Vom 28. November bis 9. Dezember findet im südafrikanischen Durban die 17. Weltklimakonferenz statt. Der Gipfel soll den Durchbruch in den stockenden Verhandlungen für ein Kyoto-Folgeabkommen bringen. Wir fassen hier die aktuelle Entwicklung und Hintergrundinformationen zusammen.

„Notfalls auch ohne die USA“

29. November - Greenpeace fordert von den Verhandlungssteilnehmern, einen neuen Klimavertrag notfalls auch ohne die USA auszuhandeln. „Die Staatengemeinschaft muss sich in Durban entscheiden, wie lange sie sich noch von Blockiererstaaten wie den USA abhängig machen will“, sagte Martin Kaiser, der als Leiter der Internationalen Klimapolitik von Greenpeace vor Ort ist. Angesichts erschreckender Prognosen zur Erwärmung der Erdatmosphäre könne sich die Welt eine weitere Blockade durch den zweitgrößten CO2-Emittenten nicht mehr länger leisten.

Auch China ist bislang nicht bereit, sich verpflichtenden Emissionsminderungszielen zu unterwerfen. Entsprechend fordert Hermann Ott, Klimaexperte der Grünen, wenn nötig auch China bei einem Abkommen außen vor zu lassen. Denkbar sei eine „Klimapolitik der zwei Geschwindigkeiten“, die es ermögliche, ein Kyoto-Folgeabkommen mit den 150 bereitwilligen Staaten zu verabschieden und die USA und China später dazuzuholen, so Ott. „Das war bisher für sehr, sehr viele undenkbar“, sagte Ott dem Deutschlandfunk, „aber gerade das ist doch erforderlich, denn man gibt den USA ein ungeheures Verhinderungspotenzial, wenn man sie unbedingt mit im Boot haben muss.“

Wie wirksam ein Abkommen ohne die USA und China sein kann, bleibt allerdings zweifelhaft: Zusammen erzeugen China (24 Prozent) und die USA (18 Prozent) derzeit fast die Hälfte der weltweiten Treibhausgasemissionen.

Klimarisiko-Index vorgestellt

29. November - Die Organisation Germanwatch hat heute auf der Konferenz in Durban ihren jährlichen Klimarisiko-Index vorgestellt, der zeigt, welche Länder am stärksten von den Folgen des Klimawandels betroffen sind. Das Ergebnis: Im Jahr 2010 führten Pakistan, Guatemala und Kolumbien die Liste der am stärksten in Mitleidenschaft gezogenen Regionen an. In Pakistan ist dafür vor allem die verheerende Flutkatastrophe im Juli und August verantwortlich, die mehr als 1500 Todesopfer forderte. In Guatemala haben Hurrikans Schäden in Milliardenhöhe verursacht. Russland liegt in der Wertung auf Platz vier, vor allem aufgrund der extremen Hitzewelle, die nach Berechnungen des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung mit einer Wahrscheinlichkeit von 80 Prozent eine Folge des Klimawandels war.

Der Klimarisiko-Index basiert auf Daten des Münchner Rückversicherers MunichRe und des Internationalen Währungsfonds. Germanwatch analysiert die Informationen zu Wetterkatastrophen und gewichtet sie nach Einwohnerzahl und Bruttoinlandsprodukt der Länder, um so die Belastung für einzelne Staaten durch die Folgen des Klimawandels vergleichbar zu machen.

Auch im langjährigen Klimarisiko-Index, der die Jahre von 1991 und 2010 einbezieht, liegen mit Bangladesch, Myanmar, Honduras und Nicaragua vor allem Entwicklungsländer vorne.

Dunkle Wolken über Durban

29. November - Pünktlich zum Beginn der 17. Weltklimakonferenz im südafrikanischen Durban brach in der Nacht zu Montag ein gewaltiges Unwetter über der Stadt am indischen Ozean herein. Nach Medienberichten sind nicht nur ein hoher Sachschaden, sondern auch mehrere Todesopfer zu beklagen. „Das Dach des Konferenzzentrums hat einwandfrei standgehalten“, beruhigte die UN-Chefdiplomatin Christiana Figueres am nächsten Morgen.

Die Laune der Natur kann als Mahnung an die knapp 20.000 Teilnehmer aus 194 Staaten gelesen werden, die bis zum 9. Dezember über die Zukunft des Klimaschutzes beraten. Denn nach den gescheiterten Gipfeln in Kopenhagen 2009 und im mexikanischen Cancún im vergangenen Jahr geht es nun um alles. 2012 läuft das Kyoto-Protokoll aus, das bislang verbindliche CO2-Minderungsziele für Industrienationen vorschrieb. Ist bis dahin kein Nachfolgeabkommen oder zumindest ein verbindlicher Fahrplan verabschiedet, droht der Kampf gegen den Klimawandel endgültig zu scheitern.

Zum Gipfelauftakt warnte Südafrikas Präsident Jacob Zuma, für Afrika sei der Klimawandel „eine Frage von Leben und Tod“. Der Kontinent wird zu den am stärksten von den Folgen des Klimawandels betroffenen Regionen der Welt zählen. Erste Auswirkungen wie häufigere Dürren, Nahrungsmittelknappheit und erhöhte Flüchtlingsströme lassen sich schon heute mit dem Klimawandel in Verbindung bringen. Deshalb müssten die Staaten ihre nationalen Interessen hintanstellen, um eine gemeinsame Lösung zu finden, so Zuma.

Klimaexperten und die meisten Politiker erwarten derzeit allerdings, dass sein Appell ungehört verhallen wird. „In vielen Ländern sinkt die Bereitschaft, verpflichtende Vorgaben für den Klimaschutz zu akzeptieren - gleichzeitig schreitet der Klimawandel voran“, sagte Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) dem Spiegel. Der Klimagipfel werde voraussichtlich kein neues Klimaabkommen bringen, befürchtet auch Klaus Töpfer, ehemaliger Chef des UN-Umweltprogramms und frühere Bundesumweltminister. Und Hans-Joachim Schellnhuber, Direktor der Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung, erklärt: „Nüchtern betrachtet, wird Durban der Versuch sein, die globale Klimagemeinschaft zusammenzuhalten und einen Zusammenbruch der Klimadiplomatie zu vermeiden.“ Demnach könnten sich einige Staaten lediglich dazu verabreden, die Gespräche nicht völlig abzubrechen, ein „Endspiel“ der Klimapolitik könnte dann 2015 stattfinden.

Der Wolkenbruch von Durban war nur ein einzelnes Ereignis, aber er passt ins Bild der globalen Veränderungen, die mit der Klimaerwärmung auf uns zu kommen. Kurz vor der Konferenz veröffentlichte der Weltklimarat IPCC einen Sonderbericht zum Thema Extremwetter: In vielen Regionen der Welt drohen Dürren, Stürme und Überflutungen in den nächsten Jahrzehnten zuzunehmen.