Die Halbinsel Krim
© WikipediaDie Halbinsel Krim
Die Zeit wartet auf niemanden, doch auf die Krim anscheinend schon. Der Sprecher des Krim-Parlaments, Vladimir Konstantinov, hat bestätigt, dass es am 25. Mai eine Volksabstimmung über eine größere Unabhängigkeit von der Ukraine geben wird.

Bis dahin bleibt die Krim heiß und schwül wie der Karneval in Rio - denn in Sachen Krim dreht sich alles um Sewastopol, den Heimathafen der russischen Schwarzmeerflotte.

Wenn die North Atlantic Treaty Organization ein wilder Stier ist, dann ist dies die rote Fahne, die alle anderen roten Fahnen aussticht. Auch wenn Sie im tiefsten Alkohol-Nirvana sind und die Sorgen wegtanzen beim Karneval in Rio - oder New Orleans, oder Venedig, oder Trinidad und Tobago -, wird Ihr Gehirn registriert haben, dass es der ultimative feuchte Traum der NATO ist, einer westlich orientierten ukrainischen Marionetten-Regierung zu befehlen, die russische Marine aus ihrer Basis in Sewastopol hinaus zu werfen. Der ausgehandelte Mietvertrag gilt bis 2042. Drohungen und Gerüchte über Nachverhandlungen sind bereits entstanden.

Die absolute Mehrheit der Halbinsel Krim wird von Russischsprachigen besiedelt. Sehr wenige Ukrainer leben dort. Im Jahr 1954 dauerte es nur 15 Minuten für den Ukrainer Nikita Chruschtschow - den mit den knallenden Schuhen bei der UN -, die Krim als ein Geschenk an die Ukraine (damals Teil der UdSSR) zu geben. In Russland wird die Krim als russisch wahrgenommen. Nichts wird diese Tatsache ändern.

Wir stehen nicht vor einem neuen Krim-Krieg - noch nicht. Nur bis zu einem gewissen Punkt. Feuchte Träume der NATO sind eine Sache, etwas ganz anderes ist es, sie zustande zu bringen - wie etwa die Beendigung der russischen Flottenbewegungen, Sewastopol routinemäßig über das Schwarze Meer durch den Bosporus zu verlassen und dann Tartus, den Mittelmeerhafen Syriens zu erreichen. Also ja, es geht mindestens genauso viel um Syrien wie um die Krim.

Die neue ukrainische Orange, Mandarine, Campari, Aperol-Spritz oder Tequila Sunrise-Revolution scheint so weit den NATO-Gebeten zu entsprechen. Aber es ist noch ein langer und steiniger Weg für die NATO, die 1850er nachzuspielen und den Original Krimkrieg zu remixen.

Für die absehbare Zukunft werden wir ertrinken in einem Meer von bedeutungslosen Plattitüden. So warnt Pentagon-Boss Chuck Hagel Russland, sich aus den Turbulenzen heraus zu halten, während die Verteidigungsminister der NATO den erforderlichen Haufen von “Aussagen, die niemand liest” herausgeben, die “Unterstützung für die neue Führung” betreffen und die Medien die Bevölkerung beruhigen, dass dies kein neuer Kalter Krieg ist. [1]

Tanzt zu meiner Strategie, ihr Lutscher

Bucht von Balaklawa
© WikipediaBucht von Balaklawa
Wo ist HL Mencken, wenn wir ihn brauchen? Niemand hat jemals Geld beim Unterschätzen der Verlogenheit des Pentagon / NATO / CIA / State Department-Systems verloren. Gerade jetzt, wo die ukrainische Politik von der Obama-Regierung an die Interessen von neo-con Victoria “F ** k die EU” Nuland vergeben wurden, verheiratet mit Dubya Liebling neo-con Robert Kagan.

