Wenn es um die Vorgehensweisen im Krieg gegen den »Terrorismus« geht, ist Präsident Barack Obama konsequent der Politik seines Amtsvorgängers George W. Bush gefolgt - von gezielten Tötungen, der Berufung auf Staatsgeheimnisse und in Bezug auf Guantanamo Bay bis hin zu Spionageoperationen im Inland.
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© UnbekanntMichael Hayden: Ehemaliger Direktor der CIA und der National Security Agency
Dies ist zumindest die Ansicht des früheren Direktors der CIA [2006-2008] und der National Security Agency [1999-2005] Michael Hayden. »Aber ich möchte meine These wiederholen: Trotz der anhaltend dramatischen Situation auf der politischen Ebene haben Amerika und die Amerikaner einen breiten Konsens darüber erreicht, welches Handeln sie von ihrer Regierung erwarten und was sie von ihren Regierungen zu akzeptieren bereit sind. Eben dieser praktische Konsens hat, wenn es hart auf hart kommt, eine starke Kontinuität bei diesen so unterschiedlichen Präsidenten - George W. Bush und Barack Obama - gezeigt«, erklärte Hayden am vergangenen Freitag in einer Rede an der Universität von Michigan.

Diese Äußerungen fielen zwei Monate vor den amerikanischen Präsidentschaftswahlen am 6. November 2012, bei denen sich der derzeitige demokratische Amtsinhaber Barack Obama und sein konservativer Herausforderer Mitt Romney gegenüberstehen. Haydens Kommentar bestätigt, was viele derjenigen, die sich mit diesem Problem befasst haben, schon lange erkannt haben: Wenn es um den Krieg gegen den Terrorismus geht, handelt Obama genau so wie Bush.

Hayden, der den Einsatz von Foltertechniken gegenüber Gefangenen durch die CIA und die Ausweitung der unrechtmäßigen Spionageoperationen der NSA gegen amerikanische Bürger mit zu verantworten hat, räumte ein, zu Anfang Obama gegenüber skeptisch gewesen zu sein. Darüber hinaus kritisierte er die Regierung, weil diese 2009 die Rechtsmemoranden der Ära Bush veröffentlicht habe, in denen Folter kurzerhand zu »verschärften Befragungsverfahren« umgemünzt wurde.

Aber, so Hayden in seinem fast 80-minütigen Vortrag weiter, der auch über den Kabelfernsehsender C-Span ausgestrahlt wurde, letztlich habe sich Obama den Auffassungen Bushs immer mehr angenähert. Beide - Bush und Obama - seien überzeugt, das Land befinde sich im Krieg und der Feind sei al-Qaida. Dieser Krieg werde von seiner Natur her weltweit geführt. Und die USA müssten den Krieg zu dem Feind tragen, wo immer sich dieser auch aufhalte, erklärte er.

»Unter diesen beiden Präsidenten tragen der amerikanische Kongress und das amerikanische Gerichtssystem diese vier Positionen mit«, fuhr er fort, um wenig später hinzuzufügen:
»Daher erleben wir alle diese Kontinuitäten bei diesen sehr unterschiedlichen Menschen - Präsident Bush und Präsident Obama. Wir befinden uns im Krieg, und die Praxis gezielter Tötungen wurde fortgesetzt. Und wenn man sich die Statistiken ansieht, so hat die Zahl der gezielten Tötungen unter Obama sogar noch zugenommen
Dies sei auf einen wichtigen Unterschied zwischen den beiden Präsidenten zurückzuführen: Obama habe 2009 Geheimgefängnisse der CIA geschlossen und die Folterung von Gefangenen heruntergefahren. Aber anstatt so genannte »feindliche Kombattanten« gefangen zu nehmen, lasse Obama sie nun töten, meinte Hayden:
»Wir haben die Gefangennahme [und anschließende Verwahrung] politisch so gefährlich und rechtlich so schwierig gemacht, dass wir niemanden irgendwo noch gefangen nehmen. Wir haben uns für eine andere Option entschieden, wir töten sie jetzt. Ich lehne das aus moralischen Gründen nicht ab
Obamas Todesliste schloss sogar amerikanische Staatsbürger mit ein.

