Nach dem jüngsten, einstündigen Telefongespräch zwischen Wladimir Putin und Donald Trump loben russische Experten die neuen Aussichten auf einen gemeinsamen Kampf gegen den Terror, haben aber ihre Zweifel daran, dass sich die wirtschaftlichen US-Sanktionen gegen Russland schnell aufheben lassen.
Trump
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Leonid Sluzki, Chef des Auswärtigen Ausschusses der russischen Staatsduma (Parlamentsunterhaus), sagte der Tageszeitung „Iswestija“, die Vereinbarungen über mehr Koordination im Kampf gegen die Terrormiliz IS („Islamischer Staat“, auch Daesh) seien das wichtigste Ergebnis des Telefongesprächs.

„Diese Vereinbarungen lassen außerdem auf eine breitere Anti-Terror-Kooperation im Allgemeinen hoffen. Dies ist ein ernsthafter Fortschritt im Vergleich zum Kurs der bisherigen US-Administration, die Terrorgruppierungen in Syrien eigentlich Deckung gegeben hatte, um ihre eigenen Interessen in der Region wahrzunehmen“, so Sluzki.

Wie der Kreml mittelte, plädierten Putin und Trump auch für eine „Wiederherstellung von Handels- und Wirtschaftsverbindungen“ zwischen Russland und den USA. Sluzki kommentierte: „Das ist ein positives Signal für Investoren und überhaupt für Aussichten auf eine Normalisierung der Beziehungen zwischen unseren Ländern. Der Ton des Gesprächs, dessen Dauer und die breite Palette der angesprochenen Fragen zeugen davon, dass Trumps Wahlkampf-Rhetorik nicht seinem Tun widerspricht; dass ein Wiederaufbau der russisch-amerikanischen Beziehungen keine Utopie ist. Das war ein guter Anfang.“


Kommentar: Nur Taten zählen und bisher bewährt sich Trump in dieser Hinsicht.


Die geltenden Sanktionen gegen Russland lassen sich allerdings laut russischen Experten kaum schnell aufheben. Der politische Analyst Sergej Karaganow sagte dem Blatt: „Es wird Donald Trump sehr schwer fallen, die Sanktionen sofort abzuschaffen. Ihm wurden die Hände absichtlich gebunden. Die Atmosphäre der bilateralen Beziehungen hat sich aber bereits geändert. Allerdings handelt es sich vorerst nur um Erwartungen, die sich nicht unbedingt bestätigen werden. Die Einleitung eines Dialogs mit Russland ist für Trump zwar wichtig, aber nicht vorrangig.“

Der russische Auslandsexperte Fjodor Lukjanow sagte der Tageszeitung „Moskowski Komsomolez“: „Es wäre sinnlos, zweitrangige Dinge wie Sanktionen gleich am Anfang des ersten Telefonats anzusprechen. Erstens haben sich die beiden Staatschefs erst einander bekannt gemacht. Zweitens sind die Sanktionen nicht die Ursache, sondern eine Konsequenz der allgemeinen Politik. Die Staatsführungen Russlands und der USA werden versuchen, sich darüber klar zu werden, wer was will, wo die Wünsche zusammenfallen und wo grundsätzliche Differenzen vorhanden sind. Erst danach werden sie über die Sanktionen reden.“

Lukjanow prognostizierte, nach diesem Telefongespräch von Putin und Trump werde sich der US-Kongress wahrscheinlich Mühe geben, um die von Barack Obama eingeführten Sanktionen zusätzlich zu bekräftigen und eine Aufhebung durch den Präsidenten zu verhindern.

Der russische Politik-Experte Alexej Martynow kommentierte generell für „Iswestija“: „Bei der Umsetzung seiner Wahlversprechen demonstriert Trump eine sichere Beharrlichkeit. Sein Amtsvorgänger Obama hatte den Dialog zerstört, viele Programme in eine Sackgasse geraten lassen und den Russen eine Skepsis in Bezug auf jegliche US-Initiativen beigebracht. Natürlich beobachten wir Trump mit Vorsicht, setzen uns aber für einen intensiven Dialog ein.“