Unterernährung Kind
© KeystoneUnterernährung trägt weltweit jedes Jahr zum Tod von 2,6 Millionen Kindern bei.
Wenn die Wirtschaft wächst, haben die Armen nichts davon. Das widerspricht einer Theorie, wonach mehr Wohlstand für Reiche auch unteren Gesellschaftsschichten zugute kommt.

Das ökonomische Wachstum einer Nation allein reduziert die Unterernährung von Kindern nicht. Dies ist das Fazit einer Studie von schweizerischen, deutschen, indischen und US-Forschern mit Daten aus 36 Entwicklungsländern. Sie appellieren an die Politik, das Problem anzugehen.

Die Wissenschaftler haben Daten mit Stichproben von Kindern im Alter bis zu drei Jahren ausgewertet, die für das jeweilige Land aussagekräftig sind. Die Daten stammten aus 121 Studien, die zwischen 1990 und 2011 in 36 Ländern mit tiefem bis mittlerem Einkommen durchgeführt worden waren.

Minimale Verbesserungen

Die Ergebnisse weisen keinen Zusammenhang zwischen dem ökonomischen Wachstum und der Rate an unterernährten Kindern auf Länderebene nach. Auf Individuen bezogen führte ein fünfprozentiger Zuwachs im Bruttoinlandprodukt (BIP) zu einer sehr schwachen Abnahme von Unterentwicklung (-0,4 Prozent), Untergewicht (-1,1 Prozent) und Auszehrung (-1,7 Prozent).

Die Autoren heben besonders hervor, dass sich insbesondere bei Kindern aus den ärmsten Haushalten, die besonders verletzlich seien, kein Effekt des ökonomischen Wachstums zeigte. Die Resultate wurden am Donnerstag im britischen Fachjournal The Lancet Global Health veröffentlicht.

Gemäss den Forschern könnten drei Gründe dafür verantwortlich sein: Entweder sind die Einkommen sehr ungleich verteilt und die Ärmsten vom Wachstum ausgeschlossen. Möglich wäre es auch, dass das wachsende nationale Einkommen nicht in öffentliche Investitionen für die bessere Kinderernährung mündet oder die Haushalte selbst das zusätzlich gewonnene Einkommen nicht dafür ausgeben.

Wachstum allein nützt nichts

Die Forscher betonen deshalb, dass das Problem nur gelöst werden könne, wenn direkt in wirksame Massnahmen gegen die Unterernährung und für die Gesundheit von Kindern investiert wird. Die ökonomische Entwicklung sei grundsätzlich wichtig, doch Politiker sollten sich nicht allein auf einen Trickle-down-Effekt verlassen.

Damit wird die bis heute nie bestätigte Theorie bezeichnet, dass das Wirtschaftswachstum und der Wohlstand der Reichen nach und nach in die unteren Schichten der Gesellschaft durchsickern.

Unterernährung trägt weltweit jedes Jahr zum Tod von 2,6 Millionen Kindern bei. Das ist mehr als jeder dritte Todesfall im Kindheitsalter. Die Studie wurde von Forschenden der ETH Zürich, der Harvard School of Public Health (USA), der Universität Göttingen (D) und vom Indian Institute of Technology in Gandhinagar durchgeführt.