Dieser Samstag ist in Köln ein Tag des Protests, Pegida-Unterstützer und ihre Gegner werden sich zeitgleich gegenüberstehen. Ein lautstarkes Zeichen setzten aber zunächst rund 2500 Frauen.

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Kölns heißkalter Samstag beginnt gegen 11.30 Uhr. Während der Breslauer Platz auf der Bahnhofsrückseite noch sukzessive von Polizeikräften umstellt wird, obwohl erst wenige Teilnehmer der ab 14 Uhr angesagten Demonstrationen den Weg dorthin gefunden haben, füllt sich gegen zwanzig vor zwölf plötzlich die breite Treppe zwischen Dom und Bahnhof.

Immer mehr Frauen kommen zusammen, zeigen Plakate und Farben: Frauenrechtegruppen sind da vertreten, Kirchen und Marxisten. Ihre vorgebrachte Forderung lautet unisono: Jede Frau muss sich jederzeit frei bewegen dürfen. Manche formulieren es knackiger: Hände weg! Fass mich nicht an!

Und dann geht es los: Zehn Minuten früher als angesagt, beginnt ein gellendes Pfeifkonzert. Schnarren untermalen das, Trompeten, Posaunen, Trommeln. Immer mehr Frauen kommen, einzelne Männer gesellen sich dazu. Viele Reisende auf dem Weg zum oder vom Bahnhof machen spontan mit, und da gegen 13 Uhr auf dem nahen Neumarkt eine große Karnevalssitzung beginnt, sind zahlreiche Kostümierte darunter.

Das setzt den Ton: Er ist trotzig-heiter, die Frauen feiern auch sich selbst. Es ist ein beeindruckender, gellend lauter Protest, in dem sogar das Läuten der Glocken der umliegenden Kirchen ab 12 Uhr untergeht - so wie das unheimliche Heulkonzert der Sirenen: Die Stadt hat ab Mittag auch einen insgesamt 13-minütigen Probelauf ihrer Signalanlagen angesetzt. Alles verschmilzt zu einer ohrenbetäubenden Kakophonie.

Ein mächtiges Zeichen des Selbstbewusstseins

Nach zwanzig Minuten beginnen die obersten zwei Reihen zu schunkeln, langsam legt sich ein kölsches Lied über den Lärm. Bald singen und schunkeln alle. Als das Lied beendet ist, brandet noch einmal das Pfeifen auf. Es ist ein mächtiges Zeichen des Selbstbewusstseins und des Trotzes.

Was jetzt noch folgen könnte, kann nur weniger freundlich ausfallen. Ab etwa 14 Uhr wollen sich Pegida-Gegner hinter dem Bahnhof formieren. Auf dem gleichen Platz soll eine Pegida-Demonstration beginnen, für die auch die NPD, die Rechte, die AFD und andere rechte Gruppen geworben haben. Aktuell werden rund 1000 Teilnehmer erwartet, die unter dem Motto "Pegida schützt!" demonstrieren wollen.


Beide Demonstrationen sollen am Bahnhof beginnen und dann als Demonstrationszüge verschiedene Wege durch die Stadt nehmen. Die Pegida-Gegner wollen ihren Zug zweiteilen: Für die Polizei ergäbe sich damit die Aufgabe, drei separate Demonstrationszüge unter Kontrolle zu halten, die sich am Ende wieder am Bahnhof treffen sollen.

Man rechne mit Gewalt von links und rechts, sagt ein Polizeisprecher. Rund um den Breslauer Platz seien 1700 Beamte im Einsatz, eine Hundestaffel und zwei Wasserwerfer seien vor Ort. Die Polizei wolle sich bemühen, verlorenes Vertrauen aus der Silvesternacht wiederherzustellen.


Umliegende Straßen freigegeben

Konkret soll das unter anderem funktionieren, indem man linke und rechte Demonstranten auf Abstand hält - vor Beginn der Veranstaltungen sind es etwa 50 Meter, die die Gruppen trennen. Bei ersten Schlägereien am Rand ist die Polizei auch sofort präsent.

Um einer drohenden Überfüllung des Platzes entgegenzuwirken, hat die Polizei entschieden, auch die anliegenden Straßen für die Demonstrationen zu öffnen. Unterstützer der Pegida-Demonstration werden zum Teil von der Polizei zum Ort des Geschehens begleitet; sie haben es nicht leicht, durch die Masse an Gegnern voranzukommen. Gegen 14 Uhr, zum offiziellen Demostart, ist die Pegida-Gruppe rund 400 bis 500 Personen groß und wird von der Polizei eingekesselt.

Laut Polizeischätzungen haben sich eine halbe Stunde zuvor rund 250 Pegida-Anhänger am Breslauer Platz befunden, ihnen gegenüber etwa 1500 Gegendemonstranten. Ein Verhältnis der Gruppengrößen von knapp 1:5 oder 1:6 scheint einem Beobachter vor Ort einigermaßen realistisch. Auf der einen Seite sind viele glatzköpfige Menschen zu sehen, auf der anderen Autonome, aber zum Beispiel auch Unterstützer der Jusos oder der Linken oder des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB). Auch "Refugees welcome"-Schriftzüge sind zu erkennen.

Der Aufbruch der Demonstrationszüge verzögert sich. Die Pegida-Anhänger können erst starten, wenn sich auch die Gegendemo in Bewegung setzt - doch deren Veranstalter scheinen es nicht eilig zu haben. Zudem kämpft man bei Pegida mit einem Problem, das bereits von anderen Veranstaltungen bekannt ist: Es mangelt an Ordnern ohne Vorstrafen, per Lautsprecherdurchsage wird nach geeigneten Kandidaten gesucht.

Bei den Polizisten ist die Stimmung mittags noch leidlich gelöst. Beamte, die die Zeit finden, tanken schnell noch einen Kaffee. Viel sagen können sie nicht. "Wie lang das heute gehen wird, wollen Sie wissen?", sagt einer. "Ich hab meiner Frau gesagt, sie muss kein Essen machen."