Israelische Behörden haben das Beduinendorf Al-Arakib am vergangenen Donnerstag zum 54. Mal innerhalb von drei Jahren niedergerissen. Hintergrund ist ein im Januar beschlossenes umstrittenes Gesetz, das die Zwangsumsiedlung von etwa 40 000 Beduinen aus der Negev-Wüste in eigens errichtete Siedlungen vorsieht.
Bild
© Northfoto/ Shutterstock
Wie Aziz al-Turi, Bewohner des Dorfes Al-Arakib, gegenüber der palästinensischen Nachrichtenagentur "Ma’an" berichtete, trugen die Sicherheitskräfte bei ihrer Ankunft Gummiknüppel und waren bewaffnet, während die Bulldozer umgehend damit begannen, die Häuser einzureißen. Ein anderer Einwohner sagte, am gleichen Tag seien auch Häuser und andere Einrichtungen in dem nahegelegenen Dorf Abu Kreinat niedergerissen worden.

Das entsprechende Gesetz, das Prawer-Begin-Gesetz, war im Januar mit Unterstützung der Regierung unter Ministerpräsident Benjamin Netanjahu ins israelische Parlament eingebracht worden und forderte neben der Zwangsumsiedlung die Zerstörung von etwa 40 Dörfern, die nach Ansicht des jüdischen Staates "illegal sind". Das Gesetz wurde bereits bei seiner ersten Lesung im Juni verabschiedet. Nun stehen noch zwei weitere Abstimmungen an. Netanjahu erklärte im Vorfeld der Beratungen, dieses Gesetz »macht der Ausbreitung illegal errichteter Häuser durch die Beduinen der Negev-Wüste ein Ende und "führt zu einer besseren Integration der Beduinen in die israelische Gesellschaft"«.

Die Beduinen lehnen die Umsiedlung strikt ab und erklären, sie hätten ihr Land in der Negev-Wüste bereits vor der Errichtung des Staates Israel erworben. Aber die Kaufvereinbarungen wurden nur mündlich abgeschlossen, daher können sie ihre Eigentumsrechte nicht anhand von Dokumenten beweisen.

Die Menschen- und Bürgerrechtsorganisation Amnesty International fordert Israel auf, die »Zerstörung der Häuser der arabischen Beduinen« zu beenden, nachdem israelische Streitkräfte bereits im Juli Al-Arakib wieder einmal niedergerissen hatten. »Der Prawer-Begin-Plan der israelischen Regierung würde die gewaltsame Vertreibung von Zehntausenden arabischer Beduinen, die israelische Staatsbürger sind, nach sich ziehen«, erklärte Philip Luther, Direktor des Nahmittelost- und Nordafrika-Programms von Amnesty International. »Dieser Plan ist schon an sich diskriminierend, setzt sich über internationale Verpflichtungen Israels hinweg und darf unter keinen Umständen hingenommen werden.«

Die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, die Südafrikanerin Navanethem Pillay, verurteilte im Juli das Gesetz ebenfalls und forderte Israel auf, seine Pläne zur Umsiedlung der Beduinen in »offizielle« Städte wie Rahat, Khura und Ksayfe zu überdenken. »Wenn dieses Gesetz in Kraft tritt, wird es die Zerstörung aller Beduinengemeinden beschleunigen und sie zwingen, ihre Häuser aufzugeben. Ihre Rechte auf Landbesitz würden ihnen verwehrt und ihre traditionelle kulturelle Lebensweise und ihr soziales Leben im Namen der Entwicklung erheblich eingeschränkt.«

In Israel leben derzeit an die 210 000 Beduinen, die meisten von ihnen in und am Rande der Negev-Wüste im Süden des Landes. Etwa die Hälfte von ihnen leben in so genannten "illegalen" Dörfern, die von der Grundversorgung abgeschnitten sind. Extreme Armut ist unter ihnen weit verbreitet.

Die israelische Regierung erklärte, sie würde »so vielen [bisher als illegal eingestuften Dörfern] wie möglich« einen rechtlichen Status einräumen, wenn dort bestimmte minimale Kriterien hinsichtlich der Bevölkerung erfüllt wurden. Um welche Kriterien es sich genau handelt, wurde allerdings nie offengelegt.

In der israelischen Zeitung Haaretz widerlegten Yariv Mohar und Moriel Rothman die oft gehörte Behauptung, die Beduinen seien erst vor Kurzem wahrscheinlich aus Saudi-Arabien in die Negev-Wüste gekommen. Sie verweisen auf die Schriften von Zalman David Leontin, einem zionistischen Aktivisten und führenden Vertreter der ersten jüdischen Einwanderung nach Palästina am Ende des 19. Jahrhunderts. In seinem Buch In das Land unserer Väter berichtet er, die im Negev lebenden Beduinen hätten die jüdischen Einwanderer eingeladen, sich in ihrer Nachbarschaft anzusiedeln, und ihnen sogar Land zu günstigen Preisen angeboten. Zudem weisen die Verfasser darauf hin, dass die Beduinen bereits den größten Teil ihres Landes abgetreten hätten und nur ein kleines Restgebiet beanspruchten.