„Vizekanzler Sigmar Gabriel: 5 Gründe, warum TTIP gut für uns ist“ (bild.de, 6.3.2015)

TTIP
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Still ist es geworden um die Verhandlungen über die sogenannte Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP) zwischen den USA und der EU. Da fügt es sich, dass Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) für die BILD-Leser den Erklärbären macht und sie auf den aktuellen Stand bringt. Naja, eigentlich geht es weniger ums Erklären, aber immerhin ganze „5 Gründe, warum TTIP gut für uns ist“, konnte der Vizekanzler zusammentragen. Einer mehr und die Finger einer Hand hätten nicht mehr ausgereicht. Gabriel reiht sich damit nahtlos bei Friedrich „Atlantikbrücke“ Merz ein, der an gleicher Stelle vor einigen Monaten darauf hinwies, dass die Chlorhuhn-Debatte von den TTIP-Chancen ablenke. Na denn, betrachten wir Gabriels „fünf gute Gründe“ und lassen uns überzeugen.

Unangefochten auf dem ersten Platz: „1. Europa eine Stimme geben!“ Das scheint uns ein einigermaßen unverhohlener Appell an deutsche/europäische Größe zu sein: „Selbst das starke Deutschland wird in ein paar Jahren ... zu klein sein, um gehört zu werden. Unsere Kinder haben entweder eine europäische Stimme oder keine Stimme in der Welt.“ Ein ökonomisches Argument sieht anders aus.


Zweiter Versuch: „2. Handelsschranken überwinden!“ Das klingt vernünftig. Freihandel bringt theoretisch und praktisch Vorteile für alle Beteiligten. Statt diese mit einer seriösen Schätzung des Gesamteffekts zu beziffern, liefert Gabriel ein Schlaglicht aus der Autoindustrie. Eine Milliarde wird dort für den Export nach USA jährlich ausgegeben. Potzblitz, das sind ja 1.000 Millionen! Wie viel davon einzusparen ist? Warum die Bürger insgesamt ein Abkommen akzeptieren sollen, das vorrangig einem Wirtschaftszweig zu Gute kommt, der nicht gerade notleidend ist? Fehlanzeige.


Aller guten Dinge sind bekanntlich drei: „3. Freihandel - künftig auch mit Russland“ Schön, dass wir darüber gesprochen haben. Aber was hat das mit den konkreten TTIP-Verhandlungen zwischen den USA und der EU zu tun? Oder wurde Russland hier inzwischen heimlich einbezogen?


Das bringt uns zwanglos zum vierten Grund „für“ TTIP: „4. Geheime Verhandlungen verhindern!“ Klingt eigentlich eher nach einer Aufforderung und erscheint durchaus sinnvoll, wenn man bedenkt, dass die TTIP-Verhandlungen tatsächlich geheim sind. Eigentlich meint Gabriel aber etwas anderes, nämlich die „privaten Schiedsgerichte“. Die würde man besser Schiedsstellen nennen, denn „Gerichte“ im eigentlichen Sinne sind sie nicht. „Außerdem werden wir dafür sorgen, dass ... keine privaten Schiedsgerichte in Geheimverhandlungen entscheiden“, legt sich Gabriel fest. Das nehmen wir uns gerne einmal auf Wiedervorlage.


Und der finale Grund für TTIP ist: „5. Demokratie stärken, Frieden schaffen.“ Diese Worthülsen haben ihren Weg vermutlich nur deshalb zu den „fünf guten Gründen“ gefunden, weil die Zahl „Vier“ in solchen Aufzählungen so armselig wirkt - zu zehn guten Gründen hat es ohnehin nicht gereicht. Apropos, warum wir den Smart Investor machen, na klar, um die Demokratie zu stärken und Frieden zu schaffen.


Kommentar: Die USA haben mit den Jahren vielen Ländern "Demokratie" gebracht. Ob die Bewohner von Ländern wie Afghanistan, Irak, Libyen der Meinung sind, dass die USA Frieden gebracht haben muss angesichts des dortigen andauernden Chaos bezweifelt werden.