Bild
Oldenburg/ Deutschland - Gemeinsam mit griechischen Kollegen ist es Physikern der Arbeitsgruppe Feldtheorie an der Universität Oldenburg gelungen zu zeigen, dass sogenannte Wurmlöcher, wie sie schon lange vornehmlich im Bereich der "Science Fiction" als Abkürzungen durch den interstellaren Raum beliebt sind, existieren können, auch ohne, dass - wie bislang - für ihre Stabilität exotische Materie herangezogen werden muss. Zumindest theoretisch könnten solche unmittelbaren Schnellstrecken durch das Universum also existieren und auch in der Praxis nachgewiesen werden.

Wie die Wissenschaftler um Professorin Jutta Kunz und den Privatdozenten Dr. Burkhard Kleihaus in Zusammenarbeit mit Professorin Panagiota Kanti von der griechischen Universität Ioannina in den Fachzeitschriften Physical Review Letters und The Physical Review D erläutern, könnten durch die von der Stringtheorie motivierten Gravitationstheorien Wurmlöcher existieren, die ganz erstaunliche Eigenschaften haben.

"Zwar ist die Existenz von Wurmlöchern auch laut der Einsteinschen Gravitationstheorie möglich, doch werden sie in dieser Theorie als rein hypothetisch angesehen, da sie als instabil gelten und nur in Anwesenheit von "exotischer" Materie - einer hypothetischen Materieform - existieren können", erläutern die Forscher in einer Pressemitteilung (physik.uni-oldenburg.de). Werde die Einsteinsche Gravitationstheorie aber durch Korrekturen der Stringtheorie modifiziert, so könnten auch Wurmlöcher mit wesentlich anderen Eigenschaften existieren.

Die anhand der Arbeiten der Forscher neu beschriebenen Wurmlöcher würden demnach keine "exotische" Materie benötigen, um existieren zu können, und scheinen darüber hinaus in einem bestimmten Parameterbereich sogar stabil zu sein. Zudem können diese Wurmlöcher im Prinzip beliebig groß sein - jedoch nicht beliebig klein.

Die Arbeitsgruppe Feldtheorie erforscht schon seit Jahren die Einsteinsche Allgemeine Relativitätstheorie und deren Lösungen. Die Forschungen gehen aber auch über die Einsteinsche Theorie hinaus, denn neuere Theorien wie z.B. die Stringtheorie lassen auf eine Vereinheitlichung von Quantentheorie und Gravitation hoffen. Und obwohl die untersuchte Einstein-Gauss-Bonnet-Dilaton-Theorie nur als "Toy-model" angesehen wird, modelliert sie doch wichtige Eigenschaften einer "realistischen" Gravitationstheorie mit Stringkorrekturen.

Zukünftige Forschungen der Arbeitsgruppe sollen die Existenz der Wurmlöcher, auch über die Einsteinsche Allgemeine Relativitätstheorie hinaus, näher untersuchen und auch deren mögliche astrophysikalische Konsequenzen analysieren.

Wie Kleihaus gegenüber "grenzwissenschaft-aktuell.de" erläuterte, ist hierzu auch eine Zusammenarbeit mit Astrophysikern geplant. "Eine mögliche Fragestellung wäre, ob Wurmlöcher den sogenannten Mikrolinseneffekt (Anm. d. Red.: also eine sichtbare Lichtablenkung durch massereiche Schwerkraftobjekte wie Riesensterne, dunkle Galaxien und Schwarze Löcher) hervorrufen können. Hier könnte man dann vielleicht beobachtbare Signale voraussagen, die Wurmlöcher von anderen astrophysikalischen Objekten unterscheiden wodurch die Wurmlöcher als solche entdeckt werden könnten."

Die Konsequenzen einer solchen Entdeckung wären kaum abzuschätzen, zumal die Forscher in ihrer Arbeit auch zeigen, dass solche Wurmlöcher nicht nur stabil sondern auch groß genug sein könnten, damit sie tatsächlich eines Tages als interstellare und intergalaktische "Kurzstrecken-Portale" genutzt werden könnten. Der Nachweis entsprechender Abkürzungen durch den Raum hätte aber möglicherweise auch Konsequenzen sozusagen in die entgegengesetzte Richtung - wäre doch schließlich davon auszugehen, dass weiter entwickelte Zivilisationen als die unsere, diese Entdeckung auch schon gemacht haben und die Möglichkeiten dieser Phänomene bereits technologisch und gezielt nutzen könnten.

Während Photonen (Lichtteilchen) und subatomare Partikel ungehindert derartige Wurmlöcher passieren könnten, wäre eine Reise für größere Objekte schon schwieriger, wenn auch nicht unmöglich. "Die Gravitationsunterschiede dürften während der gesamten Reise nicht zu groß sein, damit ein Objekt unbeschadet vom einen zum anderen Ende des Wurmlochs gelangen kann", so Kleihaus gegenüber dem "New Scientist" (newscientist.com). "Alleine um einen menschlichen Körper auf diese Weise unbeschadet zu transportieren, dürfte sich schon der Eingang zum Wurmloch nur sehr sanft krümmen und benötigte damit einen Durchmesser von mehreren hundert Lichtjahren." Zum Vergleich: Der Durchmesser unserer Heimatgalaxie, der Milchstraße, beträgt schätzungsweise rund 100.000 Lichtjahre.

Trotz derartiger Ausdehnungen könnten entsprechende Wurmlöcher dennoch sehr schwer zu finden sein, wenn sie etwa von Staub- und Gaswolken oder Sternen verdeckt werden und Schwarzen Löchern sehr ähnlich sehen. Laut den Wissenschaftlern könnte es sogar möglich sein, dass das vermeintliche Schwarze Loch im Zentrum der Milchstraße mit der Bezeichnung "Sagittarius A*", selbst in Wirklichkeit der Eingang eines Wurmlochs ist. Auch hier, so Kleihaus, könnte das exakte Studium des Verhaltens von Materie, die in dieses Objekt hineinfällt, dabei helfen, die Unterschiede herauszuarbeiten.

Bislang existiert zwar noch nicht die notwendige Beobachtungstechnologie, um genügend hochauflösende direkte Aufnahmen des Kerns eines Schwarzen Lochs zu erstellen, doch schon jetzt sind Teleskope in Planung, die dies am Beispiel von Sagittarius A* erreichen könnten. "Wenn es sich bei Sagittarius A* um ein Schwarzes Loch handelt, so wäre zu erwarten, dass etwa die Röntgenstrahlung regelrecht abgeschnitten wird, sobald diese den Ereignishorizont (also jene Schwelle also in Richtung des Schwarzen Lochs, an dem alles, was sie überschreitet unweigerlich in dieses hineingezogen wird) überquert. Handelt es sich jedoch um den Eingang zu einem Wurmloch, dann würden wir diese Strahlung weiterhin beobachten können, da Wurmlöcher keinen Ereignishorizont besitzen."

Quellen: grenzwissenschaft-aktuell.de / physik.uni-oldenburg.de / newscientist.com