Alexis Tsipras Griechenland
© Reuters/Alkis Konstantinidis
Auf Initiative des griechischen Premiers Alexis Tsipras haben die Staats- und Regierungschefs von Italien, Zypern, Portugal, Malta und Frankreich in Athen darüber diskutiert, dass sich die EU verstärkt mit den Problemen ihrer Länder befassen sollte. Vor dem EU-Gipfeltreffen am 16. September in Bratislava zeichnet sich eine Spaltung in der Union ab.

Tsipras scheint den Anwalt für die südlichen EU-Länder spielen zu wollen. Bei einem Treffen mit den Staats- und Regierungschefs der südeuropäischen Länder forderte er sie auf, die aktuelle Lage in Europa neu zu definieren. Tsipras zufolge sind die „Nordländer“ unter der Führung von Deutschland, Österreich, Finnland und den Niederlanden mit ihrer strengen Sparpolitik zu weit gegangen. Darüber hinaus würde die Weigerung der nördlichen EU-Länder, Flüchtlinge aufzunehmen, die ohnehin schwache Infrastruktur der Länder des „Mittelmeerklubs“ noch mehr belasten. „Wir müssen zusammen entscheiden, welche Union wir sind - die deutsche oder doch die europäische“, zitierte die britische Zeitung „The Times“ den griechischen Premier.

Am Samstag hatten die EU-Finanzminister in Bratislava die Finanzlage Griechenlands besprochen. Unter anderem wurde die Möglichkeit erörtert, Griechenland die nächste Tranche in Höhe von 2,8 Milliarden Euro zu gewähren. Als Voraussetzung dafür müssen die Griechen jedoch Reformen zur Festigung ihrer Wirtschaft umsetzen.


Kommentar: Reformen, die nur zu Verschlechterungen für das griechische Volk führen.


Der Regierung in Athen konnte bislang jedoch nur zwei von insgesamt 15 Forderungen der Kreditgeber erfüllen, wie der EU-Kommissar für Finanzpolitik, Pierre Moscovici, nach den Gesprächen in Bratislava mitteilte. Ihm zufolge besteht die letzte Chance für die Tsipras-Regierung darin, „die Reformen im letzten Moment zu beschleunigen“. Der Chef der Eurogruppe, Jeroen Dijsselbloem, forderte Athen ebenfalls dazu auf, dass Tempo bei den Reformen zu erhöhen.

Der Grund dafür, dass der griechische Premier Berlin unter Druck setzt, ist klar: Für ihn wird es äußerst schwierig sein, die geforderten Reformen umzusetzen. Nach Angaben der „Financial Times“ verliert seine Partei Syriza massiv an Zustimmung. Auch Frankreich und Italien sowie Portugal und Spanien wollen die strengen Auflagen bei den Haushaltsdefiziten lockern. Die europäische Spaltung wird auch durch politische Diskrepanzen verstärkt. An den Gesprächen in Athen beteiligten sich linke Staats- und Regierungschefs, während die nördlichen Länder in der Regel von Rechtzentristen regiert werden.

Die Forderungen der „Südländer“ scheinen auf den deutschen Finanzminister Wolfgang Schäuble allerdings keinen großen Eindruck gemacht zu haben. Wenn sich Sozialisten miteinander treffen, lohne es sich kaum, etwas besonders Kluges zu erwarten, sagte er.


Ob eine Spaltung der EU realistisch ist? „Ich denke nicht, dass der südliche Block die Kräfte oder den Wunsch hat, den nördlichen Ländern unter der Führung von Deutschland Widerstand zu leisten“, so der russische Europa-Experte Aleksandr Tewdoj-Burmuli. „Sie sind zu anfällig und von den ‚Nordländern‘ in vielen Hinsichten zu abhängig, als dass sie bereit wären, ihre Tagesordnung zu durchkreuzen“. Der Experte wies darauf hin, dass es vor allem Berlin sei, das Geld für Südeuropa bewillige und viele Migranten aufnehme.

„Das Treffen in Bratislava wird wohl nicht ruhig verlaufen, und es werden auch Probleme einzelner Regionen besprochen“, betonte Tewdoj-Burmuli. „Aber die EU-Führungspolitiker sind gewissenhaft genug, um bei solchen Treffen reale Probleme zu lösen. Deshalb ist nicht zu erwarten, dass das Hauptereignis dieses Treffens die Auseinandersetzung des südlichen Blocks mit dem nördlichen sein wird“.