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© afpGuantanamo: Das umstrittenste Gefängnis der Welt.
Rock gegen die Menschlichkeit: Die britische Menschenrechtsorganisation Reprieve veröffentlichte eine Liste mit Songs, mit denen Soldaten im Gefängnis von Guantanamo versuchen, den Willen der Gefangenen zu brechen. Einige Künstler wehren sich. Ein Song von Metallica führt die Liste an.

Offiziell gibt es zum "Musikprogramm", wie es die Psychological-Operations-Experten (PsyOps) der Armee nennen, keine Angaben. Allerdings hat Reprieve Berichte von Gefangenen gesammelt, die von der Organisation per Anwalt vertreten werden.

Demnach wird in den US-Lagern in Guantánamo, im Irak und in Afghanistan Musik genutzt, um mutmaßliche Extremisten gesprächig zu machen. Der Brite Binyam Mohammad sagt, er habe "20 Tage lang" Musik von Eminem und Dr. Dre hören müssen, der ehemalige Guantánamo-Insasse Ruhal Ahmad berichtet von unerträglich lauter Heavy-Metal-Beschallung.

Aber auch Balladen werden gespielt: Der Gefangene Haj Ali berichetete dem "Daily Mirror" 2005, er habe "einen Tag und eine Nacht lang" den Refrain aus David Grays "Babylon" hören müssen. "Es war so laut, ich dachte, mein Kopf würde platzen."

Ein PsyOps-Offizier sagte dem Magazin Newsweek 2003: "Diese Menschen haben noch nie Heavy Metal gehört. Sie ertragen es nicht. Wenn man es 24 Stunden lang spielt, bauen die Gehirn- und Körperfunktionen ab, die Gedankengänge werden langsamer, der Wille wird gebrochen. Dann gehen wir rein und reden mit ihnen." Ganz oben auf seiner Hitliste steht "Enter Sandman" von Metallica.

Zum 60. Geburtstag der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte am 10. Dezember hat Reprieve gemeinsam mit der britischen Gewerkschaft "Musicians Union" die Kampagne "Zero dB" (Null Dezibel) gestartet. Man wolle vor allem die Wahrnehmung des Themas stärken, sagt Chloe Davies von Reprieve. Künstler wollen auf ihren Konzerten Schweigeminuten abhalten, auf der Reprieve-Homepage finden sie eine Vertragsklausel, die den staatlichen Missbrauch ihrer Musik verhindern soll.

Zu den ersten Unterstützern gehören die Bands Elbow und Massive Attack sowie Tom Morello, früher bei Rage Against The Machine und Audioslave. Auch David Gray zeigte sich "schockiert", als er vom Missbrauch seines Hits "Babylon" erfuhr: "Es ist Folter, egal, wie man es dreht."

Nicht überall stößt die Kampagne aber auf Zuspruch. "Ein Teil von mir ist sogar stolz. Hey, sie haben Metallica ausgewählt als etwas, was die beeinflusst", sagte Metallica-Sänger James Hetfield in einem Interview.

Die Band Drowning Pool, deren Lied "Bodies" bei den US-Verhörspezialisten beliebt sein soll, fühlt sich ebenso geschmeichelt: "Ich verstehe es als Ehre, wenn man denkt, dass unser Lied vielleicht helfen könnte, einen zweiten 11. September oder etwas ähnliches zu verhindern", sagte Drowning-Pool-Bassist Stevie Benton dem Magazin "Spin".