Ausgegraben wurde die Schnitzfigur 1890 in einem Moor nahe des Uralgebirges. Bis heute bestanden Zweifel am tatsächlichen Alter der einst fünf Meter hohen Stele. Ein Forscherteam hat sie nun neu datiert.
Holzskulptur Ural Russland
© T. TerbergerKopf der Skulptur aus dem Schigir-Moor: Neue Analysen im Klaus-Tschira-Labor in Mannheim ergeben jetzt: Die Stele ist sogar noch älter als bislang vermutet. Mit rund 11.000 Jahren ist sie laut Terberger die älteste Holzskulptur der Welt.
Sie suchten Gold und fanden: altes Holz. Gleich mehrere Teile, zusammengesetzt rund zweieinhalb Meter lang. Es handelte sich um Reste einer Skulptur, der Körper verziert mit geometrischen Mustern, dazu ein archaisch wirkender Kopf.

Wahrscheinlich waren die Menschen angesichts des seltsamen Fundes enttäuscht, den sie 1890 in der sumpfigen Landschaft des russischen Schigir-Moors nahe des Uralgebirges machten. Zu Geld machen ließ sich die Skulptur wohl nicht - dennoch beließen die Goldgräber die Holzfigur nicht im Sumpf. Sie nahmen sie mit. Auf nicht näher bekannten Wegen gelangte sie ins Historische Museum Jekaterinburg, wo sie bis heute ausgestellt ist.

1997 habe eine erste wissenschaftliche Untersuchung ergeben, dass die Skulptur rund 9500 Jahre alt sein müsse, sagt Thomas Terberger vom Niedersächsischen Landesamt für Denkmalpflege. Da dies aber mit konventionellen Radiokarbontests ermittelt wurde, blieben Fragen offen. "Bis dahin waren aus der frühen Nacheiszeit nur kleinere Knochenfunde bekannt, in die Zeichen geritzt waren", sagt der Prähistoriker. "Aber gleich eine ganze Holzstele?"

Skulptur noch älter als bisher vermutet

Terberger stand vor einigen Jahren grübelnd vor der Stele in Jekaterinburg. Zusammen mit Kollegen organisierte er nun neue Analysen, sieben Proben wurden im Klaus-Tschira-Labor in Mannheim geprüft. Ergebnis: Die Stele aus dem Schigir-Moor ist sogar noch älter als bislang vermutet. Mit rund 11.000 Jahren ist sie laut Terberger die älteste erhaltene Holzskulptur der Welt - und ein einzigartiger Schlüsselfund zum Verständnis der frühen Kunst in Eurasien.
Holzskulptur Ural Russland
Rekonstruktion der Skulptur (nach Tomachev im Jahre 1914): Die Statue ist laut Terberger ein einzigartiger Schlüsselfund zum Verständnis der frühen Kunst in Eurasien.
Die Proben, entnommen aus dem inneren und am besten erhaltenen Teil des Holzidols, belegten das hohe Alter, sagt Terberger. Sie zeigten, dass die Skulptur zu Beginn der heutigen Warmzeit entstanden sein muss und aus einem 157 Jahre alten Lärchenstamm gefertigt wurde. Der einzigartige Fund sei so alt wie der aus Göbekli Tepe in der Türkei. Dort wurden vor einigen Jahren Steinstelen entdeckt.

Besonders wichtig: Die zusätzliche Analyse der Schnittspuren an dem Holzidol bestätigt erneut, dass die Skulptur aus frischem Holz gefertigt wurde. Das bedeutet, dass die Figur nicht erst Jahre später aus einem alten Stück Lärchenholz gearbeitet wurde. Das sogenannte Schigir-Idol muss bei seiner Herstellung fünf Meter groß gewesen sein, sagt Terberger.

Es werde deutlich, dass die mittelsteinzeitlichen Sammler und Jäger der eurasischen Waldzone eine ebenso entwickelte Monumentalkunst hatten wie die ersten Bauern im Vorderen Orient, schreibt Terberger in einer Pressemitteilung. Das deutsch-russische Forscherteam bereitet die Ergebnisse der Analysen derzeit zur Publikation vor.

nik