"Impulsive Interventionspolitik" statt diplomatischer Zurückhaltung - das Königreich wandelt sein außenpolitisches Auftreten. Der Auslandsgeheimdienst reagiert besorgt.

Explosion Jemen Luftschlag
© Khaled Abdullah/ReutersLuftschlag gegen ein Waffendepot nahe Sanaa, Jemen
Saudi-Arabien hat aus Sicht des deutschen Auslandsgeheimdienstes seine bisherige außenpolitische Zurückhaltung aufgegeben und entwickelt sich zur offensiv agierenden Regionalmacht. Entsprechend warnt der Bundesnachrichtendienst vor einer destabilisierenden Rolle des Königreiches in der arabischen Welt. "Die bisherige vorsichtige diplomatische Haltung der älteren Führungsmitglieder der Königsfamilie wird durch eine impulsive Interventionspolitik ersetzt", heißt es in einer internen Analyse des deutschen Auslandsnachrichtendienstes.

Vor allem die Rolle des neuen Verteidigungsministers und Sohns von König Salman, Mohammed bin Salman, sieht der Bundesnachrichtendienstes kritisch. Die wirtschafts- und außenpolitische Machtkonzentration auf den Vize-Kronprinzen "birgt latent die Gefahr, dass er bei dem Versuch, sich zu Lebzeiten seines Vaters in der Thronfolge zu etablieren, überreizt".

Der Nachrichtendienst sieht vor allem den saudischen Militäreinsatz im Jemen als Beleg für seine Analyse. Dort kämpft saudisches Militär gegen Rebellen, die die Regierung entmachten wollen. Mit diesem Einsatz wolle Saudi-Arabien beweisen, dass es bereit ist, beispiellose "militärische, finanzielle und politische Risiken einzugehen, um regionalpolitisch nicht ins Hintertreffen zu geraten", schreibt der BND. Das Land beteiligt sich seit Ende März an einer internationalen Koalition zur Unterstützung der jemenitischen Regierung und fliegt auch Luftangriffe.

Das Vorgehen Saudi-Arabiens wird von Deutschland intensiv beobachtet. Besonders kritisch sieht die Bundesregierung das Verhalten in Menschenrechtsfragen und dass das Königreich die Todesstrafe vollstreckt. Das Auswärtige Amt unternimmt nach eigenen Angaben alles, um die Hinrichtung des schiitischen Religionsführers Scheich al-Nimr zu verhindern, dessen Todesurteil das oberste Gericht Saudi-Arabiens erst kürzlich bestätigt hatte.

Das autoritär regierte Land hatte im Frühjahr 2011 mit Panzern und Soldaten an der Niederschlagung von Protesten in Bahrain mitgewirkt. Zudem geht die Regierung mit Gewalt gegen Proteste von Kritikern im Inland vor.

Deshalb sind die Exporte für Rüstungsgüter in das Land immer wieder Gegenstand von Kritik. Auf Druck des Wirtschaftsministeriums hatte das Bundessicherheitskabinett zu Jahresbeginn die Ausfuhr von tödlichen Waffen nach Saudi-Arabien bereits gestoppt. Im Sommer genehmigte die Regierung dann die Lieferung von 15 Patrouillenbooten. Sie sollen Ölplattformen vor Angriffen des "Islamischen Staats" schützen. Sie sind mit Waffen zur Selbstverteidigung ausgestattet.

Noch 2011 hatte der damalige Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler die Exportgenehmigung für 270 Leopard-II-Panzer des Waffenherstellers Krauss-Maffei Wegmann und Rheinmetall erwirkt. Saudi-Arabien hält für den Kauf von bis zu 800 Panzern etwa 18 Milliarden Euro bereit. Angesichts des im Januar ausgesprochenen Stopps für tödliche Waffen dürfte das Geschäft vorerst nicht vollzogen werden. Eine offizielle Exportanfrage für solche Panzer ist laut Medienberichten bei der Regierung bislang nicht eingegangen. Allerdings versorgt sich Saudi-Arabien demnach durch andere Staaten mit schweren Waffen, darunter in Spanien, wo einige Leopard-Versionen in Lizenz gefertigt werden.