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Nach 15 Jahren Bauzeit geht das experimentelle Kernfusionsprojekt „Wendelstein 7-X“ ab November 2015 nun also in die „heiße Phase“: Am Max-Planck-Institut für Plasmaphysik (IPP) im Mecklenburg-Vorpommernschen Greifswald soll mit Hilfe der Anlage nun erstmals heißes Wasserstoffplasma hergestellt werden.

Letztendlich erhofft man sich durch die Kernfusion neue Möglichkeiten der Energiegewinnung, die klima- und umweltfreundlicher sein sollen und vor allem ein viel geringeres Sicherheitsrisiko darstellen sollen als bei der Kernspaltung.

Bei der Inbetriebnahme der Anlage wird also vorerst noch keine Energie erzeugt, sondern zunächst die Eignung der Anlage als Kraftwerk untersucht. Mit Entwicklungskosten in Höhe von bisher 1,06 Milliarden Euro und einem Gewicht von 725 Tonnen soll „Wendelstein 7-X“ somit neben dem „Large Helical Device“ in Japan die weltgrößte Fusionsanlage des Typs „Stellarator“ werden.


Der Name „Wendelstein“ wurde bereits Ende der 1950er Jahre in Anlehnung an den Namen „Matterhorn“ gewählt, unter dem bereits am Princeton-Labor für Plasma-Physik in den USA Stellaratoren-Experimente durchgeführt wurden. Da sich die ersten deutschen Stellaratoren im bayrischen Garching befanden, entschied man sich für den gleichnamigen Berg aus den bayrischen Alpen.

Der Beginn der Anlage in Greifswald begann bereits 1990, während der Baubeginn im Jahr 2000 erfolgte und die Montage ab 2005 stattfand. Die schrittweise Inbetriebnahme erfolgt seit 2014.

Nachdem das aus 70 Magneten bestehende Kernstück der Anlage erfolgreiche Tests abgeschlossen hat, soll mit dessen Hilfe ein dreidimensionales Magnetfeld erzeugt werden, während die Gase festgehalten und auf die siebenfache Temperatur der Sonne erhitzt werden sollen. Hierbei wird zunächst mit ganz normalem Wasserstoff gearbeitet, wodurch noch keinerlei Radioaktivität entsteht.

Erst ab (frühestens) 2017 soll dann Deuterium („schwerer“ Wasserstoff) zum Einsatz kommen, wodurch geringe Mengen an Radioaktivität freigesetzt werden. Im Unterschied zur Kernspaltung ist hierbei jedoch keine Kettenreaktion möglich.

Während der Vorbereitungen für die Testphase mussten noch einige Lecks geschlossen und geprüft werden und nach den Tests der supraleitenden Magnetspulen musste noch das Magnetfeld ausgemessen werden, in welchem das bis zu 100 Millionen Grad Celsius heiße Gas berührungsfrei schweben soll. Insbesondere die komplexe Konstruktion der je 3,5 Meter hohen Magnetspulen hatte zu einer Kostenexplosion der Anlage geführt und den Abschluss der Bauarbeiten jahrelang hinausgezögert.

Nach der Montage der Anlage soll nun also eine etwa neunmonatige Inbetriebnahme erfolgen, bei der nach und nach Tests des Vakuums, der Helium-Kühlung und der Magnetfelder durchgeführt werden.

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Finanziert wurde das Projekt aus Mitteln des Euratom-Programms der EU (20%) sowie durch den Bund und das Land Mecklenburg-Vorpommern (Verhältnis 9:1). Auch das US-amerikanische Energieministerium soll sich im Rahmen des Programms „Innovative Approaches to Fusion“ mit 7,5 Millionen Dollar an den Kosten beteiligen.

Für Kritik sorgten nicht zuletzt die hohen Ausgaben, die vor allen auf die erhöhten Personalkosten für die verlängerten Bauarbeiten zurückzuführen sind, in dem sich die ursprünglich angesetzten Gesamtkosten in Höhe von 500 Millionen Euro dadurch mehr als verdoppelt haben. Hinzu kamen auch Zweifel an der Sicherheit der Anlage, die mit Hilfe eines von der Genehmigungsbehörde beauftragten TÜV-Gutachtens entkräftet worden sein sollen.

Darüber hinaus gibt es aber auch eine grundsätzlich ablehnende Haltung gegenüber der Fusionstechnologie, vor allem von Seiten der Grünen sowie von Umweltverbänden, indem diese darin ein Hemmnis der Energiewende sehen.