Heftige Hagelstürme haben in Frankreich ganze Weingüter vernichtet - zuletzt in der Region Bordeaux. Es drohen hohe Verluste bei der Weinernte. Vor allem kleine Winzer stehen vor dem Ruin.

Der Spuk dauerte nur zehn Minuten. Erst verfärbte sich der Himmel, wechselte von Blau zu Gelb, wurde dann pechschwarz. Hagelkörner so groß wie Cricketbälle pfiffen durch die Luft und hinterließen eine Schneise der Verwüstung.

Sie zerstörten Rebstöcke und Trauben, vor allem in der französischen Anbauregion Bordeaux. "Es ist unbeschreiblich", sagt André Lurton, Besitzer des Weinguts Château Bonnet in der Appellation Entre-deux-Mers. "Von 300 Hektar sind 280 völlig zerstört."

Seit Juni haben gleich mehrere heftige Hagelstürme große Schäden in französischen Weinbaugebieten verursacht. Erst traf es das Loire-Tal, dann das Burgund und zuletzt eben das berühmteste Anbaugebiet Frankreichs in Bordeaux.

Dort verzeichneten die kleineren Appellationen wie Bordeaux, Bordeaux supérieur, Entre-deux-Mers und Côtes de Castillon die schwersten Schäden. Bei manchen Weingütern wurde die gesamte Ernte vernichtet. Vor allem kleine Winzer stehen nun vor dem finanziellen Ruin, da sie keine finanziellen Rücklagen haben und nicht versichert waren.

Viele Winzer haben fast alles verloren

Im Vergleich zum vergangenen Jahr dürfte die Ernte in Bordeaux acht Prozent niedriger ausfallen - mindestens. Denn in der Prognose von Agreste, der Statistikabteilung des Landwirtschaftsministeriums, sind die Auswirkungen des Hagelsturms von Anfang August noch nicht berücksichtigt.

Die Statistiker gingen bisher davon aus, dass die Ernte von 5,4 Millionen Hektolitern 2012 in diesem Jahr auf 4,5 Millionen Hektoliter sinkt. Denn nach dem ungewöhnlich kalten Frühling fielen zahlreiche Blüten unbefruchtet von den Rebstöcken ab. Gleichzeitig bildeten die Stöcke oft nur kleine Trauben.

Für das gesamte Land erwarten die Statistiker wegen guter Ergebnisse in der Champagne, im Burgund und im Languedoc-Roussillon, dass die Weinernte in diesem Jahr elf Prozent höher ausfallen wird als 2012.

Der heftige Sturm in der Region Bordeaux hat ganze Weingüter zerstört. "Sie haben fast alles verloren", sagt Bernard Fages, der Präsident des Weinfachverbandes CIVB. 300 bis 400 Winzer könnten die Einnahmeverluste nicht mehr ausgleichen, da die Ernte ohnehin gering ausfallen dürfte, schätzt er.

Oft fehlt eine Versicherung

"Ich habe das Glück, noch einen zweiten Beruf zu haben", sagt Weingut-Besitzer Henri Féret in Grézillac, einem 40 Kilometer östlich von Bordeaux gelegenen Dorf. Normalerweise produziert Féret 120.000 Flaschen Rotwein pro Jahr. Der Hagelsturm habe jedoch die gesamte Ernte zerstört, sagt er.

Viele Winzer hätten keine Versicherung, weil sie sich das nicht leisten könnten, sagt der Vorsitzende der Winzergenossenschaft der Appellation Entre-deux-Mers, Stéphane Defraine. Bereits seit zehn Jahren seien die Produktionskosten höher als die Preise, die für Fasswein gezahlt werden.

"Wir arbeiten mit Verlust", sagt Defraine. Während die Preise der Spitzen-Weingüter, angeheizt durch die Nachfrage aus China, in den vergangenen Jahren kräftig gestiegen sind, werden für ein 900-Liter-Fass lediglich 1000 Euro gezahlt. Den Winzern zufolge sind allerdings mindestens 1300 Euro nötig, um ihre Produktionskosten auch nur annähernd zu decken.

Stéphane Defraine beziffert die durch den Hagelsturm verursachten Schäden auf vorläufig 20 Millionen Euro. Als Unterstützung hat Landwirtschaftsminister Stéphane Le Foll den Winzern in Bordeaux die gleichen Hilfen wie zuvor den ebenfalls von Hagelstürmen zerstörten Anbauregionen im Burgund und im Loire-Tal zugesichert.

Die Betriebe sollen vorübergehend von Sozialabgaben befreit werden und Steuernachlässe für die betroffenen Parzellen erhalten. Zudem dürfen sie Trauben von benachbarten Gütern kaufen, um ihre Produktion zu sichern. Gute Idee, meint Defraine, "doch sie werden die Trauben niemals bezahlen können".

dapd