Dubiose Machenschaften der Lebensmittelindustrie deckt Marie-Monique Robin in ihrem Dokumentarfilm "Unser täglich Gift" (Dienstag, 20.15 auf Arte) auf - Ihre eigene Arbeitsmethode ist nicht unumstritten

Greift Marie-Monique Robin im Supermarkt zu Paradeiser, Paprika und Fertigpizza, tut sie das nicht, um ihren Hunger zu stillen. Die Dokumentarfilmerin schiebt das Wagerl, um Material zu sammeln, das schädliche Auswirkungen chemischer Stoffe auf den menschlichen Organismus belegen soll. Diese Stoffe "sind überall" , sagt Robin in ihrem neuen Dokumentarfilm Unser täglich Gift - zu sehen Dienstag, 20.15 Uhr, auf Arte. "Als Pestizidrückstände auf unserem Obst und Gemüse, als Zusatzstoffe in Lebensmitteln und Fertiggerichten und als Bestandteil von Verpackungen und Plastikbehältern."

Nach Monsanto - mit Gift und Genen schaut die 50-jährige Französin ein weiteres Mal der Lebensmittelindustrie auf den Teller. 2008 beschäftigte sie sich mit den dubiosen Methoden des weltgrößten Agrarkonzerns. Monsanto - mit Gift und Genen wurde in zwanzig Ländern ausgestrahlt, das gleichnamige Buch in sechzehn Sprachen übersetzt.

In Unser täglich Gift zeigt die Journalistin, dass sich Rückstände dieser Gifte in der Nahrungsmittelkette finden und dass Zulassungsbestimmungen und Höchstgrenzen bei Rückständen fragwürdig sind. Studien für Lebensmittelzusatzstoffe wurden manipuliert, lauten Rechercheergebnisse. Offiziell festgelegte Grenzwerte sind ohne Grundlage. Verfahren dazu stammen zum Teil aus den 1950er-Jahren. Wie die täglich erlaubte Menge an Rückständen gefunden wurde, konnte ihr keiner der Interviewpartner genau sagen. Robin fand es heraus: "Die Zulassungsgenehmigungen für chemische Stoffe basieren auf Studien, die von den chemischen Unternehmen selbst durchgeführt wurden." Laut Weltgesundheitsorganisation werden jährlich ein bis drei Millionen Opfer einer akuten Pestizidvergiftung, mehr als 200.000 Menschen sterben. Größter Verbraucher von Pestiziden in Europa ist Frankreich mit einem jährlichen Konsum von 80.000 Tonnen.

"Gesinnungsethisch instrumentiert"

Das Thema ist brisant, aber Robin nicht unumstritten. Die Verantwortlichen kommen nicht zu Wort, lautete ein Vorwurf zu Monsanto. Zuseher und Leser müssten sich mit ihrer Sicht begnügen: "Gesinnungsethisch instrumentiert", sei ihr Firmenporträt, kritisierte die Frankfurter Allgemeine Zeitung.

In Unser täglich Gift geht Robin ähnlich vor: Eine Hypothese steht am Anfang (Es existiert eine Verbindung zwischen chemischen Stoffen und chronischen Krankheiten). Diese wird mit beeindruckendem Rechercheaufwand in Form von Zahlen und Experteninterviews untermauert. Gegner haben kaum Gelegenheit zur Stellungnahme, und wenn, dann um Robin zu bekräftigen. In einer Montage aus Werbefilmen der 1960er- und 1970er-Jahre und Experteninterviews stellt Robin Fakten und Argumente zusammen, mit denen sie die Vorgehensweise der Kontrollinstitutionen als wenig zuverlässig entlarvt. In ein schiefes Licht gerät etwa die Weltgesundheitsorganisation, die Pestizidgrenzwerte von chemischen Stoffen nicht genau hinterfragte. Robin kämpfte sich durch Internet und Archive, die Türen der Industrie öffneten sich nicht.

So bleiben am Ende die Zuschauer auf den Hausverstand angewiesen: Der sagt, dass 140.000 Tonnen allein in Europa versprühte Pestizide ganz sicher nicht sehr gesund sein können.