Videospiele und (Online-)Pornografie: Diese zwei Schlagworte sind so omnipräsent wie das Internet selbst. Doch was wir vielleicht als Standard der letzten Jahrzehnte sehen, steht aktuell einmal mehr auf einer schwarzen Liste. Ein Psychologe warnt etwa vor einer globalen Männlichkeitskrise. Was steckt dahinter und ist es wirklich noch zeitgemäß Videogames zu verteufeln?
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© Nathan Rupert via flickr.com
Eigentlich bin ich noch nicht alt genug, um eine “als ich noch jung war”-Geschichte zu erzählen. Doch wir brauchen nur einmal 15 bis 20 Jahre zurückzusehen. In meiner Jugend blühte schon das Videospiel als Entertainment für alle Jugendlichen. Wir verbrachten Stunden vor unserem N64 oder der Playstation und manche konnten sich den teuren Gaming PC von ihren Eltern wünschen und waren die Größten. Doch zu meiner Jugend gab es weder das heutige Ausmaß an Onlinegames oder an pornografischem Material im Internet, noch hatten wir überhaupt die Möglichkeit viel Bild- und Videomaterial im Web zu betrachten.

Diese Zeiten haben sich geändert und die Generation von 1990 bis 2000 ist längst erwachsen oder zumindest ordentliche Teenager. Mit ihr wuchs auch das Internet und eine milliardenschwere Industrie hat sich rund um Gaming und Pornografie entwickelt. Diese Generation, dazu zähle ich mich selbstverständlich auch, kennt nur eine Welt mit Videogames. Wir sind so darauf vernarrt, dass wir das Spielen selbst am Smartphone und Tablet revolutioniert haben. Zwischendrin schauen wir dann noch einen Sex-Clip, denn Online-Porn ist schließlich fast überall akzeptiert.


Kommentar: Die Akzeptanz muss leider nichts Gutes heißen, sondern ist eher ein Zeichen, dass es mit der Gesellschaft bergab geht, d.h. sie moralisch verfällt.

Die geheime Pandemie Teil 2 - Online-Sexsucht - Der Ausstieg aus der Sucht


Unsere Generation geht also mit Online-Pornographie und Videospielen um, als ob es das Selbstverständlichste auf der Welt sei - wir kennen es schließlich nicht anders. Und so konsumieren wir täglich und sind uns keinem Fehlverhalten dabei bewusst.

Warum ein Psychologe Videogames und Pornografie in der Kombination kritisch sieht

Der Stanford-Professor Philip Zimbardo veröffentlichte zuletzt aber eine Studie über eben jenes Problem: Das allgegenwärtige Gaming und die Pornos. Zimbardo geht davon aus, dass vorwiegend Männer sich in dieser Welt wohlfühlen. Bei einigen von ihnen, exzessiven Usern, würde es aber zu Veränderungen im Gehirn kommen. Und auf diesem Hintergrund wäre das Problem einzigartig in der Menschheitsgeschichte. Zimbardo nennt das “Man (Dis)Connected” und berichtete darüber bereits 2011 in einem TED-Talk.


Doch dieser Clip ist bereits schon wieder fast 4 Jahre alt, fasst die Problemstellung aber gut zusammen. In seinem aktuellen Werk “Man (Dis)Connected” geht Zimbardo darauf ein, wie Technologie wichtige Aspekte eines Mannes verkümmern lässt. Als Aufhänger dieser Männlichkeitskrise dient ein weiteres Mal das Gaming und die Online-Pornos.

Der Fokus seiner Studie liegt dabei auf einer bestimmten Gattung Mann, die aus eben jener Generation emporgewachsen ist, die ich eingangs erwähnte. Es geht um Männer, die sich in sozialer Isolation Videospielen hingeben, allein in ihrem Zimmer. Die frei zugängliche Pornograpfie dient in dieser Kombination als Lückenfüller in der Pause zwischen dem Spielen, als Erholung.

