Auf ihren langen und anstrengenden Reisen in den Süden bilden vornehmlich einige der größeren Vogelarten wie Gänse, Störche und Kraniche die bekannten V-Formationen am Himmel. Dass diese Art des Fluges Flugenergie spart, war bereits bekannt. Wie dies den Tieren jedoch gelingt und was die Vögel genau tun, war bislang eher Inhalt kontroverser Diskussionen und Spekulation als von gesicherten Kenntnissen. Nun können Wissenschaftler erstmals zeigen, wie der Einspareffekt entstehet und offenbaren so zugleich ungeahnte Fähigkeiten der Vögel, aerodynamische Effekte in nahezu perfekter Weise zu nutzen.

Bild
© grewi.deZugvögel in V-Formation.
Berlin (Deutschland) - Wie das Team um Dr. Steve Portugal vom Royal Veterinary College an der University of London Dr. Bernhard Voelkl von der Humboldt-Universität zu Berlin und Dr. Johannes Fritz vom Waldrappteam (waldrapp.eu) aktuell im Fachjournal Nature berichtet, entsteht der Einspareffekt, weil die Zugvögel ihre Position und ihren Flügelschlag so mit den voranfliegenden Vögeln koordinieren, dass sie deren erzeugten Aufwind nutzen, um selbst Energie beim Flügelschlag zu sparen.

Das funktioniere bei beweglichen Flügeln anders als bei Flugzeugen: "Hinter allen Tragflächen oder Flügeln entsteht beim Flug eine sogenannten Luftwalze mit einem Aufwind um die Flügelspitzen und einem Sog nach unten in der Nähe des Zentrum", erläutern die Forscher. "Diese Luftwalze erstreckt sich bei Flugzeug-Tragflächen auf konstanter Höhe gerade nach hinten. Bei Vogelflügeln ist das anders. Da die Flügel ständig nach oben und unten schlagen, bewegt sich auch die Luftwalze ständig vertikal. Will ein Vogel den Aufwind mit dem des vor ihm fliegenden Vogels nutzen, muss er seinen Flügelschlag mit diesem synchronisieren. Allerdings mit einer gewissen Phasenverschiebung, die von der Entfernung zum vorderen Vogel abhängt."

Für ihre Studie benutzten die Wissenschaftler elektronische Mini-Bauteile, die es ihnen erlaubten, Datenlogger mit verschiedenen Funktionen zu verwenden, mit denen sowohl die GPS-Position als auch die Bewegungs- und Beschleunigungsdaten der Tiere mit sehr hoher Genauigkeit aufgezeichnet werden können. Zugleich sind sie leicht genug, um den Flug der Vögel nicht zu beeinträchtigen.

Mit dieser Technologie wurde eine Gruppe von 14 Waldrappen, die von Salzburg nach Orbitello in der Toskana flogen, ausgestattet. Bei der Reise zeigte sich laut Voelkl Folgendes: "Wenn die Tiere in V-Formation flogen, dann hielten sie sich tatsächlich meistens in jener Position zum Vordervogel auf, in der der größte Aufwind zu erwarten war. Zur gleichen Zeit mieden sie jene Region direkt hinter einem anderen Vogel, in der, aufgrund der Luftturbulenzen, ein Sog nach unten entsteht."

Bislang, so resümmieren die Wissenschaftler, hielt man es nicht für möglich, dass Vögel solche aerodynamischen Leistungen erbringen können, "da dafür eine komplexe Flugdynamik und sensorische Rückmeldungen notwendig sind". Jetzt zeige sich aber, dass die Vögel aber offensichtlich die "bemerkenswerte Fähigkeit" besitzen, die von den Artgenossen erzeugten Luftströmungen "vorherzusehen bzw. zu spüren".

Ob den Vögeln das "Gespür" für die Aerodynamik während des Fluges im Abgleich mit ihren vorwegfliegenden Artgenossen angeboren ist oder ob sie dies erlernen müssen ist jedoch noch immer ungeklärt - ebenso wie die Frage, warum nicht auch kleinere Vogelarten den V-Flug nutzen.

Quelle: hu-berlin.de