Sprechen Ärzte von einem Delirium oder Delir, meinen sie damit einen Zustand akuter geistiger Verwirrung, der mit Halluzinationen und Unruhe einhergehen kann. Antibiotika könnten als Ursache hierfür bislang unterschätzt worden sein, glauben Forscher aus den USA.
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© liveostockimages - Fotolia.comWie bei jedem anderen Medikament von Big Pharma kann es auch bei Antibiotika zu unerwünschten Reaktionen kommen.
Die Wissenschaftler hatten alle verfügbaren wissenschaftliche Berichte unter die Lupe genommen und dabei 391 Fallberichte gefunden, in denen Patienten Antibiotika eingenommen und später ein Delirium oder andere Hirnprobleme entwickelt hatten. Fast die Hälfte der Patienten hatte Wahnvorstellungen oder Halluzinationen, 14 Prozent Krampfanfälle und 15 Prozent litten unter Muskelzuckungen, wie der Neurologe Shamik Bhattacharyya gemeinsam mit Kollegen online in der Fachzeitschrift Neurology berichtet. Eine Messung mit Hilfe des Elektroenzephalogramms (EEG) zeigte in 70 Prozent der Fälle zudem abnormale Hirnaktivitäten.

Die Forscher identifizierten drei Sorten von Delir und anderen Hirnproblemen, die mit Antibiotika in Zusammenhang standen. Typ 1 war durch Krampfanfälle charakterisiert und stand am häufigsten mit Penicillin und Cephalosporinen in Zusammenhang. Typ 2 kennzeichneten Symptome einer Psychose. Dieser Typ stand mit Procain-Penicillin, Sulfonamiden, Fluorchinolone und Makroliden in Zusammenhang. In beiden Fällen setzten die Symptome innerhalb von wenigen Tagen nach der Einnahme ein. Wurden die Tabletten abgesetzt, verschwanden auch die Symptome wieder. Stärker verzögert war die Reaktion bei Typ 3, der sich durch unnormale Gehirnscans und beeinträchtigte Muskelkoordination zeigte. Bei diesem Typ fanden die Forscher einen Zusammenhang zu Metronidazol.

Die Ergebnisse könnten wichtig sein, weil Antibiotika nicht zwingend zu den ersten Medikamenten zählen, an die Ärzte bei einer akuten geistigen Verwirrung denken. Wer ein Antibiotikum verordnet bekommt, sollte dies aber nicht aus Angst vor möglichen Nebenwirkungen nicht einnehmen oder absetzen. Damit kann man Schaden anrichten, denn beim vorzeitigen Absetzen des Arzneimittels werden nicht alle Bakterien abgetötet. Die verbliebenen Erreger können dann resistent werden oder die Infektion wiederbeleben, gegen die das Antibiotikum verordnet wurde.

HH