Das neue Jahr ist gerade einmal drei Wochen alt, und dennoch werden wir Zeuge einer Folge noch nie da gewesener Ereignisse. Innerhalb der ersten vier Handelstage wurde der Aktienhandel an den chinesischen Börsen zweimal vorübergehend komplett ausgesetzt. Der Dow Jones Industrial Average hat noch nie zuvor innerhalb der ersten drei Handelswochen so viele Punkte verloren wie in diesem Jahr. Und am 20. Januar hieß es dann offiziell, dass sich auf den weltweiten Aktienmärkten eine Baisse bildet, das heißt eine Phase deutlicher Kurseinbrüche, die durch eine insgesamt pessimistische Stimmung geprägt ist.

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Seit Ende Juni 2015 wurden 15 Billionen Dollar an Aktienwerten vernichtet. Und natürlich passen sich die Märkte lediglich den Marktrealitäten an. Der Baltic Dry Index (BDI), der die Preisentwicklung beim Schiffstransport der wichtigsten Frachtgüter abbildet und als Frühindikator des Welthandels gilt, erreichte gestern ein neues Allzeittief.

Der Einzelhandelskonzern Wal-Mart kündigte die Schließung von 269 Märkten an, und die Anträge auf Arbeitslosengeld nahmen so stark zu wie seit sechs Monaten nicht mehr.


Wenn das Jahr schon so schlecht beginnt, was wird es uns dann im weiteren Verlauf noch bringen?

Am vergangenen Donnerstag erholte sich der Dow Jones glücklicherweise wieder ein wenig, aber trotzdem bewegen wir uns immer noch in schwierigem, unbekanntem Gelände.

Der amerikanische Fernsehsender CNBS berichtete am 21. Januar, noch nie sei der Dow Jones so schlecht in ein Jahr gestartet wie 2016.
»Der Dow Jones Industrial Index, der 1896 eingeführt wurde, verzeichnete noch niemals zuvor einen Jahresbeginn mit zwölf aufeinanderfolgenden schlechten Handelstagen. Beim Handelsschluss am Mittwoch war der Dow um 9,5 Prozent gefallen. Selbst wenn man den Kursanstieg vom Donnerstagmittag berücksichtigt, verlor der Dow 2016 bereits fast acht Prozent.«
Aber trotz des Kursmassakers, das wir bisher erlebt haben, sind die Aktien immer noch massiv überbewertet, vergleicht man sie mit historischen Durchschnittswerten. Bei einer realistischen Bewertung der Aktienwerte müssten sie noch einmal um ein Drittel an Wert verlieren. Im Folgenden ein Auszug aus einem Artikel auf der Internetseite Market Watch, ebenfalls vom gestrigen Donnerstag:
»Aus Zahlen der US-Notenbank geht hervor, dass die Aktienwerte von Unternehmen außerhalb des Finanzsektors gegenwärtig mit 90 Prozent des Wiederbeschaffungswertes aller Vermögensgegenstände des Unternehmens bewertet werden. Dieser Index ist auch als ›Tobin Q‹ bekannt. Geht man allerdings ein Jahrhundert zurück und betrachtet den historischen Durchschnittswert [der Unternehmensaktien] in diesem Zeitraum, liegt dieser Wert etwa im Bereich von 60 Prozent der Wiederbeschaffungskosten. Legt man diesen Wert zugrunde, könnten die Aktien noch ein weiteres Drittel ihres Wertes verlieren und damit den Dow Jones unter die 10 000-Punkte-Marke drücken. (Am vergangenen Mittwoch schloss der Dow Jones bei 15 767.) Zu ähnlichen Ergebnissen kommen auch Berechnungen, bei denen die Aktienkurse mit den inflationsbereinigten mittleren Gewinnen [dem Kurs-Gewinn-Verhältnis, KGV] der letzten Jahre verglichen werden. Dieser Indikator ist auch unter der Bezeichnung ›zyklisch angepasstes Kurs-Gewinn-Verhältnis‹, kurz: ›CAPE‹ oder ›Shiller-KGV‹, bekannt, benannt nach dem amerikanischen Ökonomen und Nobelpreisträger Robert J. Shiller, der ihn entwickelte.«
Den Mainstreammedien ist die Brisanz der Situation offensichtlich nicht bewusst. Sie hängen scheinbar immer noch der Illusion an, dass die Blase auf ewig halten wird. Die jüngsten Turbulenzen auf den Aktienmärkten haben sie daher völlig überrascht.

Aber eigentlich sollten die gegenwärtigen Ereignisse niemanden von uns wirklich überraschen. Die Finanzmärkte passen sich immer irgendwann der wirtschaftlichen Realität an, und zahlreiche, sich mehrende Hinweise zeigen, dass die wirtschaftlichen Aktivitäten deutlich abnehmen. Hier einigeentsprechenden Aspekte aus einer Analyse von Brandon Smith:
»Der Lastwagengüterfrachtverkehr in den USA ist stark rückläufig. Die Spediteure verweisen auf ›hohe Lagerbestände‹ und einen Auftragsrückgang als Ursache.

Aktuelle Zahlen zum Güterfrachtverkehr von Morgan Stanley deuten auf einen massiven Auftragseinbruch hin, der noch schlimmer als im Krisenjahr 2009 ausfällt.

