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© AP Photo/Matt Dunham
Peinliches Eingeständnis in letzter Minute: Die private Sicherheitsfirma G4S hat nicht genug Einsatzkräfte, um das Londoner Olympiagelände zu bewachen. Nun müssen britische Marines ihren Urlaub abbrechen und als Taschenkontrolleure einspringen - die Soldaten finden das "erniedrigend".

G4S ist ein Gigant der globalen Sicherheitsbranche. Auf ihrer Website preist sich die Firma als "weltweit führender Anbieter von integrierten Sicherheitslösungen". Man spiele "eine wichtige Rolle" in der Gesellschaft, heißt es dort, weil man Regierungen beim Schutz ihrer Bürger helfe.

Mit den Olympischen Spielen in London ist G4S jedoch überfordert. Die Firma musste diese Woche einräumen, dass sie die vertraglich vereinbarten 10.000 Mann zur Sicherung des Olympiaparks nicht rechtzeitig zur Verfügung stellen kann. Man habe "einige Probleme mit der Bereitstellung von Arbeitskräften", sagte eine Sprecherin. Einstellungsverfahren und Training seien komplexer als erwartet.

Das Eingeständnis kommt zwei Wochen vor Beginn der Spiele reichlich spät. Nun wird wieder die Frage diskutiert, ob das Outsourcing der Sicherheit an eine Privatfirma eine gute Idee war. Denn einspringen muss am Ende doch wieder der Staat. Nachdem bereits vergangenes Jahr 13.500 Soldaten zum Olympia-Dienst abkommandiert wurden, soll das Kontingent nun auf 17.000 Mann erhöht werden, um die Lücken bei G4S auszugleichen. Insgesamt werden 23.500 Sicherheitskräfte bei den Spielen vom 27. Juli bis 12. August im Einsatz sein. Nicht eingerechnet ist in diese Zahl die Londoner Polizei, die ebenfalls Sonderschichten schiebt.

Die Aussicht auf den Dienst an der Heimatfront sorgt für Unmut beim Militär. Nicht nur wird Tausenden Soldaten der Urlaub gestrichen. Es sei auch erniedrigend, wenn kriegserfahrene Marines gewöhnliche Sicherheitskontrollen durchführen müssten, sagte ein Offizier dem Daily Telegraph. "Und nur, weil die Olympia-Veranstalter es nicht auf die Reihe kriegen." Bereits jetzt stehen gestandene Afghanistan-Veteranen in Camouflage an den Eingängen des Olympiaparks, kontrollieren Taschen und tasten Besucher ab.

G4S droht eine Strafzahlung für Vertragsbruch

Die Opposition im britischen Unterhaus forderte Aufklärung über die Probleme bei G4S. Es sei besorgniserregend, dass die Regierung die Sicherheitsplanung bis zum letzten Augenblick immer wieder revidiere, sagte der Labour-Abgeordnete Keith Vaz, Vorsitzender des Innenausschusses. Innenministerin Theresa May wird am Donnerstag im Unterhaus Rede und Antwort stehen. Verteidigungsminister Philip Hammond erscheint vor dem Verteidigungsausschuss.

G4S droht eine Strafzahlung für Vertragsbruch. Laut Vertrag sollte die Firma 300 Millionen Pfund erhalten. Die Zahlung werde nun wohl niedriger ausfallen, sagte der zuständige Staatssekretär James Brokenshire der BBC.

Es ist nicht das erste Mal, dass das Sicherheitskonzept der Spiele in die Schlagzeilen gerät. Vergangenes Jahr hatten die Veranstalter die ursprüngliche Planung umgeworfen und die Zahl der Sicherheitskräfte von 10.000 auf 23.500 Mann erhöht. Bereits damals wurde die Armee zur Hilfe gerufen, denn G4S sah sich außerstande, so viele private Sicherheitskräfte in der kurzen Zeit zu trainieren.

Die massive Militärpräsenz wiederum trägt den Veranstaltern den Vorwurf ein, die Spiele zu militarisieren. Britische Medien verweisen gern darauf, dass mehr britische Soldaten bei Olympia im Einsatz seien als in Afghanistan. Die Guardian-Kolumnistin Marina Hyde zeigte sich kürzlich nach einem Besuch des Olympiaparks entsetzt über die "irrwitzige Menge an Uniformierten". Nicht einmal China habe bei den Spielen 2008 die Armee vor dem Olympiastadion aufgestellt.

Die Stationierung von Raketenwerfern auf Wohnhäusern gibt den Kritikern zusätzliche Munition. Mit den Flugabwehrbatterien sollen mögliche terroristische Angriffe aus der Luft unterbunden werden. Doch aus Sicht vieler Bewohner sendet diese Machtdemonstration die falsche Botschaft an die Besucher des Sportfests.