Eine Ärztin an der Meduni Graz soll mit Mitarbeitern eine Hautkrebs-Studie gefälscht haben. Angeblich für einen "guten Zweck". Meduni-Rektor Josef Smolle greift hart durch.
med. Uni Graz
© HoffmannDie medizinische Universität Graz

An der Medizinischen Universität Graz herrscht Fassungslosigkeit. Eine Studie, die an Hautkrebspatienten durchgeführt wurde, um Wirkung und Nebenwirkungen eines neuen Medikaments zu testen, soll manipuliert worden sein. Zwei junge Mitarbeiterinnen sollen von einer Ärztin angehalten worden sein, an der Fälschung mitzuwirken. Josef Smolle, Rektor der Meduni Graz, ist entsetzt: "Selbst wenn es Überlegungen gegeben hat zu helfen, kann das nicht akzeptiert werden."

Ehemann wusste nichts

Der Fall stellt auch die Struktur an der betroffenen Abteilung an der Hautklinik am Uniklinikum infrage. Die Ehefrau des Abteilungsleiters arbeitet in der gleichen Abteilung und soll die Fälschung initiiert haben - ihr Gatte soll von der Vorgehensweise seiner Frau nichts gewusst haben.

Der Fall wurde bekannt, weil sich eine der Mitarbeiterinnen, die involviert waren, aus Angst um ihre berufliche Zukunft an die Ärztekammer wandte. Ob von der beschuldigten Ärztin Druck ausgeübt wurde? Ob sie die Stellung ihres Mannes dabei nutzte? Ob Mitarbeiter "unwillig freiwillig" mitmachten? Diese Fragen müssen von einer Untersuchungskommission geklärt werden. Der Abteilungsleiter gibt eine Verfehlung seiner Frau aus "menschlichen Gründen" zu.

Er erklärt, dass dieses Medikament so gut wirkte, dass man sich nach Absprache mit den Patientinnen entschlossen habe, weiterzumachen. Der Ärztin wird trotzdem vorgeworfen, dass sie mit ihrer Vorgehensweise nicht nur die Studie gefälscht habe, sondern auch ein Risiko für die Patientinnen eingegangen sei.

Herzprobleme

Bei der Studie wurde zwar ein Hautkrebspräparat eingesetzt, das erstmals gegen eine spezielle Form der Krankheit helfen könnte. Aber das Mittel soll nicht bei Herzproblemen eingesetzt werden. Das Medikament ist in den USA zugelassen, in Europa wird das demnächst erwartet. An der Meduni wurde eine spezielle "Early-Access"-Studie durchgeführt. Dabei erhalten schwer an Krebs erkrankte Menschen vorab das Präparat. Im Laufe der Studie wurden dann bei beiden Patientinnen Herzwerte festgestellt, die laut Studienvorgaben einen sofortigen Abbruch der Behandlung erfordert hätten. Im Extremfall hätte es zu einem Herzstillstand kommen können.

Um die Patientinnen in der Studie zu behalten, wurden zwei (gefälschte) Elektrokardiographien (EKG) benötigt. Dieses EKG wurde angeblich an Mitarbeiterinnen durchgeführt. Deren (gesunde) Werte sollen von der Beschuldigten ins Studienprotokoll übertragen worden sein - was strengstens verboten ist.

Unklar bleibt, warum die Ärztin die Patienten nicht aus der Studie genommen hat. Es hätte - wie Ärzte bestätigen - auch außerhalb der Studie eine Möglichkeit gegeben, die beiden Patientinnen mit dem speziellen Medikament zu versorgen. Auch finanziell brachte das Handeln keine ersichtlichen Vorteile.

Der Abteilungsleiter und Ehemann verneint, dass es weitere Fälle gegeben habe. Die Ärztin und Ehefrau bleibt suspendiert. Für die Beschuldigte gilt die Unschuldsvermutung.

Eine der Patientinnen, deren Protokoll gefälscht worden war, ist in der Zwischenzeit gestorben. Laut Smolle an Hautkrebs, nicht an den Folgen der Studie.