Kippas und israelischen Flaggen durchzog. Die jüdischen Demonstranten riefen "Lang lebe das israelische Volk!", einige Palästinenser reagierten mit dem Ruf "Allahu Akbar" - "Gott ist groß".

Netanjahu und Palästinenserpräsident Mahmud Abbas riefen zur Ruhe auf. Auch sprechen weder die Verantwortlichen in Israel noch die der gemäßigten palästinensischen Autonomieverwaltung im Westjordanland von einer dritten Intifada. Die Aufstände von 1987 bis 1993 und 2000 bis 2005 hatten auf palästinensischer Seite über 5.000 und auf israelischer Seite mehr als 1.200 Menschen getötet.

ZEIT ONLINE, AFP, dpa, sk