Die wirtschaftlichen Aussichten Großbritanniens trüben sich immer weiter ein, und es bleibt wenig Hoffnung auf einen baldigen Wirtschaftsaufschwung, da das Land derzeit mit einer so genannten Double-Dip-Rezession (also einem Konjunkturrückgang, an den sich ein kurzlebiger Aufschwung anschließt, dem dann eine weitere Rezession folgt) zu kämpfen hat. Zwar kommen die führenden Politiker der EU zu einem Krisentreffen nach dem anderen zusammen, um eine Lösung der Euro-Krise zu finden, sind bisher aber damit gescheitert.
Großbritannien
Die schrumpfende britische Wirtschaft lässt die Ladenbesitzer und normalen Arbeitnehmer mit zunehmender Sorge in die Zukunft ihres Landes blicken. Nach Angaben des britischen Statistischen Amtes (ONS) sinkt die britische Wirtschaftsleistung seit drei Vierteljahren in Folge - und dies zum zweiten Mal innerhalb von vier Jahren. Damit droht erstmalig seit den 1970er Jahren wieder eine Double-Dip-Rezession.

Neben Italien ist Großbritannien damit das zweite Land innerhalb der G-20-Gruppe, das sich einer solchen Folge von Rezession, kurzfristigem Aufschwung und anschließender erneuter Rezession gegenübersieht. Und die Folgen sind im ganzen Land spürbar.

David Meers besitzt und führt seit 17 Jahren ein Teppichgeschäft in London. Jetzt ließ ihm die wirtschaftliche Schieflage seines Landes keine andere Wahl, als die Hälfte seiner Mitarbeiter zu entlassen. »Ich hasse es wirklich, jemandem zu kündigen. Und ich glaube, kein anständiger Mensch will jemandem seinen Arbeitsplatz nehmen. Aber ohne diesen Personalabbau hätten letztlich alle ihren Arbeitsplatz verloren, deshalb musste ich diesen bitteren Schritt unternehmen«, erklärte er gegenüber Russia Today.

Aber selbst diejenigen, die noch so viel Glück haben, einen Arbeitsplatz zu besitzen, befinden sich in einer ähnlichen Situation wie vor 30 Jahren. »Die Leute arbeiten tatsächlich um einiges härter für den gleichen Lohn, den wir in den 1980er Jahren verdienten. Und wie wir alle wissen, sind die Preise in der Zwischenzeit deutlich gestiegen, das gleiche gilt für Steuern und Abgaben und vieles mehr. Wäre es nicht um das Überleben der [verbleibenden] Belegschaft gegangen, wären wir in große Schwierigkeiten geraten«, fuhr Meers fort.

Es entwickelt sich eine soziale Situation, in der nur der Stärkste überlebt - und viele, die es schaffen, zu überleben, kommen auch nur so eben über die Runden.

Die wirtschaftlichen Aussichten sind alles andere als optimistisch. Im Juli erklärten die Ökonomen noch, sie rechneten mit einer langen und kräftigen Aufschwungsphase. Nach Angaben der britischen Tageszeitung The Telegraph kommentierte der Volkswirt der Commerzbank Peter Dixon die Zahlen der ONS mit den Worten: »Schreckliche Zahlen. Man kann aber auch wirklich nichts Gutes aus ihnen herauslesen ... Die Wirtschaft scheint gegenwärtig tief unter die Wasseroberfläche abgetaucht zu sein. Die wirtschaftlichen Aktivitäten laufen derzeit weitaus schlechter als wir erwartet haben.«

Und wenn die Ladenbesitzer weniger verkaufen und die Arbeitnehmer um ihren Arbeitsplatz fürchten müssen, steigt die allgemeine Unzufriedenheit in der Bevölkerung. »So ist das Leben heute - die Menschen sind verärgert. Wir haben schon Leute in den Straßen randalieren sehen, weil sie so frustriert sind«, berichtete Meers.

Aber nicht nur in Großbritannien fürchtet man gesellschaftlichen und finanziellen Abstieg und daraus resultierende soziale Unruhen. Auch andere EU-Mitglieder müssen darum kämpfen, den Kopf über Wasser zu behalten.

Gipfeltreffen-Karussell

Führende Vertreter der fünf größten europäischen Volkswirtschaften treffen in immer kürzeren Abständen zusammen, um ihre Bemühungen um eine Lösung der Krise der angeschlagenen Einheitswährung und der ausufernden Schuldenkrise zu verstärken. Aber bislang scheint die Suche nach einer raschen Lösung erfolglos zu verlaufen.

»Sie konferieren seit Jahren, aber sie weigern sich, die grundlegenden Probleme wie die [wirtschaftlichen und finanziellen] Ungleichgewichte in Europa, die viel zu hohe Verschuldung und das sinkende Wirtschaftswachstum anzugehen. Diese Probleme werden oft einfach nicht auf die Tagesordnung gesetzt«, erklärte der Finanzberater und Vermögensverwalter Marco Pietropoli gegenüber Russia Today.

Und während die Länder noch nach einem »Allheilmittel« für die Euro-Krise suchen, glauben viele nicht mehr an einen Verbleib der Griechen in der Euro-Zone. »Man hätte es Griechenland ermöglichen sollen, die Euro-Zone zu verlassen. Ihre Schulden wären damit erheblich gesunken, und derzeit ... wird es für die griechische Regierung sehr schwierig werden, angesichts der bereits sehr hohen Arbeitslosigkeit zwei weitere Jahre einer drastischen Sparpolitik durchzusetzen ... die Auferlegung weiterer Sparmaßnahmen könnte die soziale Unzufriedenheit und Unruhe verstärken«, sagte Pietropoli weiter.

Für Griechenland ist die Gefahr sozialer Unruhen sehr real, denn das Land wird seit Einführung der ersten Sparmaßnahmen 2010 immer wieder von Protesten heimgesucht.

Quelle: Russia Today