Für US-Präsident Trump steht fest: Den USA sind "Tausende Fabriken gestohlen worden", heißt es in einem am Samstag veröffentlichten n-tv-Beitrag, der von der Zeitung „Nesawissimaja Gazeta“ teilweise abgedruckt wurde. Es sei an der Zeit, "diese schlechten Freihandelsverträge zu korrigieren", sagte Trump bei der Unterzeichnung zweier Handelsdekrete.
Trump
© REUTERS/ William Philpott
Mit dem ersten Dekret ordnete Trump die Erstellung einer Liste derjenigen Länder und Produkte an, die für das hohe Handelsdefizit der USA von rund 502 Milliarden Dollar (467 Milliarden Euro) verantwortlich sind. US-Handelsminister Wilbur Ross nannte unter den Verantwortlichen ein Dutzend Länder. Neben China zählen dazu auch Kanada, Frankreich, Mexiko, Japan und Deutschland.

Mit dem zweiten Erlass forderte Trump die US-Behörden auf zu prüfen, wie die USA Zölle und Gebühren für von ausländischen Regierungen subventionierte Produkte stärker einfordern und kassieren können. In diesem Bereich hätten die USA 2,8 Milliarden Dollar weniger eingenommen als möglich, sagte Trumps Top-Handelsberater Peter Navarro vor der Unterzeichnung.

Unter den Sünderländern stellt Deutschland ein besonderes Interesse dar, betont die russische Zeitung. Denn in Bezug auf die Wirtschaft ist es das mächtigste EU-Land. Bundeskanzlerin Angela Merkel war es, die nach einer schnellstmöglichen Unterzeichnung der Transatlantischen Handels- und Investitionspartnerschaft TTIP bestrebt war. Es geht im Grunde genommen um ein Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA.

Gegner des Abkommens behaupteten, so die Zeitung weiter, dass US-amerikanische genmodifizierte Erzeugnisse in deutschen Geschäften verkauft und der Gesundheit der Bevölkerung einen Schaden zufügen werden. Dagegen hoffen die Anhänger der transatlantischen Partnerschaft in Deutschland auf eine Aktivierung von Kontakten mit der Trump-Administration. Aber die Losung „America first“, die Trump zur Priorität seiner Aktivitäten als Präsident gemacht hat, setzt vor allem den Schutz der Interessen der US-Industrie voraus.

Eben deshalb hatte die am Freitag gestartete Anti-Dumping-Offensive der USA gegen deutsche Stahlkonzerne bei Bundesaußenminister Sigmar Gabriel scharfe Reaktion hervorgerufen, heißt es ferner im n-tv-Beitrag. Er warf Washington vor, im Anti-Dumping-Verfahren gegen die niedersächsische Salzgitter AG und die Dillinger Hütte im Saarland bewusst Berechnungsgrundlagen verwendet zu haben, die nicht den Regeln der Welthandelsorganisation (WTO) entsprechen. Er versprach, Beschwerde bei der WTO einzulegen. Die Salzgitter AG bezeichnete die Höhe der Strafzölle als "nicht nachvollziehbar". Die Dillinger Hütte kündigte an, die Berechnung prüfen zu lassen.

Salzgitter wurde ein Dumping in Höhe von mehr als 20 Prozent der Selbstkosten zur Last gelegt, verweist die russische Zeitung. Bei Dillinger Hütte beträgt die Zahl etwas mehr als sechs Prozent. Die Strafen dürften rückwirkend für vorangegangene Jahre verhängt werden. Das hat bereits die Lieferung von Stahlgußerzeugnissen an die USA gestoppt. Für den deutschen Stahlgiganten Salzgitter bedeutet das einen sechsprozentigen Umsatzrückgang.

Es entsteht der Eindruck, dass Deutsche und Amerikaner in einen „harten Handelskonflikt“ verwickelt werden könnten, heißt es abschließend im russischen Zeitungsbeitrag. Die Bundesregierung geht davon aus, dass die USA bis 15. Mai über die endgültige Höhe der Strafen entscheiden werden. Berlin beschloss, zur Vorbereitung von Gegenschritten die EU-Kommission zu engagieren.