holi fest
© BLZ/Markus Wächter
Weiße Kleidung ist Pflicht - damit man möglichst bunte nach Hause kommt. In Berlin feiert man das indische Holi-Fest, mit Farbbeuteln und viel Gejohle. Doch was andernorts spirituelle Bedeutung hat, verkommt zum bloßen Event.

Berlin - Indien liegt gleich hinterm Ostbahnhof. Zumindest war das am Wochenende so. Indien war da aber auch nur ein paar Hundert Quadratmeter groß. Im Grunde war es auch nicht viel mehr als eine festgetrampelte und stellenweise ziemlich matschige Wiese.

Doch davon ließen sich die mehrere hundert Partywilligen nicht abschrecken. Denn auf dem Gelände des Postbahnhofs in Friedrichshain stieg das Holi-Open-Air-Festival. Was in Indien ein traditionelles Frühlingsfest ist, sollte in Berlin zu einer Art bunter Sommerparty werden. Wie beim Fest in Indien wurden auch hier kleine Beutel mit Farbpulver in die Höhe geworfen und verstreut.

Pünktlich um 15 Uhr scharte sich dazu die Menschenmasse dicht vor der Bühne zusammen - und der Countdown startete. Wer am Ende nicht voller Farbe sein wollte, ging jetzt schon mal vorsichtshalber in Deckung. Bei Zehn beginnend wurde dann lautstark rückwärts gezählt. Bei Null angelangt, schossen dann die Farbbeutel unter lautem Gejohle in die Luft.

Und tatsächlich entfaltete sich dann auch so etwas ähnliches wie eine bunte Wolke. Auch wenn diese bei weitem nicht so imposant aussah, wie im Werbetrailer mit dem indischen Vorbild. Nach wenigen Sekunden war dann auch schon wieder alles vorbei. Jetzt gab es nur noch eines: Musik aufdrehen und tanzen.

Den ganzen Vormittag über war noch angeregt auf Facebook diskutiert worden. Findet das Festival wohl statt - oder nicht. Denn der Blick zum Himmel und der Blick in den Wetterbericht verhießen nichts Gutes. Und das triste Einheitsgrau machte deutlich, dass man an diesem Sonntag wohl mit nicht viel mehr rechnen konnte als Regen. Dieser hatte am Morgen schon weite Teile des Festival-Geländes unter Wasser gesetzt. Die Organisatoren überlegten sogar kurzzeitig, das Open Air ganz abzusagen.

Schöne Aussichten

Manche Besucher konnten dem vermeintlich schlechten Wetter jedoch auch etwas Gutes abgewinnen. „Mit dem Regen wird alles viel fetter“, sagte ein junger Mann. Ein anderer freute sich, dass durch den Regen sogar schöne Aussichten anderer Art zu erleben waren: „Viele Frauen haben etwas Weißes getragen, da lohnte es sich zu kommen.“ Denn ein weißes Oberteil war sozusagen Pflicht - sowohl bei Männern als auch bei den Frauen.

Denn wer vom Holi-Fest farblos nach Hause ging, war im Prinzip nicht wirklich dabei. Die Farben, so versicherte der Veranstalter, seien wieder auswaschbar und hautverträglich. „Aber ich bin doch lieber auf Nummer sicher gegangen und habe mir was Altes angezogen“, sagte Philipp Krämer. Wer den Farbeffekt besonders auskosten wollte, rieb sich Arme und Gesicht zusätzlich noch mit Sonnencreme oder Kokosöl ein.

Eigentlich ist das Holi-Fest ein traditionelles indisches Frühlingsfest. Man feiert es am Vollmondtag des Monats Phalguna. Nach unserer Zeitrechnung ist das in den Monaten Februar und März. Holi - das ist das Fest der Farben. Man kennt das imposante und farbenfrohe Spektakel mittlerweile auch aus der Werbung. Der Kamera-Hersteller Nikon nutzt es beispielsweise für seine Werbekampagne „I am“.

Keine Symbolkraft

In der Regel dauert das Fest zwei Tage. In manchen Regionen kann es aber auch bis zu zehn Tage lang gehen. Man feiert dabei nicht nur den Beginn des Frühlings, sondern auch in einem spirituellen Sinne den Sieg des Guten über das Böse. Es ist eines der ältesten indischen Feste überhaupt - mit einer tiefen Symbolkraft. Denn am zweiten Tag des Festes passiert etwas Erstaunliches: Die strikten Grenzen zwischen den einzelnen Kasten, zwischen den sozialen Schichten, zwischen Jung und Alt, Arm und Reich fallen weg. An diesem einen Tag sind alle gleich. Von dieser Symbolkraft war beim Berliner Holi-Fest nicht viel zu spüren.

Herber Charme

Der Veranstaltungsort hinter dem Postbahnhof versprühte den eher herben und rustikalen Charme einer Industriebrache. Insgesamt erinnerte das Ganze auch weniger an ein spirituelles Ereignis als vielmehr an eine schnöde Techno-Party. „Keine Ahnung, wo das ursprünglich herkommt oder was das für einen Sinn hat“, gab einer der jungen Besucher offen zu, „ich finde das Ganze einfach nur lustig.“

Andere Besucher sahen das etwas kritischer: Viele beklagten sich über Fehl-Informationen des Veranstalters. Ers hieß es, die Party sei ausverkauft, dann gab es doch noch Restkarten. Über Facebook wurden sogar Karten verschenkt. Denn viele kamen wegen des Regens dann doch nicht. „Ich habe das in Indien mal live miterlebt. Das war damals extrem beeindruckend“, sagte Amalia Hein. Das hier habe mit dem Holi-Fest leider nur wenig zu tun.