Pflanzenschutzmittel verschmutzen Gewässer weltweit. Forscher der Universität Koblenz-Landau fanden heraus, dass in mehr als 50 Prozent der Fälle die schädlichen Stoffe höher konzentriert waren als es zulässig ist. Auch in Deutschland ist das nicht anders.
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  • Pflanzenschutzmittel in Gewässern gefährden Insekten und kleine Krebse.
  • Auch in Deutschland ist die Artenvielfalt bedroht.
  • Schulz: Für Menschen bestehe in Deutschland keine direkte Gefahr, das Trinkwasser sei gut überwacht.
In vielen deutschen Gewässern ist die Konzentration von Pflanzenschutzmitteln höher als von den Behörden zugelassen. Auch weltweit liegen die Werte in Bächen und Teichen bedenklich hoch, zeigen die Ergebnisse einer Studie der Universität Koblenz-Landau. „Es ist in Deutschland ähnlich wie überall", berichtet Mitautor Ralf Schulz vom Institut für Umweltwissenschaften. Zwischen Ländern mit strenger Umweltgesetzgebung und weniger restriktiven Ländern gebe es kaum Unterschiede.

Forscher: Für Menschen besteht in Deutschland keine direkte Gefahr

Ihre Analyse, für die sie 838 Studien aus 73 Ländern auswerteten, präsentieren Schulz und sein Kollege Sebastian Stehle in den Proceedings der US-nationalen Akademie der Wissenschaften ("PNAS"). Für Menschen bestehe in Deutschland keine direkte Gefahr, das Trinkwasser sei gut überwacht, betonte Schulz.


Kommentar: Das liest sich wie eine lahme Ausrede: Warum wurden dann Werte festgelegt, die jetzt erhöht sind aber keine Gefahr für uns Menschen darstellen? Oder gibt es andere negative Auswirkungen auf den Boden und die Natur?


Die Landauer erfassten 11.300 Proben, in denen für Insekten und Kleinkrebse giftige Mittel im Gewässer nachgewiesen wurden. In mehr als 50 Prozent der Fälle waren die Stoffe höher konzentriert als zugelassen. Das gefährdet nach Angaben der Forscher die Artenvielfalt.

Wissenschaftler vermuten hohe Dunkelziffer

In vielen Teichen und Bächen sei der Schaden längst angerichtet, denn die Forscher stützen sich auf wissenschaftliche Artikel aus den Jahren 1962 bis 2012. Bei neueren Wirkstoffen sei das Bild bedenklicher als bei älteren.

Schulz geht zudem von einer hohen Dunkelziffer aus. Denn weltweit dürften gerade einmal Daten von rund zehn Prozent der Gewässer vorliegen. Außerdem seien Insektizide oft nur an zwei bis drei Tagen im Jahr in den Gewässern vorhanden. Daher gebe es an vielen Tagen gar keine Hinweise darauf.

Kurze Zeit reicht, um alle Insekten im Gewässer zu töten

„Auch in hoch belasteten Gewässern findet man nur an wenigen Tagen im Jahr Insektizide, weil sie sehr schnell abgebaut oder im Fall von Fließgewässern abtransportiert werden", sagte Schulz. „Aber bei hohen Konzentrationen reicht eine kurze Zeit, um alle Insekten im Gewässer zu töten."

Schuld an den hohen Werten könnten Fehler in der Anwendung und bereits bei der Zulassung der Mittel sein. Zu unrealistisch würden die Höchstkonzentrationen bei der Markteinführung eingeschätzt.

Ergebnisse der Forscher sind alarmierend

Jörn Wogram vom Umweltbundesamt (UBA) vermutet außerdem, dass Landwirte die Bestimmungen beim Einsatz der Gifte nicht einhalten. Auch er nennt die Erkenntnisse der Landauer Forscher alarmierend.

Gewässer mit einem Einzugsgebiet von weniger als zehn Quadratkilometer würden hierzulande nicht genügend überwacht. Dabei machen sie nach Wograms Angaben einen Großteil aller Fließgewässer aus. Außerdem lägen gerade die kleinen Bäche und Tümpel näher an landwirtschaftlichen Flächen und seien Insektiziden daher besonders ausgesetzt.

Kurzzeitige Grenzwertüberschreitungen nur schwer nachzuweisen

Zum Monitoring kleinerer Gewässer führt das UBA derzeit eine Vorstudie durch, sagte Wogram. Bereits 2018 könnten nach der aktuellen Planung erstmals Daten gewonnen werden.

Auch die Untersuchung großer Gewässer kritisiert Wogram. Statt gezielt würden Proben nach starrem Muster entnommen. Ob kurzzeitig Grenzwerte überschritten wurden, sei deswegen nur sehr schwer nachzuweisen. Besser sei es, das Wasser zu untersuchen, wenn Bauern angrenzende Felder gespritzt hätten oder wenn Regengüsse die Stoffe von den Feldern spülten.

lik/dpa