Wissenschaftler des Darmouth College in New Hampshire staunten nicht schlecht, als sie im vergangenen Sommer einige kleinere Seen im Westen Grönlands hydrologisch untersuchen wollten. Die Böden dieser Seen oberhalb des Kangerlussuaq-Fjordes waren voller runder Kugeln, die wegen ihrer ockernen Farbe auf den ersten Blick wie ein Haufen reifer Kartoffeln aussahen.
Pflaumenernte unter Wasser
© Jessica Trout-HaneyDie Kugeln sind so groß wie Tennisbälle und bestehen aus einer glitschigen, gallertartigen Masse.
In jedem See gab es in Ufernähe Tausende davon. Die Kugeln, die so groß wie Tennisbälle werden konnten, bestanden aus einer glitschigen, gallertartigen Masse. Bei genauerer Untersuchung stellten die Forscher um Jessica Trout-Haney fest, dass diese Kugeln nicht etwa Pflanzen, sondern dichte Kolonien von Cyanobakterien waren. Tatsächlich handelt es sich bei der Entdeckung in Grönland um eine der gegenwärtig dichtesten Ansammlungen dieser Bakterien auf der Welt.

Kolonien gedeihen in vergifteten Gewässern

Auch auf dem Grund vieler Binnenseen in Deutschland konnte man früher Kolonien dieser eigentümlichen Gebilde finden. Angeblich wurden sie schon von Paracelsus in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts beschrieben. Der Naturforscher nannte diese Bakteriengattung „Nostoch“, wobei heute noch unklar ist, worauf sich dieser Namen bezieht und was Paracelsus damit meinte. Die Gattung dieser Cyanobakterien besteht aus einigen Dutzend Arten. Nostoc purniforme, jene Art, welche die gallertigen Bälle erzeugt, lebt in lichtdurchfluteten Bereichen von Binnenseen. Ihre glibbrige Hülle dient zum Schutz, und jede dieser auch als Teichpflaumen bezeichneten Schleimkapseln enthält mehrere Fäden des Bakteriums. In Deutschland sind die Teichpflaumen allerdings inzwischen nahezu ausgestorben. In größeren Mengen sind sie nur noch in einigen Seen in Schleswig-Holstein zu finden.

Bisher galt ihr Vorkommen als Zeichen für besonders saubere Seen und Tümpel und als Indikator für ein funktionierendes limnisches Ökosystem. Die amerikanischen Forscher stellten allerdings in Grönland fest, dass das Wasser aus den Seen mit großem Nostoc-Vorkommen große Mengen an Microcystin enthielt. In einigen Seen war die Konzentration dieses die Leber von Säugetieren angreifenden Giftes so hoch, dass das Wasser ungenießbar war, schreiben die Forscher in der Zeitschrift Eos. In künftigen Messkampagnen wollen die Forscher um Trout-Haney untersuchen, wie die Bakterien überhaupt in den nährstoffarmen Seen Grönlands überleben können und was dort zu der hohen Konzentration an Microcystin führt.