Wie Immanuel Wallerstein bereits festgestellt hat, sind [2] Nuland, Kagan und die neo-con Bande sowohl stark von der Angst gezeichnet, dass Russland die Ukraine “dominiert”, als auch vor einer sich langsam abzeichnenden, und schließlich durchaus möglichen geopolitischen Allianz zwischen Deutschland (mit Frankreich als Junior-Partner) und Russland. Dies würde eine Gegenmacht im Herzen der Europäischen Union schmieden und ein Schwinden der zunehmend wackligen amerikanischen Macht bedeuten.

Und genau wie die aktuelle Ausgestaltung der wackeligen amerikanischen Macht ist die Obama-Regierung wirklich in einer Klasse für sich. Sie ist jetzt in ihrem eigenen, selbstgebrauten “Achsen”-Labyrinth verloren. Welche Achse dreht sich zuerst? Die nach China? Aber dann müssen wir zuerst den Iran drehen - um die Ablenkung im Nahen Osten zu beenden. Oder vielleicht auch nicht.

Nehmen Sie dieses neueste Ton-Bruchstück von US-Außenminister John Kerry, in Bezug auf den Iran: “Wir haben die Initiative ergriffen und Bemühung unternommen zu versuchen herauszufinden, ob, bevor wir in den Krieg ziehen, es vielleicht tatsächlich eine friedliche Lösung gibt.”

So plötzlich geht es ist nicht mehr um ein Atomabkommen, das möglicherweise im Jahr 2014 erreicht werden kann, es geht um “bevor wir in den Krieg ziehen.” Es geht um die Bombardierung eines möglichen Deals, so dass das Imperium ein Land bombardieren kann - wieder einmal. Vielleicht ist das auch nur ein feuchter Traum; geliefert von den Likudnik-Marionettenmeistern.

Der große Michael Hudson hat spekuliert, dass “multi-dimensionales Schach” hinter den “USA-Bewegungen in der Ukraine” stünde. Nicht wirklich. Es ist mehr wie “wenn wir in China nichts drehen können - noch - und der Dreh im Iran sowieso fehlschlägt (weil wir es so wollen), können wir auch woanders drehen. Oh ja, an dem nervtötenden Ort, der uns die Bombardierung Syrien verhindert hat, er heißt Russland. Und das alles unter der profunden Leitung von Victoria “F ** k the EU” Nuland. Wo ist ein neo-Aristophanes zur Niederschrift dieser Wunder?

Und nie die US-Unternehmensmedien vergessen. Dieser CNN-Hack jüngst mit dem Amanpouring über das Budapest-Abkommen - die Betonung Russland solle der Ukraine fernbleiben. Nun, sichtlich hat eine Horde von Produzenten des “Ratings fallen-auf-den-Boden”-CNN das Budapest-Abkommen noch nicht einmal gelesen, welches, wie Francis Boyle, Professor der Universität von Illinois festgestellt hat aussagt, dass “die USA, Russland, die Ukraine und Großbritannien unverzüglich gemeinsam “beraten”müssen - was bedeutet, sich zumindest auf der Ebene der Außenminister zu treffen”.

Also, wer bezahlt die Rechnungen?

Schwalbennest auf der Krim
© WikipediaSchwalbennest auf der Krim
Der neue Ministerpräsident der Ukraine, Arsenij Jazenjuk, ist - was sonst - ein “technokratischer Reformer”, Code für westliche Marionette. [3] Die Ukraine ist ein (unrettbar) hoffnungsloser Fall. Die Währung ist seit Beginn des Jahres 2014 um 20% gefallen. Millionen von Arbeitslosen in Europa wissen, dass die Europäische Union nicht die Mittel zur Rettung des Landes hat (vielleicht können die Ukrainer den ehemaligen italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi um ein paar Tipps fragen).

In Pipelineistan-Sprache ausgedrückt, ist die Ukraine ein Anhängsel Russlands. Es ist russisches Gas, das durch die Ukraine zu den europäischen Märkten wandert. Und die ukrainische Industrie hängt vom russischen Markt ab.