Der Baltic Dry Index, der die weltweiten Frachtkosten abbildet und auf diese Weise als Indikator der weltweiten Nachfrage beim Schiffsfrachtverkehr von Rohstoffen gilt, ist erneut auf einen neuen historischen Tiefstand abgesunken. Windige, selbsternannte Experten des Mainstreams verbreiten immer noch die Lüge, dass ein ›Überangebot an neuen Schiffen‹ für den Rückgang des BDI verantwortlich sei. Aber der Vorstandschef der weltgrößten Reederei A. P. Moeller-Maersk widerlegte diesen Unsinn, als er im November einräumte, dass sich das ›weltweite Wachstum verlangsamt‹ und ›der Handel gegenwärtig deutlich schwächer verläuft, als es nach den vorliegenden Wachstumsprognosen eigentlich zu erwarten war‹.«
Ein weiteres unheilverkündendes Anzeichen ist die Tatsache, dass die Anträge auf Arbeitslosengeld erneut deutlich ansteigen.
»Die Zahl der Amerikaner, die bis Mitte Januar Anträge auf Arbeitslosengeld stellten, hat den höchsten Wert seit sieben Monaten erreicht. Dies deutet darauf hin, dass die Zahl der Entlassungen in den USA nach einem Rekordtiefstand nun wieder leicht zu steigen beginnt.

Saisonbereinigt nahm die Zahl der Anträge auf Arbeitslosengeld nach Regierungsangaben in den sieben Tagen vom 10. bis 16. Januar um 10 000 auf 293 000 Anträge und damit auf den höchsten Stand seit Juli letzten Jahres zu.«
Seit der letzten Rezession war die Energieindustrie der wichtigste Motor bei der Schaffung neuer Arbeitsplätze in den USA. Aber gegenwärtig stecken die »Erdöl-Boomtowns«, die zuvor eine rasante wirtschaftliche Aufwärtsentwicklung hingelegt hatten, in einer schweren Krise, und es kommt zu Massenentlassungen von Arbeitnehmern.

Wie ich bereits an anderer Stelle berichtete, mussten 42 nordamerikanische Erdölunternehmen ihren Bankrott erklären, und 130 000 gut bezahlte Arbeitsplätze in diesem Wirtschaftsbereich gingen in der Region seit Beginn des Jahres 2015 verloren. Angesichts der immer noch weiter sinkenden Rohölpreise dürfte sich die Lage weiter verschlechtern.

Aber immer noch sind viele Menschen überzeugt, hierbei handele es sich lediglich um eine kurzfristige »Konjunkturdelle«, also eine kurze konjunkturelle Abschwächung. Viele glauben offenbar, dass wir jetzt eben eine kurze Phase einer starken Rezession durchstehen müssten, und dann würden wir wieder das Wirtschaftswunderland erreichen. Sie begreifen nicht, dass sich zahlreiche langfristige wirtschaftliche Entwicklungstrends nun zu einem Crescendo vereinigen.

Viele Jahrzehnte lang haben wir massiv über unsere Verhältnisse gelebt. Die Regierung in Washington, aber auch die Regierungen auf bundesstaatlicher und Gemeindeebene sowie Unternehmen und Verbraucher - sie alle haben sich höher und schneller verschuldet, als durch unser Wirtschaftswachstum hätte aufgefangen werden können. Natürlich war von Anfang an klar, dass diese Entwicklung niemals nachhaltig sein würde, aber es lief so lange für viele von uns gut, dass wir überzeugt waren, unser zunehmend schuldenfinanzierter Wohlstand sei doch irgendwie »normal«.

Aber in Wahrheit ist es auf lange Sicht unmöglich, weitaus mehr zu konsumieren, als man produziert. Und nun holt uns die bittere Realität ein. Diesen Aspekt verdeutlichte Simon Black ineinem seiner jüngsten Artikel auf ausgezeichnete Weise.
»Wirtschaftswissenschaft ist eigentlich nicht so kompliziert. Das universelle Gesetz des Wohlstandes ist sehr einfach. Es lautet: Produziere mehr, als du verbrauchst.

Regierung, Unternehmen und alle Menschen müssen sich an dieses Gesetz halten. Diejenigen, die das tun, werden erfolgreich sein. Diejenigen, die dagegen verstoßen, werden früher oder später scheitern.

Wenn das gesamte Finanzsystem dieses grundlegende Gesetz missachtet, gefährdet das uns alle.

Und wenn Sie das verstanden haben, können Sie einfache und vernünftige Maßnahmen ergreifen, um sich vor den Konsequenzen zu schützen.«
Aber möglicherweise haben wir den richtigen Zeitpunkt, die Folgen unseres Handelns zu vermeiden, bereits verpasst. Wir müssen nun den Preis für unglaublich dumme Entscheidungen in der Vergangenheit zahlen. Und jeder, der in Barack Obama, der Federal Reserve oder irgendjemandem in Washington den Retter aus dieser Misere zu erkennen glaubt, wird bitterlich enttäuscht werden.


Die Dinge laufen jetzt schon sehr schlecht. Warten wir ab, was als Nächstes auf uns zukommen wird. 2016 ist das Jahr, in dem sich alles ändert.