Für viele Menschen sind Schmerzmittel nicht mehr aus dem Leben wegzudenken. Hüftschmerzen, Rückenschmerzen und Knieschmerzen sind für fast 25 Prozent der Erwachsenen ein Dauerzustand, der einen langfristigen Schmerzmitteleinsatz scheinbar notwendig macht.
Chronic Pain
© Dreamstime
Dabei kommen Medikamente zum Einsatz, die oft zur Klasse der NSAR (nichtsteroidale Antirheumatika) gehören. Als solche haben sie kein ausgesprochenes Suchtpotential, sind wirksam und sicher...

Sicher?

Wenn man sich zum Beispiel einmal die Liste an Nebenwirkungen auf Drugs.com für Ibuprofen anschaut, dann sind berechtigte Zweifel an der “Sicherheit” der Substanz(en) angebracht:
„Constipation; diarrhea; dizziness; gas; headache; heartburn; nausea; stomach pain or upset. Seek medical attention right away if any of these SEVERE side effects occur when using Ibuprofen: Severe allergic reactions (rash; hives; itching; trouble breathing; tightness in the chest; swelling of the mouth, face, lips, or tongue); bloody or black, tarry stools; change in the amount of urine produced; chest pain; confusion; dark urine; depression; fainting; fast or irregular heartbeat; fever, chills, or persistent sore throat; mental or mood changes; numbness of an arm or leg; one-sided weakness; red, swollen, blistered, or peeling skin; ringing in the ears; seizures; severe headache or dizziness; severe or persistent stomach pain or nausea; severe vomiting; shortness of breath; stiff neck; sudden or unexplained weight gain; swelling of hands, legs, or feet; unusual bruising or bleeding; unusual joint or muscle pain; unusual tiredness or weakness; vision or speech changes; vomit that looks like coffee grounds; yellowing of the skin or eyes.“
Schweizer Mediziner warnen jetzt, dass diese angeblich so gut vertragenen und sicheren Medikamente vielleicht doch ein Risiko für Herzinfarkte, Schlaganfälle und sonstige Herz-Kreislauf-Erkrankungen darstellen können.

In einer Übersichtsarbeit im Britisch Medical Journal wurden Schmerzmittel auf ihre Sicherheit und Verträglichkeit untersucht. Hier wurden sieben schmerzlindernde Wirkstoffe unter die Lupe genommen. Es zeigte sich, dass das Risiko bei allen, einen Herzinfarkt zu erleiden oder Schlaganfall oder eine andere Herz-Kreislauf-Erkrankung mit Todesfolge, deutlich erhöht ist.

Das Team des Berner Epidemiologen Peter Jüni initiierte eine Meta-Analyse von 31 Studien, die zusammen mehr als 116.000 Patienten enthielten. Diese Patienten waren regelmäßige Konsumenten von Schmerzmitteln. Die Schmerzmittel waren Naproxen (Mobilat), Ibuprofen (Dolormin), Diclofenac (Voltaren), Celecoxib (Celebrex) und Etoricoxib (Arcoxia). Zwei Wirkstoffe, die nicht mehr auf dem Markt sind, nämlich Rofecoxib (Vioxx) und Lumiracoxib (Prexige), wurden ebenfalls in die Auswertung mit einbezogen.

Die Schweizer Forscher konnten in ihrer Auswertung zeigen, dass ein regelmäßiger Gebrauch von Ibuprofen das Risiko für einen Schlaganfall verdreifachte.

Diclofenac zeigte ein ähnlich hohes Risiko.

Vioxx verdoppelte das Risiko für einen Herzinfarkt, ebenso Lumiracoxib (Prexige), das 2007 aufgrund von schweren Nebenwirkungen vom Markt genommen wurde.

Diclofenac und Etoricoxib zeigten sogar ein vierfach erhöhtes Risiko, an einer Herz-Kreislauf-Erkrankung zu sterben. Naproxen entpuppte sich als der von allen „sicherste“ Schmerzmittelkandidat. Allerdings zeichnet die Substanz sich durch besonders intensive Magen-Darm-Trakt Nebenwirkungen aus.

Wo sonst NSAR als sicher und ungefährlich galten, kam diese Traumvorstellung zu einem jähen Ende, als Vioxx 2004 vom Markt genommen werden musste. Begründung: Tödliche Nebenwirkungen (gehäufte Schlaganfälle und Herzinfarkte). Prexige, ein Diclofenac Abkömmling, folgte auf dem Fuße. Hier waren schwere Leberschäden mit Todesfolge bzw. der Notwendigkeit einer Lebertransplantation berichtet worden.

Dies lässt somit die Sicherheitsfrage der anderen Schmerzmittel gerader dieser Klasse in einem anderen Licht erscheinen. Denn alle diese Substanzen greifen den Schutz der Gefäße an, so dass Langzeitfolgen nur logisch erscheinen. Mit entscheidend ist hier neben der Einnahmedauer auch die Höhe der Dosierungen. Was aber genau die deletären Folgen zeitigt, welcher Mechanismus die negativen Langzeiteffekte bedingt, ist bis heute unklar.

Wer also unter Dauerschmerz leidet, wird sicherlich mit den Ergebnissen dieser Studie nicht gut schlafen können. Peter Jüni rät dann auch, Bewegung als alternative Schmerztherapie anzusetzen.

Leserkommentar: „Und wenn ich mich vor Schmerzen nicht mehr bewegen kann?“ Aber vielleicht kann man sich ja unter Schmerzmittelwirkung besser bewegen, mehr Bewegung in den Alltag einflechten und durch dieses Vorgehen langsam den Tablettenkonsum abbauen?

Gerade in der Schmerztherapie gibt es genug Alternativen zur chemischen Keule. Akupunktur wäre eine davon, die sogar teilweise von der Schulmedizin als wirksam anerkannt wird.

Paracetamol als Schmerzmittel aus einer anderen Substanzklasse erhöht zwar nicht das Risiko von Schlaganfällen oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen, dafür schädigt es die Leber in der Langzeittherapie.