Die Linke sagt, de Maizière habe falsch über Drohnen-Unfälle informiert. Die Zahl der Abstürze sei viel höher als bekannt. Das Ministerium nennt den Vorwurf konstruiert.
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© Maurizio Gambarini/dpaBundeswehrtechniker arbeitet in Masar-I-Scharif (Afghanistan) an einer Aufklärungsdrohe vom Typ Heron 1.
Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) hat offenbar den Bundestag falsch über das Ausmaß von Drohnen-Unfällen bei der Bundeswehr informiert. Das berichtet die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung (FAS) unter Berufung auf die unveröffentlichte Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Fraktion Die Linke.

Die Bundeswehr habe von 871 betriebenen Drohnen 124 durch Flugunfälle verloren, zitiert die FAS aus dem Bericht. Das sind 14 Prozent der eingesetzten Maschinen. Auf Fragen der Linken-Fraktion habe das Ministerium hingegen im März 2011 den Absturz von lediglich zwölf Drohnen gemeldet. Im Februar 2012 seien 17 Abstürze aufgelistet worden. Zu diesem Zeitpunkt habe die Bundeswehr jedoch schon 116 Unfälle verzeichnet.

Generell sind Drohnen anfälliger als bemannte Flugzeuge und stürzen vergleichsweise oft ab. Es gibt - zum Beispiel in der Drone Crash Database - zahlreiche Nachweise über Abstürze auch von US-Drohnen wie Predator oder Reaper. Die Ursachen sind oft die gleichen wie bei Flugzeugen, technische Probleme und Fehler der Piloten. Aber es gibt einige Besonderheiten bei Unmanned Aerial Vehicles (UAV), wie die unbemannten Luftfahrzeuge auf Englisch heißen.

So kann es zu Schwierigkeiten kommen, wenn die Funkverbindung abreißt. Die USA beispielsweise steuern Drohnen in Afghanistan durch Piloten, die in Militärbasen in den USA stationiert sind. Auf solch langen Funkstrecken kann es zu Verzögerungen kommen, die in kritischen Situationen ausreichen, um die Kontrolle zu verlieren. Drohnen werden auch oft härter an den Grenzen ihrer technischen Möglichkeiten geflogen oder gar bewusst geopfert, da keine Piloten an Bord sind.

Abstürze sind außerdem bei kleinen Drohnen häufiger als bei großen. Die Bundeswehr betreibt vor allem kleine und mittlere Drohnen. Große UAV wie die Heron-1 besitzt Deutschland nur drei. Alle drei sind in Afghanistan stationiert, zwei davon wurden bei Unfällen zerstört und mussten ersetzt werden.

40 Luna-Drohnen abgestürzt

Oppositionspolitiker werfen de Maizière vor, das Parlament über die Drohnen-Unfälle bei der Bundeswehr getäuscht zu haben. Der SPD-Verteidigungsexperte Rainer Arnold äußerte "den Verdacht, dass der Minister alle Informationen unterdrückt hat, die seiner Absicht zuwider liefen, zügig Kampfdrohnen zu beschaffen".

"Die Desinformation des Verteidigungsministeriums zum Thema Euro Hawk ist kein Einzelfall, sondern scheint Methode zu haben", kritisierte Paul Schäfer, verteidigungspolitischer Sprecher der Fraktion Die Linke. "Zwischen 2004 und 2011 sind nach neuen Angaben des Verteidigungsministeriums vom Juni 2013 allein über Afghanistan 40 Luna-Drohnen abgestürzt. Am 24. März 2011 hat das Verteidigungsministerium gegenüber dem Parlament für diesen Zeitraum nur vier Abstürze über Afghanistan eingeräumt. Diese Differenz lässt sich nicht mit schlampiger Datenerfassung oder langen Meldewegen begründen."

Angesichts dieser Absturzquote der Luna-Drohnen müsse die Risikobewertung neu vorgenommen werden. Schäfer forderte ein Moratorium für die Entwicklung und Beschaffung von Kampfdrohnen für die Bundeswehr.

Ministerium kritisiert Bericht

Das Verteidigungsministerium wies den Bericht zurück, er sei konstruiert und die Zahlen seien "verkürzt dargestellt" worden. Die Zahl von 124 verlorenen Drohnen schließe auch solche ein, bei denen UAV während einer normalen Landung so beschädigt worden seien, das eine Reparatur nicht mehr wirtschaftlich erschienen sei, sagte ein Sprecher. Wobei der Ausdruck normal dabei Raum für Interpretationen lässt. Erklärte das Ministerium doch, es seien kontrollierte Landungen infolge einer Störung und damit keine "Abstürze im engeren Sinn".

Technisch bedeutet es, dass die Drohnen bei einem Fehler zu einer Art Landung ansetzen. Reißt beispielsweise die Funkverbindung ab, werde ein Fallschirm ausgelöst und das UAV komme, wie das Ministerium es nannte, "kontrolliert zur Landung".

dpa, sc