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Das Gericht hat entschieden. Der Inzest-Vater Adolf B. aus Willmersbach hat seine Tochter nicht vergewaltigt. Zumindest könne ihm keine Vergewaltigung an seiner damals mutmaßlich erst zwölf- oder 13-jährigen Tochter nachgewiesen werden. Damit wäre der jahrelange Sex zwischen Vater und Tochter einvernehmlich gewesen. Mit Nötigung und Körperverletzung kommt der Inzest-Vater milde davon.

Der wegen Inzests mit seiner Tochter Renate angeklagte 69-jährige Adolf B. aus Willmersbach ist mit einer relativ milden Gefängnisstrafe davonkommen. Das Landgericht Nürnberg-Fürth verhängte am Montag eine Haftstrafe von zwei Jahren und acht Monaten gegen ihn. Die Staatsanwältin hatte 14 Jahre Haft und anschließende Sicherungsverwahrung gefordert.

Die Strafkammer verurteilte den ehemaligen Gerüstbauer jedoch lediglich wegen Inzests sowie Nötigung und Körperverletzung. Vom Vorwurf der jahrelangen Vergewaltigung der heute 46-jährigen Tochter sprach es ihn frei. „Vergewaltigung können wir nicht nachweisen“, sagte der Vorsitzende Richter Günther Heydner.

Angeklagt waren mehrere hundert, nicht verjährte Fälle seit 1991. Das Gericht ging von zehn noch nicht verjährten Inzest-Fällen seit 2006 aus. Heydner betonte, die Kammer sei durchaus davon ausgegangen, dass Renate B. von ihrem Vater erstmals als Zwölf- oder 13-Jährige zum Sex gezwungen worden sei. „Diese Frau hat allem Anschein nach eine schlimme Kindheit in einem schlimmen Elternhaus gehabt. Sie wurde in jungen Jahren mit Dingen konfrontiert, die alles andere als schön waren“, sagte er. „Aber darum geht es nicht“. Das Gericht habe dem Vater nachweisen müssen, dass er sich auch nach 1991 seine Tochter immer mit Gewalt gefügig gemacht habe. „Das können wir nicht“, sagte Heydner.

„Keine Konstanz in den Aussagen“

Das Gericht stützte seine Zweifel vor allem auf widersprüchliche Aussagen des Opfers zu „wesentlichen Ereignissen“. So schilderte Renate B. Einzelheiten zu ihrem ersten Geschlechtsverkehr mit dem Vater bei Polizei, Ermittlungsrichtern und Gericht jeweils unterschiedlich und zunehmend dramatischer. Widersprüchliche Darstellungen der 46-Jährigen gab es zur Rolle ihrer Mutter, die je nach Aussage bei der ersten Vergewaltigung im elterlichen Schlafzimmer dabei gewesen sein soll oder auch nicht. Und auch den letzten Übergriff des Vaters im März 2011 kurz vor seiner Inhaftierung schilderte Renate B. einmal so, dass der Vater sie dazu gezwungen habe, ein anderes Mal war von Gewaltanwendung durch den Vater keine Rede.

Zeugen aus dem Umfeld der Familie hatten ausgesagt, dass Tochter und Vater in der Öffentlichkeit stets harmonisch wirkten. „Wenn aus welchen Gründen auch immer sich über die Jahre ein Einvernehmen eingeschlichen hat, dürfen wir keine Gewalt annehmen“, betonte der Vorsitzende Richter.

Revision wird geprüft

Opferanwältin Andrea Kühne, die wie die Staatsanwaltschaft 14 Jahre Haft und Sicherungsverwahrung für den 69-Jährigen gefordert hatte, reagierte kritisch auf das Urteil. „Da klaffen Juristerei und Psychologie gewaltig auseinander“ sagte sie. Eine Revision gegen das Urteil werde auf jeden Fall geprüft.

Der Verteidiger Karl Herzog, der maximal fünf Jahre Haft beantragt hatte, erklärte, sein Mandant sei erleichtert über das Urteil. Er selbst halte den Richterspruch für ausgewogen und sehr sorgfältig begründet.

mk/gx/dapd