Zimbardos Studie wurde dabei in den USA durchgeführt. Hier würde seine Zielgruppe durchschnittlich zwei Stunden pro Woche Pornos konsumieren. Das sind 17 Minuten am Tag, nur so am Rande.

Und hier gelingt dem Psychologen auch das entscheidende Fazit. Ein Teil unserer Generation, eben jene exzessiven Spieler und Masturbationskünstler, wären nachhaltig physischen Nebenwirkungen ausgesetzt. Ihre Gehirnfunktion würde sich teilweise so weit verändern, dass sie im realen Leben ständig an Gaming denken würden und bei Thema Sex oder Erotik lieber einen Porno ansähen, anstatt sich auf die Suche nach einer Partnerin zu machen.

In meinen Augen etwas übertrieben: Zimbardo geht in seinen Behauptungen so weit, dass er vereinzelt von einer “Porno induzierten erektilen Dysfunktion” (PIED) redet. In Situationen in denen Männer eine Erektion bekommen sollten, also etwa bei Körperkontakt mit einer realen Frau, würden sie keinen mehr hoch bekommen. Sie wären so sehr auf ihre eigenen sexuellen Fantasien versteift, dass sie der reguläre Sex nicht mehr antörnt. Und so kommt der Psychologe zu dem Schluss, dass einem Teil unserer Generation das nötige Werkzeug eines Mannes fehlt, etwa die soziale Kompetenz und das Verlangen nach Fortpflanzung beziehungsweise Sex.

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Manipulieren wir uns wirklich freiwillig mit Videogames und Pornos?

Kurz durchschnaufen, jetzt geht es weiter. Natürlich sind Zimbardos Thesen nicht zwangsläufig korrekt. In einem Beitrag der Psychology Today wird beispielsweise der Zusammenhang zwischen Online-Pornografie und nicht stattfindender Erektion abgelehnt. Allgemein halte ich den Begriff der Porno-Sucht spätestens seit dem Dschungelcamp 2013 als wenig seriös.


Kommentar: Auch ist das Dschungel-Camp nicht seriös und die Frage ist, was für Typen sich dort darstellen.


Doch die Diskussion, welche Zimbardo mit seinen öffentlichen Auftritten und seiner letzten Studie da losgetreten hat, halte ich für wichtig. Tatsächlich konsumieren wir einfach, ohne uns wirklich Gedanken zu machen, ob dieses uneingeschränkte Nutzungsverhalten nachhaltig für uns selbst gut ist. Kann man(n) wirklich stundenlang spielen und masturbieren, ohne dass sich etwas in seinem Verhalten verändert? Werden wir vielleicht nicht doch ein wenig mit sexuellen und visuellen Reizen überflutet und verwehren uns dabei teilweise den Zugang zur Realität, Freunden und Partnern?


Tatsächlich mache ich an dieser Stelle auch einmal auf meine Heimatstadt Bayreuth aufmerksam. Hier wird zum Wintersemester an der Universität Bayreuth der deutschlandweit erste Masterstudiengang “Computerspielwissenschaften” angeboten. Ich halte es für wichtig, dass man sich mit der Kultur meiner Generation endlich wissenschaftlich auseinandersetzt. Und eben in jenem Studiengang soll das Gaming als Kulturgut aufgefasst werden und weniger auf einem technischen Hintergrund durchleuchtet werden. Und das heiße ich gut. Denn erst wenn das Videospiel als Kulturgut analysiert und anerkannt ist, und das ist es mittlerweile unweigerlich, erst dann kann auch unsere Generation verstanden werden und Inhalte wie Zimbardos “Man (Dis)Connected” können noch besser durchleuchtet werden. Ich erhoffe mir daher aus der Kombination aus Psychologie und Computerspielwissenschafften folgende Fragestellung: Warum handelt diese Generation so wie sie handelt?