Wie erfolgreich kann Indoktrination eigentlich sein?

weiße Feder, Indoktrination 1. Weltkrieg
Die "weiße Feder" in Großbritannien zur Zeit des 1. Weltkrieges war ein Mittel der Indoktrination, indem Männer, die nicht in den Krieg zogen, als "Feiglinge" gebrandmarkt wurden.
Diese Frage haben wir uns nicht vor dem Hintergrund der Vernunft, die Menschen nach Meinung vieler Philosophen vor Tieren auszeichnen soll, gestellt, sondern vor dem Hintergrund der folgenden Kommentare:
(1) “Ausnahmen bestätigen natürlich die Regel - aber wenn ich sehe, was für eine Kriegstreiberei die Männer in den letzten 2 Jahrtausenden betreiben, ist es nicht verwunderlich, dass sie sich irgendwie unbeliebt gemacht haben, irgendwann ist dann auch mal genug. Wer sich da wundert, ist wohl etwas naiv.”
(2) “Stell dir vor es ist Krieg und keiner geht hin! Dann wären auch keine 850.000 Männer im Krieg umgekommen. Schon mal auf die Idee gekommen nicht mitzumachen im System?”
(3) “Brecht ist lange tot. Man sollte doch mal neue Konzepte entwickeln. Aber ich sehe schon, die Männer haben scheinbar nichts dazugelernt und würden auch diesmal für einen 3. Weltkrieg wieder ins Verderben rennen. Wacht mal auf!”
Die drei Kommentare, von einem Leser, der sich nicht entscheiden kann, ob er sich Florian, Sebastian oder Gerold nennen will, lassen die oben gestellte Frage virulent werden, konkret: Ist es möglich, Menschen so sehr zu indoktrinieren, dass sie entgegen allen Menschenverstands und entgegen aller Vernunft, auf die primitivste Form der Verallgemeinerung ausweichen und eine sich selbst verordnete geistige Form der Gleichschaltung betreiben, die man nur als psychotisch bezeichnen kann?

Wie sieht es im Gehirn eines Menschen aus, der denkt, das Merkmal “männliches Geschlecht” sei so mächtig, dass es alle anderen Unterschiede zwischen den Merkmalsträgern so marginalisiert, dass sie keinerlei nenneswerten Unterschied mehr begründen? Wie sehr muss man indoktriniert worden sein, wenn man denkt, Männer verfügten über eine genetische Prädisposition zum Kriegstreiben, seien als Männer für Kriege und alles Schlechte auf der Welt verantwortlich? Welche absurde Jungfrau Maria Vorstellung muss man mit sich herumtragen, wenn man denkt, Männer, und zwar alle, seien die einmütigen Triebkräfte der Weltgeschichte in den vergangenen Jahrhunderten und hätten bis heute “nichts dazu gelernt”, während Frauen in all ihrer Reinheit vergeblich gegen das männliche Kriegstreiben angekämpft haben?

Wir geben zu, dass wir eine gewisse Faszination mit der dargestellten Form der Verallgemeinerung verbinden. Entlang ihr verläuft nämlich ein Rubikon, wer ihn übertritt, hat die Welt der Vernunft verlassen.

Rein empirisch ist es Unsinn, eine biologische Prädisposition von Männern anzunehmen, einen Krieg zu führen. Was sagen allein die Amazonen dazu, von den Frauen der Kelten, die Tacitus als so furchterregend beschrieben hat, ganz zu schweigen (Man denke nur an Boudicca, die einen Aufstand gegen die Römer angeführt, um nicht zu sagen angezettelt hat).

Auch biologisch determinierte Kriegstreiberei ist schlicht Unsinn, weder wurde bislang das Männer-führen-Kriegs-Gen gefunden noch konnte bislang das Mysterium geklärt werden, warum sich die vermeintliche biologische Determinierung nur zu manchen Zeiten Bahn bricht.

Rein soziologisch ist es blanker Unsinn, denn Männer leben seit Jahrtausenden mit Frauen zusammen, und wer eine entsprechende Erfahrung hat, der weiß, dass ein Zusammenleben aus Kompromissen und gegenseitiger Beeinflussung besteht. Wer dies nicht kennt, der mag die Studien über Autorität und Familie lesen, die Horckheimer, Fromm und andere erstellt haben. Darin wird deutlich, dass Frauen in Familien häufig die beharrende Kraft sind, die Männer davon abhält aufzubegehren und dazu drängt, sich konform zu verhalten.

