krater, bombe
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Nach der Explosion von zwei alten Riegelminen ist das brandenburgische Dorf Neuhausen abgeriegelt, den Bewohner droht Lebensgefahr. Ein gepanzerter Spezialbagger soll den Krater untersuchen. Darin wird ein ganzes Munitionsarsenal vermutet.

Besinnlich geht es in diesem Advent in Neuhausen nicht zu. Das kleine Dorf im Spree-Neiße-Kreis ist im Ausnahmezustand. Und das seit einer Woche. Begonnen hatte alles am vergangenen Mittwoch, kurz nach 8 Uhr. Reinhard Buder saß beim Kaffee am Küchentisch. „Da hörte ich einen Knall, die Decke schien zu schwingen, das Geschirr schepperte. Es war so, wie man sich ein Erdbeben vorstellt“, erzählt Buder. Kurz danach klingelte das Handy des Schweißers. Sein 37-jähriger Sohn Thomas war dran. „Papa, es ist was passiert!“ Thomas Buder war beim Hundeausführen soeben Zeuge einer gewaltigen Explosion geworden. Nur wenige Meter von ihm entfernt gab es einen dumpfen Knall, dann „spritzte der Dreck bis zu den Baumspitzen hoch“, schilderte er seinem Vater aufgeregt.

Riesen-Krater neben der Landstraße

Die Explosion hatte einen Riesen-Krater direkt neben der Landstraße gerissen. Ein großes Glück, dass gerade kein Auto vorbeifuhr. Auch die Bewohner der beiden Häuser direkt daneben kamen mit dem Schrecken davon. Zuerst vermutete die Polizei eine defekte Gasleitung. Dann ging man von einem Blindgänger aus dem Zweiten Weltkrieg aus. Experten des Kampfmittelräumdienstes vermuteten, eine Bombe könnte hochgegangen sein. Erst Ende Oktober mussten die meisten Bürger des 368-Einwohner-Dorfes Neuhausen ihre Häuser und Wohnungen verlassen. Auf dem Flugplatz war eine 250-Kilogramm-Bombe aus dem Zweiten Weltkrieg gefunden worden.

Der erste Experte, der nach dem Knall am vergangenen Mittwoch eintraf, war Marco Büchner vom Kampfmittelbeseitigungsdienst in Spree-Neiße. Ein erfahrener Mann. Seit rund 25 Jahren arbeitet der Cottbuser mit der Gefahr. „Mir war sofort klar, das hier ist eine hochgefährliche Angelegenheit“, sagt er. „Zu sehen war eine Art Trichter, mit einem Durchmesser von sechs Metern und bis zu drei Meter tief.“ Büchner forderte sofort Verstärkung an. Die Stelle wurde weiträumig abgeriegelt. Per Metallsonde entdeckten die Kampfmittel-Experten schließlich zwei Riegelminen. Das sind mit Sprengstoff gefüllte Blechkästen. Sie dienten im Krieg zur Brückensperrung. Fuhr ein Fahrzeug darüber, kam es zur Explosion. Mehrere Jahrzehnte lang schlummerten sie im Boden, doch: „Hat der Rost Teilen des vorgespannten Zündsystems zugesetzt, kann dies eine Explosion auslösen“, sagt Truppführer Büchner.

Am Freitag sprengten die Männer dann die zwei im Boden gefundenen Riegelminen. Die zwölf ganz in der Nähe wohnenden Familien wurden zuvor evakuiert. „Panik herrschte nicht“, sagt Karin Dobrow. Die 73-Jährige und ihren Lebensgefährten Hermann John (74) trennen nun 17 Kilometer vom Dorf. Metallzäune mit rot-weißen Flatterbänden versperren den Weg. Ein Schild warnt: „Betreten verboten! Lebensgefahr!“ Wollen sie auf das Amt in Neuhausen, müssen sie den Umweg über Gallinchen und Kiekebusch nehmen. Karin Dobow sagt: „Ich hab' eine ziemliche Unruhe in mir.“ Denn Sonnabend war es zu einer weiteren Explosion an derselben Stelle gekommen. Wieder wurde niemand verletzt. Die Nervosität ist seither aber gestiegen. Hermann John ist Jäger. Der Boden von Neuhausen, so weiß er, ist voll von alter Munition. Im Wald hinter seinem Haus tut sich ein alter Bombenkrater auf. „Der Ort“, so erzählt er, „war im Krieg stark umkämpft worden. Schon damals führte die Autobahn hier vorbei und die Bahnlinie Berlin - Görlitz. Und es gab den Flugplatz. „Als der Krieg vorbei war, wurde sehr viel Munition einfach vergraben“, erinnert er sich.

Anlieger kehren abends zurück

Auch Sprengstoffexperte Büchner vermutet, dass in dem Krater an der Landstraße ein ganzes Arsenal vergraben ist. „Wir müssen von einem verfüllten Bombentrichter ausgehen.“ Am Dienstag ist ein gepanzerter Spezialbagger angerückt. Der Fahrer erhält seine Anweisungen vom Sprengmeister - er navigiert ihn per Monitor aus sicherer Entfernung. Zwölf Familien mussten die Häuser verlassen. Am Abend dürfen sie erst mal wieder zurück. Was Mittwoch ist, weiß keiner. Bürgermeister Dieter Perko (CDU) sagt: „Ich hoffe auf ein friedliches Weihnachten.“