Seit rund einem Monat führt Russland Luftschläge gegen den IS in Syrien durch. Peter Haisenko analysiert in einem Gastbeitrag für RT Deutsch, was dies für die geopolitische Weltordnung bedeutet. Laut seiner Einschätzung bahnt sich der Aufbruch in ein neues Zeitalter an.
Hätte ich im September vorhergesagt, dass Ende Oktober 2015 in Wien eine Konferenz stattfindet, bei der nicht nur die USA und Saudi-Arabien, sondern auch Russland und der Iran an einem Tisch sitzen, dann hätte ich mich selbst einen Phantasten geschimpft. Nun ist es geschehen und insgesamt 19 Länder sind beteiligt. Nicht nur das. Man kann es als Wunder bezeichnen, dass nach nur acht Stunden Verhandlung sogar ein Abschlusspapier präsentiert worden ist, in dem man sich auf neun konkrete Punkte geeinigt hat. Was mag diesen revolutionären Vorgang ausgelöst haben?
Von den USA wird immer wieder behauptet, man müsse Stärke gegenüber Russland zeigen, um es an den Verhandlungstisch zu zwingen. Diese Behauptung
reiht sich ein in die steten Lügen Washingtons, das nicht müde wird, Tatsachen in ihr Gegenteil zu verdrehen. Tatsache ist nämlich, dass Russland Stärke gezeigt und so Washington an den Verhandlungstisch gezwungen hat. Es ist das zweite Mal, dass Russland gemeinsam mit China, Syrien davor rettet, in demselben Chaos zu versinken, wie es die USA im Irak und in Libyen angerichtet haben.
Wir erinnern uns, dass die USA eine „Flugverbotszone“ über Syrien errichten wollten,
um dann nach Schema Libyen das Land restlos zerstören zu können.
China und Russland haben das verhindert und damit wahrscheinlich hunderttausende Leben gerettet.
Das Völkerrecht ist auf der Seite Russlands Seit einem Jahr fliegt die US-Air-Force
angeblich Angriffe gegen den IS. Wirkung hat das bis jetzt nicht gezeigt.
Vielmehr ist festzustellen, dass die USA - völkerrechtswidrig - Angriffe auf syrische Infrastruktur fliegen. Erst am 13. Oktober 2015 haben sie das lebenswichtige Kraftwerk von Aleppo zerstört und so die Stadt praktisch unbewohnbar gemacht. Ohne Strom kein Wasser - weitere Flüchtlingsströme sind programmiert. Das und der Angriff auf das Krankenhaus von MSF in Kundus
sind eindeutige Kriegsverbrechen.
Die Welt sieht zu und fordert nicht einmal ein Tribunal. Die ganze Welt? Nein, da gibt es noch diese kleine „Regionalmacht“ zwischen Europa und China, die sich seit 15 Jahren dem Treiben des Imperiums widersetzt. Sie hat zwar keinen Zaubertrank,
aber als einziger Mitspieler das Völkerrecht auf seiner Seite.
Die Transatlantiker des
Spiegel hatten direkt nach dem ersten Einsatz der russischen Luftwaffe gegen Terroristen in Syrien getitelt: „Putin greift an“. Richtiger wäre gewesen: „Russland greift ein!“ Und wie es das tut! Angefordert vom rechtmäßigen, weil demokratisch gewählten Staatsoberhaupt Syriens, unterstützt Russland den Kampf der syrischen Armee
gegen Terroristen, die von Washington, Saudi-Arabien, Katar und der Türkei mit Waffen und Ausbildung unterstützt werden.
Die spontanen Erfolge haben die USA geschockt. So sehr, dass sie ganz offen zugeben, die Terroristen in Syrien mit Waffen und Ausbildung zu unterstützen. Sie entblöden sich nicht einmal, plötzlich Terroristen der Al-Nusra und andere als „moderat“ zu bezeichnen.
Wie Bitte? Al-Nusra, der Ableger von Al-Kaida, ist moderat? Wie moderat war dann die Geschichte mit dem World Trade Center in New York, die Al-Kaida zugerechnet wird? Kann überhaupt jemand „moderat“ genannt werden, der mit der Waffe in der Hand eine Regierung stürzen will? War dann die RAF der 1970er Jahre auch moderat?
Der, um den es geht, darf nicht mitreden Mit seinem Eingreifen in den Syrien-Krieg
hat Russland Washington unter enormen Druck gesetzt.
Es ist allein Russlands Initiative zu verdanken, dass in Wien Saudi-Arabien und der Iran an einem Tisch sitzen und auch noch miteinander reden.
Es ist Russland, das den amerikanischen Verbrecherblock zur Einsicht gezwungen hat, dass weiteres Blutvergießen in Syrien nur zu verhindern ist, wenn die Regierung Assad Ordnung im Land wiederherstellen kann.
Putin, der Fuchs, schlägt die Amis mal wieder mit ihren eigenen Waffen. Wer, der sich „Demokrat“ nennen will, kann schon widersprechen, wenn Russland fordert, das syrische Volk selbst, und nur dieses, hat das Recht, darüber zu bestimmen, wie und von wem es regiert werden will. Genau das findet sich denn auch in dem Neun-Punkte-Programm, das in Wien verabschiedet worden ist.
Die USA sind düpiert.
