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© Matthias JahnEin Zuschauer beobachtete das Gewitter und den Blitz, der beim Künzelsauer Kocherfreibad einschlug.
Es war fast wie ein Bombeneinschlag, erinnert sich Volkmar Bolte an den Montagabend auf dem Campingplatz am Kocherfreibad in Künzelsau. Der Camper aus Westfalen war gerade von einer Radtour zurückgekommen. Auf dem Platz neben ihm baute eine junge Familie ihr Zelt auf. Langsam zog das Gewitter auf. Auch Bolte suchte Schutz unter seinem Zeltvordach, bis er den schrecklichen Knall hörte. "Ich wusste gar nicht, wo es war, aber plötzlich rannten alle auf dem Campingplatz umher." Ein Blitz hatte in eine nur wenige Meter entfernte Esche eingeschlagen.

Stromschlag

Der 44-jährige Vater der Familie, die ihr Zelt aufgebaut hatte, lag auf dem Boden. Sekunden vorher war er zusammen mit den zwei Töchtern unter dem Vorzelt seines Wohnwagens. Beim Blick in die Natur hielt er sich an einer metallenen Stange fest, die das Vorzelt stützte und in den Boden gerammt war. Der Blitz war direkt in den Stamm des etwa 15 Meter hohen Baums abwärts und über eine Wurzel ins Erdreich gelangt.

Die Polizei geht davon aus, dass der 44-Jährige über die Alu-Stange einen Stromschlag bekam. Er wurde sofort zu Boden geschleudert. Auch seine fünfjährige Tochter, die seine Hand gehalten hatte, erlitt einen Stromschlag. "Zum Glück standen die beiden aber auf einer Kunststoffmatte unter ihrem Vorzelt, das hat wahrscheinlich Schlimmeres verhindert", sagt Polizeisprecher Jürgen Baierl. "Die haben ein Riesenglück gehabt." Der Mann erlitt ein Knalltrauma und musste über Nacht ins Krankenhaus. Seine Frau und eine weitere Tochter waren im Wohnwagen.

Einen großen Schaden auf dem Campingplatz gab es indes nicht. Nach bisherigen Erkenntnissen schmorte lediglich ein Stromkabel durch, das über der Wurzel lag. Am Baum selbst ist eine lange Kerbe zu sehen. "Im Grunde rechnet niemand damit, von einem Blitz getroffen zu werden", sagt Uwe Pimpl, Betreiber des Campingplatzes. Jemandem jetzt Vorwürfe zu machen, sei der falsche Weg. Die Familie ist inzwischen wieder komplett, steht aber noch unter Schock. Sie wollen jetzt in Ruhe Urlaub machen und auch nicht in der Zeitung stehen, teilten sie der HZ auf Anfrage mit.

Unwetter

"Das ist der Horror für jedes Autohaus." Jürgen Simon, Verkaufsleiter beim Autohaus Grötzinger, stand am Tor der Werkstatt, als am späten Montagnachmittag die bis zu taubeneigroßen Hagelkörner auf Öhringen niederprasselten. Gegen 17.15 Uhr war das Unwetter herangezogen (wir berichteten). "Alle Autos, die im Freien standen, sind betroffen."

Timo Klaiber zeigt auf Dellen, die der Hagel auf Autos im Freien hinterlassen hat. Nicht anders sieht es im Autohaus Klaiber aus, wie Prokurist Timo Klaiber der HZ gestern sagte. Zu den Autohäusern im Raum Öhringen hinzu kommen hunderte von privaten Autobesitzern, die während des Unwetters mit ihren Fahrzeugen unterwegs waren oder diese im Freien geparkt hatten. Allein im Polizeirevier in Öhringen wurden acht Privatwagen der Beamten beschädigt. Jürgen Baierl: "Die Dienstwagen waren untergestellt."

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© Bettina HenkeRainer Engel (rechts) war gestern bei den Landwirten unterwegs, in deren Obstanlagen und auf deren Äckern der Hagel Schäden angerichtet hat. Friedrich Gebert in Eckartsweiler schätzt die Verluste bei seinen Birnen auf bis zu 80 Prozent.
Schlimm hat der Hagelschlag die Obstbauern um Öhringen und Neuenstein getroffen, deren Anlagen nicht von Hagelnetzen geschützt sind. Wie bei Friedrich Gebert in Eckartsweiler. Auf rund acht Hektar baut er überwiegend Birnen, aber auch Äpfel an. Bei den Birnen seien es bis zu 80 Prozent, die geschädigt wurden. Hundert Prozent Ausfall verzeichnet er gar bei den Äpfeln.

Rainer Engel (rechts) war gestern bei den Landwirten unterwegs, in deren Obstanlagen und auf deren Äckern der Hagel Schäden angerichtet hat. Friedrich Gebert in Eckartsweiler schätzt die Verluste bei seinen Birnen auf bis zu 80 Prozent.Foto: Bettina Henke Gebert: "Es war bereits der dritte Hagel in diesem Jahr, an Intensität stetig zunehmend." Äpfel, die Verletzungen durch Hagelkörner aufweisen, können nicht mehr als Tafelobst auf den Markt kommen. "Zwischen 50 und 80 Prozent, je nach Ort", beziffert Dr. Rainer Engel, Fachdienstleiter Pflanzenbau beim Landwirtschaftsamt, nach den Meldungen der Obstbauern die Schäden.

Doch nicht nur diese hat es hart getroffen. "Gewaltige Schäden hat der Hagel im Mais angerichtet", weiß Engel. Insgesamt schätzt er die vom Hagel betroffene landwirtschaftliche Fläche auf eine dreistellige Hektarzahl. "Genau kann man das schwer sagen." Vom Hagel weitgehend verschont geblieben sind die Wengerter. "In unserem Einzugsgebiet haben wir bis auf Michelbach keine Schäden", meldet Dieter Waldbüßer, Vorstandsvorsitzender der Weinkellerei Hohenlohe.

Heiß gelaufen sind seit Dienstagmorgen die Telefone bei den Versicherern. So auch bei der Sparkassenversicherung in Öhringen, wie Geschäftsstellenleiter Tunay Göc berichtet. Hier wurden vor allem Schäden an Rollläden, Wintergärten, Dachfenstern, Plexiglasdächern und Holzbalkonen gemeldet.