I want YOU
© unbekannt
Der Kommentator a.behrens hat hierzu einen sehr guten Beitrag gebracht und auf die White Feather Bewegung im Vereinigten Königreich zur Zeit des Ersten Weltkrieges hingewiesen. Damals hatte das Vereinigte Königreich keine Wehrpflicht und kein nenneswertes Heer. Die Zahl der Soldaten, die in die Gräben Frankreichs geschickt werden konnten, hing entsprechend davon ab, welche Rekrutierungserfolge die britische Armee auf der Insel vorweisen konnte. In dieser Situation hat sich die White Feather Bewegung gegründet, deren Aktivistinnen Männer, die sie nicht in Uniform in der Öffentlichkeit angetroffen haben, mit einer weißen Feder beschämen wollten (und da Männer damals noch Stolz hatten, war dies eine sehr wirkungsvolle Waffe) - oder wie a.behrens kommentiert und zitiert:
“Ah, das hier: http://en.wikipedia.org/wiki/White_feather

Zitat:
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In August 1914, at the start of the First World War, Admiral Charles Fitzgerald founded the Order of the White Feather with support from the prominent author Mrs Humphrey Ward. The organization aimed to shame men into enlisting in the British Army by persuading women to present them with a white feather if they were not wearing a uniform.[2]

This was joined by prominent feminists and suffragettes of the time, such as Emmeline Pankhurst and her daughter Christabel. They, in addition to handing out the feathers, also lobbied to institute an involuntary draft of men, including those who lacked votes due to being too young or not owning property.[3][4][5]
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Daher bitte: Wer sind genau die Kriegs_treiber_ und wer sind die Kriegsopfer? UK hatte 850.000 tote Männer. Oh natürlich, wie kann man eine solche Frage stellen. Die Männer sind natürlich einfach nur tot, aber keine Opfer. Die Opfer sind wie immer die Frauen, die nun ganz allein zu hause sein mussten..."Wer Verstädnisschwierigkeiten hat, der kann sich eine gute Darstellung der entsprechenden Aktionen auch in “Das Haus am Eaton Place” ansehen. Dort wird der Footman Edward Barnes so sehr/so lange von Frauen gemobbed, dass/bis er sich zur britischen Armee meldet.
Rein historisch betrachtet, ist es ein kaum zu steigernder Unsinn, denn dieselben Männer, die doch alle Kriegstreiber und schlecht sind, sind Widerstandskämpfer, Deserteure, Kriegsverweigerer uvm., folglich sind die Männer Kriegstreiber und Kriegsgegner in einem. Nicht nur, zeigt die Generalisierung aller Männer als von einem Motiv getrieben, eine erschreckende Unbildung im Hinblick auf historische Tatsachen, sie erweist sich auch als bar jeglicher Form von Empathie (noch so eine Eigenschaft, die Philosophen offensichtlich fälschlicherweise als der Conditio humana eigen angenommen haben). Der Kommentator rjb hat sich die Mühe gemacht, einen Zeitzeugenbericht des Jahres 1917 anzuführen, quasi als Nachhilfe in Empathie:
“Aus dem Wikipedia-Artikel über Carl Ludwig Siegel, nachmals ein sehr bedeutender Mathematiker, eine Andeutung, wie sich dieses Nicht-Hingehen praktisch gestaltete: “Er studierte ab 1915 in Berlin Astronomie, Physik und Mathematik ...1917 wurde er einberufen. Da er den Wehrdienst verweigerte, wurde er in eine psychiatrische Anstalt eingewiesen. Nach eigenen Worten überstand er die Zeit nur, da Edmund Landau, dessen Vater in der Nachbarschaft eine Klinik hatte, ihn unterstützte.”
Wem dieser Zeitzeugenbericht nicht ausreicht, der mag sich den von Alexander Roslin angeführten zu Gemüte führen.

Aber natürlich hätten all diejenigen, die heute so sicher sind, dass Männer Kriegstreiber sind und sie selbst von jedem Makel frei, zu jeder Zeit jede Sanktion und jede Form der Erniedrigung standhaft auf sich genommen und ihren Mann gestanden.

Fazit:

Wie eine Indoktrination gelingen kann, die dazu führt, dass Behauptungen aufgestellt werden, die man bereits mit oberflächlichem Nachdenken als falsch erweisen kann, ist uns ein Rätsel, das wir lediglich mit dem Hinweis auf Denkverweigerung oder Unfähigkeit, außerhalb vorgegebener Schablonen zu denken, erklären können. Beides ist vernichtend für die oben angeführte Annahme vieler Philosophen, nach der Menschen eigentlich mit Vernunft begabte Wesen sind, und zwar alle Menschen.

Und natürlich stellt sich die Frage, womit Schüler in Deutschland derzeit indoktriniert werden bzw. was sie überhaupt noch in deutschen Schulen lernen.