Werfen wir einen genaueren Blick auf die Brieftasche der neuen “Aperol Spritz-Revolution”. Jeden Monat lautet die Erdgasimportrechnung aus Russland auf rund 1 Mrd. US-Dollar. Im Januar hatte das Land zusätzlich 1,1 Milliarden US-Dollar in die Rückzahlung der Schulden zu verbringen. Die Devisenreserven stürzten von 20,4 auf 17,8 Milliarden Dollar. Die Ukraine hat im Jahr 2014 Mindestrückzahlungen von nicht weniger als 17 Milliarden Dollar zu leisten. Sie musste Ende der vergangenen Woche sogar eine Eurobond-Emission über 2 Mrd. Dollar abbrechen.

Ehrlich gesagt, der russische Präsident Wladimir Putin - auch bekannt als Vlad der Hammer - muss wohl grinsen wie die Cheshire-Katze. Er könnte ja einfach den erheblichen 33% Rabatt auf die Erdgasimporte löschen, den er Kiew Ende letzten Jahres gab. Gerücht um macht Gerücht bereits die Runde - bedrohlich -, dass die Aperol Spritz-Revolutionäre nicht das Geld haben werden, um die Renten und im öffentlichen Dienst die Gehälter zu bezahlen. Im Juni kommt wird dann eine Monster-Zahlung an eine Reihe von Gläubigern ($ 1 Milliarde Schulden fällig). Danach ist es düsterer als im nördlichen Sibirien zur Winterszeit.

Ruinen von Chersonessos
© WikipediaRuinen von Chersonessos
Das US-Angebot von $ 1 Milliarde ist lächerlich. Und das alles nachdem die “F ** k the EU-Strategie” von Victoria Nuland eine ukrainische Übergangsregierung torpedierte - die übrigens von der EU ausgehandelt worden war - was die Russen geldtechnisch an Bord gehalten haben könnte.

Ohne Russland wird die Ukraine voll und ganz auf den Westen angewiesen sein, um alle ihre Rechnungen bezahlen zu können - die Bankrottvermeidung nicht zu erwähnen. Das beläuft sich auf satte 30 Milliarden Dollar bis Ende 2014. Im Gegensatz zu Ägypten kann hier nicht das Haus der Saud angerufen und nach einigen saftigen Petrodollars gefragt werden. Der kürzlich versprochene 15 Mrd. Dollar-Kredit aus Russland könnte nützlich sein - aber Moskau muss etwas dafür bekommen.

Die Vorstellung, dass Putin einen militärischen Angriff auf die Ukraine anordnet, sollte dem geistig “sub-zoologischen” Quotienten der US-Medien zugeordnet werden. Vlad der Hammer muss dem Zirkus nur zusehen - wie im Westen darüber gestritten wird, woher diese Milliarden kommen sollen, die in einen (gerissen) hoffnungslosen Fall verschwendet werden. Oder der Internationale Währungsfonds führt am laufenden Band noch eine weitere schreckliche “Strukturanpassungen” durch, um die Bevölkerung der Ukraine zurück in die Altsteinzeit zu schicken.

Die Krim könnte sogar ihren eigenen verzögerten Karneval inszenieren, indem sie nicht nur für mehr Autonomie stimmt, sondern diesen (unrettbar) hoffnungslosen Fall ganz verläßt. In diesem Fall bekommt Putin die Krim sogar kostenlos - Chruschtschow-Stil. Kein schlechter Deal. Dank dieses ach so strategischen “F ** k die EU”.

Hinweise:

1. USA und Großbritannien sagen Ukraine ist kein Schlachtfeld zwischen Ost und West, Daily Telegraph, 26. Februar 2014.
2. Siehe hier .
3. Biden: USA unterstützen neue Regierung Ukraine, Voice of America, den 27. Februar 2014.

(Pepe Escobar ist der Autor von Globalistan: Wie die globalisierte Welt in flüssigen Krieg aufgelöst wird (Nimble Books, 2007), Red Zone Blues: eine Momentaufnahme von Bagdad während des Sturms (Nimble Books, 2007), und Obama macht Globalistan (Nimble Books, 2009).)

Quelle: Asia Times Online