Britische Forscher haben Seiten eines antiken Korans gefunden, die aus einer Zeit kurz nach oder vor der Geburt des islamischen Propheten Mohammed stammen könnten. Die Universität Oxford bestimmte das Alter mittels Radiokarbondatierung auf den Zeitraum 568 bis 645 nach Christus. Somit könnten Teile des heiligen Buchs älter sein als der Prophet.

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© dpaDas Koran-Manuskript aus Birmingham könnte älter sein als der islamische Prophet Mohammed selbst, so die Forscher aus Oxford.
Britische Forscher haben Fragmente eines antiken Korans gefunden, die aus einer Zeit vor oder kurz nach der Geburt des islamischen Propheten Mohammed stammen könnten. Ein Doktorand entdeckte die Pergamentseiten zwischen den Manuskripten eines jüngeren Korans in einer Bibliothek der Universität Birmingham und beschloss aus Neugier, sie datieren zu lassen, so ein Bericht der BBC.

In einem Labor der Universität Oxford haben Forscher mittels der Radiokarbonmethode die Entstehung des Artefakts mit einer Wahrscheinlichkeit von 95,4 Prozent auf einen Zeitraum zwischen 568 und 645 nach Christus bestimmt. Mohammed hat nach heutigem Wissensstand zwischen 570 und 632 nach Christus gelebt. Die Datierung widerspricht also nicht zwangsläufig der islamischen Überlieferung, eröffnet aber die Möglichkeit, dass zumindest Teile des Buches bereits vor der Geburt Mohammeds oder während seiner Kindheit entstanden und damit noch vor dem Beginn der überlieferten Offenbarung ab dem vierzigsten Lebensjahr des Propheten.


Nach der islamischen Überlieferung empfing der Prophet die himmlischen Offenbarungen, die später die Schriften des Koran bildeten, zwischen den Jahren 610 und seinem Tod im Jahr 632. Die heute bekannte Zusammenstellung des Buches gilt seit dem Jahr 650, vorher wurden die Texte meist mündlich überliefert, allerdings kursierten bereits vereinzelte Schriftteile.

Die nun gefundenen Manuskripte wurden in den 1920er Jahren von einem chaldäischen Priester namens Mingana gesammelt, der auf seinen Expeditionen in den Nahen Osten regelmäßig alte Schriften mit nach England brachte. Offenbar waren die Pergamentblätter mit dem jüngeren Koran-Manuskript zusammengebunden, da sie in einer ähnlichen altarabischen Schrift verfasst sind, die jedoch auf das späte siebte Jahrhundert datiert. Sie enthalten die Suren Abschnitte 18 bis 20 und könnten von einem Autor stammen, der den Propheten persönlich kannte.

Laut dem Islam-Experten der Universität Birmingham, David Thomas, ist es sehr gut möglich, dass das gefundene Dokument zu Lebzeiten des Propheten entstand. „Die Person die sie niederschrieb könnte den Propheten gekannt haben, hat ihn wahrscheinlich gesehen und predigen gehört, möglicherweise hat die Person ihn auch persönlich gekannt“, so Thomas.

Keith Small von der Universität Oxford sieht damit zumindest einen Raumgewinn für bestehende Randtheorien über die Koranentstehung. Diese gehen davon aus, dass Mohammed und seine frühen Gefolgsleute statt einer himmlischen Offenbarung einen bereits existierenden Text verwendet haben, und diesen lediglich an ihre eigenen politischen und theologischen Zwecke angepasst haben.

Islamische Gelehrte haben dieser Schlussfolgerung heftig widersprochen und sehen in dem Manuskript vielmehr eine Bestätigung der überlieferten Quellen des Korans. Zudem sei die Radiokarbonmethode ohnehin nicht immer zuverlässig und sollte nicht als unbestreitbare Tatsache betrachtet werden, so etwa Mustafa Shah von der Universität London.