Hayden erinnerte an die Wahlversprechen Obamas, das Gefängnis in Guantanamo Bay zu schließen und die Regierungsarbeit transparenter zu gestalten. Obama hat weder Guantanamo geschlossen, noch die Praxis eingestellt, in Gerichtsverfahren, in denen die Politik der Regierung im Krieg gegen den Terror angeklagt war, sich mit den schon oft zitierten »Staatsgeheimnissen« zu verteidigen.

»Trotz eines Wahlkampfs, der mit den wirkungsvollen Versprechen von mehr Transparenz geführt wurde, benutzt Präsident Obama, und hat damit aus meiner Sicht durchaus Recht, die Möglichkeit, sich vor verschiedenen Gerichten wie Präsident Bush auf ›Staatsgeheimnisse‹ zu berufen«, sagte Hayden und merkte an, er begrüße, dass Obama das so genannte »Staatsgeheimnisprivileg« genutzt habe (dabei kann der Staat unter Berufung auf »Staatsgeheimnisse« erreichen, dass bestimmte Beweise ausgeschlossen oder bestimmte Informationen aus Gründen der nationalen Sicherheit nicht offengelegt werden dürfen), denn in einigen der entsprechenden Prozesse gehörte Hayden selbst zu den Angeklagten.

Hayden verwies auch darauf, dass Obama noch als Senator des Bundesstaates Illinois dem zunächst streng geheimen und unbefugten Spionageprogramm, das nach den Terroranschlägen vom 11. September gestartet worden war, zugestimmt hatte. Mit diesem Gesetz wurde den Telefongesellschaften Straffreiheit zugesprochen, sollten sie wegen ihrer Beteiligung am Spionageprogramm angeklagt werden.

Das Gesetz erlaubt es der Regierung, amerikanische Telefongespräche und E-Mails ohne richterlichen Beschluss wegen eines hinreichenden Grundes abzuhören, sofern sich einer der Gesprächsteilnehmer mutmaßlich außerhalb der USA aufhält. Die Gespräche und Mitteilungen können abgefangen werden, »um Informationen ausländischer Nachrichtendienste abzufangen«.

»Der ›FISA Amendments Act of 2008‹ (dieses Ergänzungsgesetz zum ursprünglichenForeign Intelligence Surveillance Act von 1978, das die Auslandsaufklärung und die Spionageabwehr regelte, räumt den Sicherheitsbehörden enorme Vollmachten ein) deckt nicht nur in rechtlicher Hinsicht alle Befehle ab, die Präsident George Bush mir aufgrund seiner Befugnisse als Oberkommandierender nach Artikel II (der amerikanischen Verfassung) erteilte, sondern gestand der National Security Agency noch weitaus größere Befugnisse in dieser Hinsicht zu«, sagte Hayden.

Dieser »FISA Amendments Act« läuft Ende dieses Jahres aus. Die Regierung Obama machte deutlich, dass sie der erneuten Verlängerung des Gesetzes aufgrund seiner Bedeutung für die nachrichtendienstliche Arbeit »oberste Priorität« einräume, auch wenn Obama 2008 noch Wahlkampf mit dem Versprechen geführt hatte, den Datenschutz stärker zu unterstützen.

Hinsichtlich des Wahlausgangs meinte Hayden, zumindest was die Terrorbekämpfung angehe, mache es keinen Unterschied, wer der nächste Präsident sein werde. Unter Bezug auf einen Song der Rockgruppe "The Who" sagte er, mit ihrem Vers »Meet the new boss, same as the old boss« habe die Gruppe durchaus richtig gelegen.

Hayden, der Mitt Romney als Berater im Wahlkampf zur Seite stand, erklärte, Romney würde im Falle seiner Wahl im Wesentlichen den gleichen Weg wie Obama einschlagen: »Wenn wir nach vorne schauen, gehe ich davon aus, dass es zwischen einem Präsidenten Romney und seinem Vorgänger eine ähnliche Kontinuität geben würde, wenn es denn soweit kommen sollte.«