Nach einem schweren Erdbeben der Stärke 7,8 auf der Richter-Skala steigt die Zahl der Toten in Ecuador weiter an. Wie Präsident Correa mitteilte, zählen die Behörden derzeit 272 Tote. Zudem wurden Tausende Menschen bei dem Beben verletzt.
erdbebem ecuador
© dpa/Jose Jacome
Beim schwersten Erdbeben seit Jahrzehnten in Ecuador sind nach jüngsten Angaben mindestens 272 Menschen ums Leben gekommen. Dies teilte Präsident Rafael Correa am Sonntag vor Ort mit. Das Beben der Stärke 7,8 erschütterte am Samstagabend (Ortszeit) weite Teile des Andenstaates und richtete große Zerstörung an. Zahlreiche Gebäude, darunter Hotels, stürzten ein und begruben Menschen unter sich. Bergungskräfte suchten in den Trümmern nach Verschütteten.



Knapp 3000 Verletzte


Es war das schwerste Erdbeben in Ecuador seit 1979. Correa, der sich während des Erdbebens im Vatikan aufhielt und von dort direkt ins Unglücksgebiet reiste, sprach von einer "enormen Tragödie". Die Zahl der Todesopfer werde "vermutlich noch bedeutsam" ansteigen, sagte er am Sonntag vor Ort. Sein Stellvertreter Jorge Glas gab die Zahl der Verletzten mit mindestens 2527 Menschen an. Nach Angaben der kanadischen Behörden waren zwei Kanadier unter den Todesopfern.

Landesweit wurde der Ausnahmezustand verhängt. Laut Glas wurden 14.000 Sicherheitskräfte, 241 Mediziner und zwei mobile Krankenstationen in die am stärksten betroffenen Regionen geschickt. Verstärkung wurde aus Kolumbien und Mexiko erwartet.

Das Beben traf vor allem die bei Touristen beliebte Pazifikküste Ecuadors. Es war sogar im Norden von Peru und im südlichen Kolumbien zu spüren. Das Epizentrum lag 170 Kilometer nordwestlich der ecuadorianischen Hauptstadt Quito.

"Pedernales ist verwüstet"

Der Bürgermeister des im Epizentrum gelegenen Urlaubsortes Pedernales am Pazifik rechnete mit bis zu 400 Toten allein in seiner Stadt - viele von ihnen könnten in den Trümmern der rund 40 eingestürzten Hotels liegen. "Pedernales ist verwüstet", sagte Bürgermeister Gabriel Alcívar. "Wir brauchen Hilfe. Wir brauchen Medikamente, Wasser und Lebenmittel, um den Menschen zu helfen."

Berichte von Überlebenden gaben eine Ahnung von der Wucht der Erschütterungen. "Es war, als ginge die Welt unter. Häuser krachten zusammen, Lichter gingen aus, die Menschen sind total verzweifelt, unter den Trümmern liegen Verschüttete", schilderte die 40-jährige Hausfrau Miriam Santana aus der Stadt Manta ihre Erlebnisse. Auch in Portoviejo und Umgebung lagen Häuser in Trümmern.

Auch in der Hauptstadt Quito wurden Gebäude beschädigt. Alle öffentlichen Veranstaltungen wurden dort abgesagt. Das Beben dauerte etwa eine Minute. Dem Hauptbeben schlossen sich rund 55 Nachbeben an.

Die 60-jährige María Torres erlebte das Beben in Quito, wo Lichtmasten und Kabel hin- und herschwankten. "Mein Gott! Das war das schlimmste Erdbeben in meinem ganzen Leben. Es dauerte eine ganze Weile. Mir war schwindlig, ich wollte auf die Straße rennen, aber ich konnte nicht - zu sehr drehte sich mir der Kopf", sagte sie.

Gefängnis-Insassen flohen

Die größten Schäden gab es im Nord- und Südwesten des Landes. Aber sogar aus dem 400 Kilometer vom Epizentrum entfernten Guayaquil, der größten Stadt des Landes, wurden Schäden gemeldet: Nach Behördenangaben stürzte eine Brücke ein, dabei wurde ein Autofahrer getötet. Ein Mädchen starb, als das Dach eines Einkaufszentrums zusammenbrach.

Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini stellte rasche finanzielle und technische Hilfe Europas in Aussicht. Ecuadors Präsident Correa gab 600 Millionen Dollar (532 MIllionen Euro) Nothilfe frei. Mehr als 14.000 Mitarbeiter der Sicherheitskräfte und zwei mobile Krankenhäuser wurden in die Katastrophenregion entsandt.

Rund hundert Insassen eines Gefängnisses in der westlichen Stadt Portoviejo nutzten das Erdbeben, um zu fliehen. Dies teilte Justizministerin Ledy Zuniga über den Internet-Kurzbotschaftendienst Twitter mit. 30 von ihnen seien wieder gefasst worden, einige seien freiwillig zurückgekommen. Nach den restlichen Flüchtigen werde gesucht.

fas/dpa