Wer ins All fliegen möchte, sollte sich noch ein paar Jahrzehnte gedulden. In der Zukunft wird es jedoch Stationen auf dem Mond und auf dem Mars geben. Auch die Internationalen Raumstation (ISS) wird weiter eine Rolle spielen. Der Leiter der russischen Weltraumbehörde Roskosmos, Igor Komarow, spricht mit RT über die Aussichten der Raumfahrtbranche.

Putin Rodkosmos
© SputnikIgor Komarow, Generaldirektor von Roskosmos, im Gespräch mit Präsident Wladimir Putin im Oktober 2015 am Wostochni Kosmodrome.
Der Generaldirektor von „Roskosmos“, Igor Komarow, erzählte RT über ehrgeizige Pläne der russischen Raumfahrtindustrie und versicherte, dass diese durchaus real seien. Man arbeite bereits an deren Verwirklichung:
„In den kommenden 50 Jahren erwarten uns viele Ereignisse. Dazu zählen Mars-Expeditionen und ernsthafte Forschungen auf dem Mond. Ich glaube, Russland wird Orbiter in die Mars- und Mond-Umlaufbahn bringen und eine Basis auf dem Erdtrabanten aufbauen. Wir besprechen bereits unser Mondprogramm mit der NASA und der Europäischen Weltraumorganisation (ESA).“
Komarow zufolge würden private Unternehmen zwar ihr Interesse an das Weltall bekunden, nähmen aber bisher an der Grundlagen-Forschungen nicht teil. Es gehe ums Geld: Weltall-Studien würden exorbitante Investitionen erfordern, ohne dabei garantiert Gewinne abzuwerfen:
„Private Unternehmen werden eine wichtige Rolle bei Produktion und Nutzung von Raumapparaten sowie bei Kommunikation, Fernerkundung der Erde und Beförderung ins All spielen. Es wäre dennoch falsch, von privaten Unternehmen einen Durchbruch in wissenschaftlichen Studien zu erwarten. Solche Projekte erfordern kolossale Ressourcen und dienen der Menschheit im Ganzen. Unsere Generation und die künftige werden wohl mit einem ernsthaften Rückfluss der investierten Mittel kaum rechnen können.“
Unter „Umfliegung“ der Sanktionen

In Kürze wird wohl kaum jemand Russland bei der Produktion von Triebwerken für Raumschiffe überholen können. Die USA haben schon mehrmals angekündigt, keine Motoren bei Russland mehr zu kaufen. Bisher lässt man aber den Worten keine Taten folgen.

Erst am 9. April, hat das Pentagon angekündigt, zusätzlich weitere 18 Triebwerke vom Typ „RDS-180“ unter Umgehung der eigenhändig verhängten Sanktionen anzuschaffen.

„Unsere Triebwerke werden nicht aus karitativen Zwecken gekauft, sondern weil sie die Besten in Bezug auf den Preis und die Qualität sind. In den Vereinigten Staaten gibt es Programme zur Herstellung und Vervollkommnung von Motoren sowie zur Entwicklung neuer Modelle. Das treibt uns an, uns mit dem Erreichten nicht zufriedenzugeben, sondern die Qualität zu verbessern und neue Modelle zu produzieren“, bemerkte Komarow.

Worin liegt die Stärke?

„Momentan sind wir die einzige Weltraumgroßmacht, die Kosmonauten und Astronauten zur Internationalen Raumstation schickt. Diese Situation wird noch ziemlich lange dauern. Die NASA hat allerdings vor, ab 2019 Raumschiffe des Unternehmens ʻSpaceXʼ und ʻOrionʼ von ʻLockheed Martinʼ zur Internationalen Raumstation zu schicken“, teilte der „Roskosmos“-Chef mit.

Trägerraketen und Transportdienstleistungen seien die Stärken der einheimischen Raumfahrtbranche. „Da belegen wir mit großem Abstand den ersten Platz. Wir haben ungefähr 40 Prozent des Transportdienstleistungsmarktes“, gab Komarow bekannt und präzisierte, dass das Projekt der schweren Trägerrakete „Angara-A5W“ seit Ende Februar 2016 einem Forschungsinstitut zur Begutachtung vorliege. Der erste Start der neuen Rakete soll voraussichtlich 2021 vom neunen russischen Weltraumbahnhof „Wostotschny“ erfolgen.

„In kürzester Zeit werden wir am Projekt ʻAngaraʼ intensiv arbeiten, um unsere Versprechen zu erfüllen - und zwar den ersten unbemannten Start Ende 2021 und den ersten bemannten Start Ende 2023. Die Vorbereitungen auf Mondmissionen sollen bis 2025 abgeschlossen werden. Alle Starts werden vom Weltraumbahnhof ʻWostotschnyʼ erfolgen. Wir haben viele Pläne für die Entwicklung dieses Weltraumbahnhofes“, erläuterte Igor Komarow. Der erste Start sei für Ende April geplant, heißt es in „Roskosmos“.

Last-Minute-Reisen auf den Mars

Eine weitere russische Trägerrakete - und zwar die vom Typ „Proton-M“ - hat den Traum der Menschheit vom Mars wirklicher gemacht. Die Rede ist von der Mission „ExoMars“. Die Trägerrakete hat in diesem März vom Weltraumbahnhof „Baikonur“ abgehoben.

„Der Start war erfolgreich. Wir konnten den Raumapparat erfolgreich in die Flugbahn zum Mars bringen. Dabei war das eine der kritischsten Phasen, und sie hat im Verantwortungsbereich von ʻRoskosmosʼ und russischer Betriebe gelegen. Die ʻProton-Mʼ hat den Apparat genau in die berechnete Flugbahn gebracht. Wir sind uns sicher, dass der Raumapparat im Rahmen der gemeinsamen Mission von ʻRoskosmosʼ und ESA gegen den 16. Oktober den Mars erreichen wird“, erklärte Komarow.

Das Projekt „ExoMars“ habe Komarow zufolge den Wissenschaftlern nahegelegt, in welcher Richtung sie aktiver arbeiten müssten. „Die Verkürzung der Flugzeit zum Mars ist eine unserer Aufgaben. Moderne Technologien gewährleisten eben eine halbjährige Mission zum Mars.

Doch das Strahlungsniveau im Weltall ist ziemlich hoch. Unsere Aufgabe ist es, den Flug zu beschleunigen, um das Leistungsvermögen des menschlichen Organismus zu bewahren. Wir müssen den Triebwerkbau auf eine neue Ebene bringen, wenn wir ferne Planeten erschließen wollen“, stellte der Generaldirektor von „Roskosmos“ fest.

Die Zukunft der ISS

Was wird aus der ISS werden? Igor Komarow zufolge werde sie neue Funktionen bekommen.

„Es wird hoffentlich möglich sein, Raumfahrzeuge im Orbit zu bedienen, von der Erde ins Weltall gestartete Module zu reparieren und zusammenzubauen sowie interorbitale Raumschiffe und interorbitale Schlepper für künftige Mond- und Marsreisen zu reparieren. Die ISS wird über Segmente für Raumtouristen verfügen“, sagte der „Roskosmos“-Chef.

Anlässlich des "Tages der Kosmonauten" wünscht Igor Komarow der RT-Leserschaft mit erhobenem Haupt in die Zukunft zu blicken. „Uns stehen neue Heldentaten bevor, welche sie in unserer Geschichte schon gegeben hat, wie zum Beispiel die Heldentat von Juri Gagarin. Wir sind erst am Beginn“, resümierte Igor Komarow.