Nase, Hals, Kopf, Glieder, Magen, Darm - es gibt kaum eine Körperregion, die nicht wehtut. In München grassiert derzeit ein mysteriöses, richtig fieses Virus.
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Etliche Ärzte berichten, dass ihre Wartezimmer überquellen. Von doppelt bis drei Mal so vielen Patienten wie gewöhnlich zu dieser Jahreszeit ist die Rede. „Bei einigen Patienten ist die Erkrankung auch besonders langwierig“, sagt der Infektiologe Nikolaus Frühwein. Seit Ende letzter Woche kommen die Patienten mit dem diffusen Ganzkörper-Virus in die Praxen. „Sie haben Erkältungssymptome, aber meist auch leichte Magen-Darm-Beschwerden wie Übelkeit“, sagt Grippe-Experte Georg Vogel. „Die Tests weisen aber weder auf eine bakterielle Infektion noch auf Influenza- oder Noro-Virus hin. Die genaue Klassifizierung ist erst einmal nicht möglich.“ Auch sein Kollege Karlheinz Zeilberger, sagt über den Erreger: „Wir können ihn nicht richtig fassen.“

Ein betroffener Patient (37) berichtet der tz: „Die Symptome kamen von einem Tag auf den anderen. Ich fühle mich unheimlich schlapp,obwohl ich kein Fieber habe. Und das bei diesem schönen Frühlingswetter!“ Gerade die Wärme aber verstärkt das Risiko, wie Nikolaus Frühwein erklärt: „Bei der gleichbleibenden Kältewelle vor einigen Wochen hatte ich wenig Infektions-Fälle. Jetzt aber, wo sich der Körper noch nicht so richtig an die Wärme gewöhnt hat, ist er erfahrungsgemäß besonders anfällig.“ Ein zusätzlicher Risikofaktor sei der Temperaturwechsel. „Viele Münchner gehen zu dünn gekleidet aus dem Haus und verkühlen sich abends oder morgens. Dann wird die Durchblutung geringer und die Schleimhaut durchlässiger.“

Grund zur Panik bestehe nicht, sagen die Ärzte. Das Virus selbst halte sich zwar länger als gewöhnlich (etwa eine Woche), sei aber nicht gefährlich. „Nur, wer sich nicht schont, riskiert wie bei anderen Infektionen auch Herzprobleme oder eine bakterielle Superinfektion, die noch länger dauert“, sagt Frühwein (siehe unten). Die „echte Grippe“, die Influenza, kommt in Bayern heuer übrigens nur ganz langsam in Fahrt: Während es laut Landesamt für Gesundheit Mitte März 2011 schon 7620 Fälle gab, sind es heuer bislang nur 1732 Fälle.

Bakterielle Superinfektion

Kaum klingt das Virus ab, kommt ein böser Rückfall! Das kann ein Zeichen für die sogenannte bakterielle Superinfektion sein. „Das ist der Fall, wenn auf die virale Infektion noch eine bakterielle obendrauf kommt“, erklärt Experte Nikolaus Frühwein. Bakterien lieben schwache Immunsysteme. „Da bei Virus-Patienten beispielsweise die Schleimhaut geschwächt ist“, so Frühwein, „setzen sie sich hier gerne an.“ Die Superinfektion verlängert die Erkrankung nicht nur bis zu vier Wochen, sie kann sie auch verschlimmern, zum Beispiel mit starkem Fieberanstieg. „Ein weiteres Zeichen kann sein, wenn der Auswurf oder der Nasenschleim gelblich-grün sind“, sagt der Arzt Karlheinz Zeilberger. Experten wie er behandeln die Superinfektion dann mit Antibiotika. Mit einer Superinfektion ist nicht zu spaßen: Besonders bei Risikogruppen wie Kleinkindern oder Senioren kann diese im schlimmsten Fall zu einer Lungenentzündung führen. Mediziner empfehlen deshalb, sich bei einer Virus-Infektion zu schonen und den Kontakt mit Menschenmassen zu meiden oder zumindest besonders häufig die Hände zu waschen.