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Schulessen gilt nach wie vor als Auslöser der Krankheitswelle
Die Suche nach dem Auslöser für die massenhaften Magen-Darm-Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen ist noch immer ohne Erfolg. Auch das Robert-Koch-Institut in Berlin konnte am Montag nicht erklären, was die Erkrankungen ausgelöst hat. In Verdacht steht das Kantinenessen des Caterers Sodexo. Zwei Berliner Küchen von Sodexo blieben zu Wochenbeginn geschlossen.

Nach Angaben des Robert-Koch-Instituts handelt es sich um die größte von Lebensmitteln ausgelöste Krankheitswelle dieser Art in Deutschland. Es seien nach aktuellem Stand über 9400 Menschen in Ostdeutschland betroffen - größtenteils Kinder und Jugendliche, aber auch einige Lehrer. Am Wochenende seien weitere Fälle gemeldet worden. Beim größten Teil habe es sich aber um Nachmeldungen von bereits ausgebrochenen Erkrankungen gehandelt. Das Krankheitsgeschehen hat sich nach Angaben des Instituts beruhigt.

Nach den aktuellen Zahlen gibt es in Brandenburg 2896 Fälle, in Berlin sind 2655 Personen erkrankt, in Sachsen 2880, in Thüringen 913 und in Sachsen-Anhalt 50. Der Auslöser ist weiterhin unklar. Ein Sprecher des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit sagte, es gebe noch keine Laborergebnisse, die auf die Ursache schließen lassen.

Experten aus Bund und Ländern gehen davon aus, dass die Krankheit durch Schul- und Kita-Essen hervorgerufen wurde, das von dem Caterer Sodexo geliefert wurde. Ob Viren oder Gift bildende Bakterien der Auslöser waren, ist aber noch offen.

Berliner Schulen verzichten vorerst auf Sodexo-Essen

Nach den massenhaften Magen-Darm-Infektionen bei Kindern sollen nach dem Willen des Senats vorerst keine Berliner Kindergärten und Schulen mit Essen der Catering-Firma Sodexo beliefert werden. Über mögliche Lieferungen in den kommenden Tagen wollte die Senatsverwaltung für Bildung am Montag mit der hessischen Firma verhandeln, erklärte eine Mitarbeiterin. Die Erzieher hätten die Genehmigung, selbst Essen für zwei Euro pro Kind einzukaufen. In Berlin sind zwar derzeit Herbstferien, aber viele Schulen bieten eine Hortbetreuung an. Die Verwaltung empfahl Eltern weiterhin, Kindern Essen mitzugeben.

Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) sagte am Monatg in der rbb-Abendschau, man werde jenen Einrichtungen, die noch bis Ende der Woche nicht vom Caterer Sodexo beliefert werden, finanziell unter die Arme greifen. Die Kitas würden täglich mit zwei Euro pro Kind unterstützt, so Scheeres. Dieses Geld könne unbürokratisch bei den Schulämtern der jeweiligen Bezirke abgeholt werden.

In Berlin blieben auf Wunsch des Senats am Montag zwei Küchen des Caterers Sodexo geschlossen, wie Unternehmenssprecher Dürholt sagte. Während es von Sodexo noch am Freitag hieß, das Unternehmen sehe sich nicht für die Erkrankungswelle verantwortlich, sagte Dürholt nun, es habe sich mittlerweile herausgestellt, dass tatsächlich nur Kinder betroffen sind, die von Sodexho beliefert worden seien. Dementsprechend intensiv seien auch die internen Untersuchungen."

Das Unternehmen geht davon aus, dass eine mögliche Verunreinigung nicht während des Produktionsprozesses in die Nahrung gelangt ist, sondern durch ein zugeliefertes Produkt. Wie Sodexo am Montagabend mitteilte, haben vier der sechs vorsorglich geschlossenen Küchen in Brandenburg, Sachsen, Thüringen und Berlin nach Freigabe durch die Behörden wieder den Betrieb aufgenommen.

Kontrollen und Untersuchungen in Brandenburg

Eine Sprecherin des Brandenburger Gesundheitsministeriums sagte am Montag, es werde "mit Hochdruck" nach dem Auslöser gesucht. Alle Einrichtungen in Brandenburg, bei denen Erkrankungen aufgetreten sind, seien von Sodexo beliefert wurden. Es sei aber auch so, dass nicht alle von Sodexo belieferten Betriebe von der Krankheitswelle betroffen sind - und das, obwohl es für alle nur eine Produktionsstätte gebe.

Brandenburg verzichtet nach Angaben der Sprecherin aber vorerst nicht auf eine Verpflegung der Kitas und Schulen durch Sodexo. Dafür gebe es keine juristische Grundlage. Allerdings seien Lebensmittel sichergestellt worden, die die Krankheiten ausgelöst haben könnten. Diese würden nun in Labors untersucht. In den möglicherweise als Verursacher in Betracht kommenden Betrieben seien Kontrollen durchgeführt und dem Landeslabor Berlin-Brandenburg Proben zur Untersuchung zugeleitet worden.

Berliner Senat: Landeslabor forscht

Im Berliner Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Verbraucherschutz hat am Samstag zudem eine Expertengruppe von Bund und Ländern über mögliche Ursachen der Krankheitswelle getagt. Wie es hieß, werden Speisepläne aus Kantinen, Essensproben, Lieferwege und Laborergebnisse ausgewertet.

Die Berliner Gesundheitsstaatssekretärin Emine Demirbüken-Wegner sagte dem rbb am Samstag, im Landeslabor Berlin-Brandenburg würden das ganze Wochenende über Proben ausgewertet, um der Infektionsursache an den Schulen und Kitas auf die Spur zu kommen. Mit Ergebnissen sei aber erst Anfang der Woche zu rechnen.

Die brandenburgische Gesundheits-und Verbraucherministerin Anita Tack (Linke) hatte angesichts der Virus-Epidemie unter Schul- und Kitakindern für regionale Essen-Anbieter geworben. Dem rbb sagte sie am Samstagabend, es gebe genug Anbieter in der Region, die gesundes und aus regionalen Produkten hergestelltes Essen für Schulkantinen und Kitas anbieten könnten. Dies müsste nicht teurer sein als vom Großanbieter. Sie könne allerdings nur Empfehlungen aussprechen. Die Auswahl träfen Schulen und Eltern nach entsprechenden Ausschreibungen, so Tack.

Auch die Brandenburger Grünen forderten eine bessere Schulverpflegung. "Durch den hohen Kostendruck wird auf Massenware gesetzt - dabei bleibt die Qualität auf der Strecke", sagte der Gesundheits-Experte der Grünen-Fraktion, Michael Jungclaus. Kleine und mittlere Unternehmen, die auf regionale Produkte setzten, hätten gegen die Großbetriebe keine Chance.