In der neuen Verfassung Tunesiens soll stehen, dass sich Frauen und Männer ergänzen. Dies bringt viele auf. Die Formulierung untergrabe die Gleichheit der Geschlechter.
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© Fethi Belaid/AFP/GettyImagesTunesische Frauen demonstrieren für ihre Rechte in Tunis.
Tausende Menschen haben in der tunesischen Hauptstadt Tunis für die Rechte der Frauen demonstriert. Sie warfen der regierenden Ennahda-Partei vor, die Rechte der Frauen zu missachten. Etwa 6.000 Menschen, überwiegend Frauen, schlossen sich dem Protestmarsch an.

Die Demonstranten lehnten eine Formulierung im Verfassungsentwurf ab, in der es heißt, Frauen und Männer ergänzten einander. Stattdessen müsse das Gesetz von 1956 in Kraft bleiben, nach dem Frauen und Männer vollständig gleichberechtigt sind. Die neue Verfassung des Landes sollte ursprünglich im Oktober dieses Jahres verabschiedet werden. Als "realistisches Datum" wurde nun aber Ende April 2013 genannt.

Die Demonstrationszüge zogen auf zwei Routen durch Tunis, wobei nur eine der Demonstrationen vom Innenministerium genehmigt war. Einige riefen auch Slogans gegen die Regierung und forderten eine "zweite Revolution".

Die größten Proteste seit Monaten

Die gemäßigt islamistische Ennahda, die seit Oktober die Regierung führt, steht von zwei Seiten unter Druck: Die kompromisslosen Salafisten verlangen die Einführung des strengen islamischen Rechts. Säkulare Oppositionsgruppen wehren sich dagegen. Die Ennahda-Partei hatte zugesichert, das islamische Recht nicht einzuführen und die Rechte der Frauen zu respektieren.

Die Demonstrantinnen forderten, die Regierung solle sich besser um Probleme wie Arbeitslosigkeit und Entwicklung in den Regionen kümmern. Auch in anderen Städten des Landes fanden Demonstrationen statt. Es waren die größten Proteste seit mehreren Monaten.

Tunesien ist eines der liberalsten Länder in der arabischen Welt. Der Sturz des lange herrschenden Präsidenten Sein al-Abidin Ben Ali Anfang vergangenen Jahres löste den Arabischen Frühling aus, in dem es auch in Ägypten und Libyen zum Umsturz und in zahlreichen anderen arabischen Ländern zu Protesten kam.

AFP/Reuters