Zwei Dinge sind bemerkenswert bei der Wiener Konferenz. Zum einen, dass derjenige, um den es geht, nicht mit am Tisch sitzen durfte. Dies deswegen, weil die USA ansonsten die Konferenz verweigert hätten.
Welche Arroganz! Da wird einfach über das Schicksal eines Staats befunden und dessen gewählter Präsident darf nicht einmal mitreden. Sieht so die vielbemühte Demokratie aus? Das andere ist, dass Washington zeitgleich bekanntgegeben hat, 50 Elitesoldaten nach Syrien entsenden zu wollen. Wie bitte?
Da kündigt der „Weltpolizist“ ganz offen an, einen eklatanten Völkerrechtsbruch begehen zu wollen und der Rest der „Demokraten“ schweigt dazu? Was gibt den USA das Recht, einfach nach Gusto Soldaten in einem fremden souveränen Staat operieren zu lassen,
ohne UN-Mandat und gegen jegliches Völkerrecht? Es ist wohl das „Recht der Gewohnheit“ und die Arroganz der Macht. Nicht nur das.
Seit 100 Jahren begehen die USA Kriegsverbrechen en Masse und die westlichen „Demokraten“
sehen schweigend darüber hinweg. Wen wundert es also, dass Washington immer skrupelloser vorgeht?
Was wollen 50 US-Elitesoldaten gegen den IS ausrichten? Der Einsatz der US-Soldaten auf syrischem Territorium
hat wahrscheinlich einen ganz spezifischen Grund.
Es müssen so viele Beweise wie möglich vernichtet werden, die das schändliche und, ich wiederhole mich gern, völkerrechtswidrige Treiben der USA belegen könnten. Welchen Sinn könnte sonst der Einsatz von gerade mal 50 noch so großartiger US-Elitesoldaten in diesem Chaos haben?
Ulli Gack vom ZDF hat jüngst eine Reportage in Syrien gedreht. Die Essenz ist, dass
Syrer wieder zurückkehren in die Städte, die mit Hilfe der russischen Luftwaffe von der syrischen Armee befreit worden sind von den Terroristen. In Homs sind Geschäfte wieder eröffnet worden und der örtliche Schreiner kann den Bedarf an Fenstern zur Reparatur der Häuser kaum befriedigen. Ein älterer Mann beklagt genau das, was ich bereits bezüglich der Flüchtlingsströme angemahnt habe. Es fehlen jetzt die jungen Männer, die zum Wiederaufbau benötigt werden.
Erwartungsgemäß wurde von dieser Reportage nur ein kleiner Ausschnitt in den Abendnachrichten gezeigt.
Das ganze Werk wurde in 3Sat versteckt.
Es könnte ja sein, dass zu viele erkennen, wie wir belogen werden, was die positive Wirkung des Eingreifens Russlands anbelangt.
Die militärische Überlegenheit Russlands ist offensichtlich Russland hat Washington noch etwas anderes gezeigt: Die Überlegenheit des amerikanischen Militärs
existiert nicht mehr. Schon im Georgien-Krieg mussten die USA schmerzlich hinnehmen, dass sie ihre F 16-Kampfflugzeuge lieber am Boden lassen, wenn es gegen die russische Luftwaffe geht.
Vor Jahresfrist haben die Russen im Schwarzen Meer demonstriert, dass sie mit einem einzigen Flugzeug die gesamte Elektronik eines amerikanischen Kriegsschiffs lahmlegen, das Schiff zum wehrlosen Opfer machen können.
Jetzt in Syrien haben sie gezeigt, wie sie mit einer lastwagengroßen Einheit die gesamte Radarführung ihrer Feinde im Umkreis von bis zu 300 Kilometern ausschalten. In den USA, die nur dann Krieg führen, wenn der Gegner wehrlos ist,
ist nackte Panik ausgebrochen. Dann der militärisch sinnlose Einsatz russischer Cruise Missiles aus dem Kaspischen Meer. Nichts anderes hat Russland damit zeigen wollen:
Seht her, wir können auch aus dem hinteren Sibirien unsere Waffen zielgenau einsetzen, über tausende von Kilometern. An den Tiefen des russischen Hinterlandes sind schon mehrere Aggressoren gescheitert.
Die Syrienkonferenz in Wien ist zustande gekommen, weil Russland gegenüber den USA Stärke gezeigt hat. Drei Wochen russischen Eingreifens haben ausgereicht, unversöhnliche Staaten an einen Tisch zu bringen.
Es passiert endlich das, was jeder vernünftige Mensch schon lange wusste: Frieden im Nahen und Mittleren Osten ist nur möglich, wenn alle Beteiligten das wollen. Nun, sie wollen es eigentlich nicht, aber die russische Demonstration der Stärke
hat sie dazu gezwungen, ihre Machtspiele an der Realität zu prüfen. Allen voran die USA mit ihren Vasallen. Jetzt, wo auch Europa erkennen musste, aber noch nicht zugeben will, dass die amerikanische Karte alles andere als ein Ass ist, könnte
die Hoffnung aufkommen, dass sich Europa endlich von der amerikanischen Hegemonie abwendet und eine Politik betreibt, die europäische Interessen in den Vordergrund stellt.
Eine Politik, die TTIP als das erkennt was es ist: Ein weiterer Versuch der USA, Europa zu dominieren. Eine Politik, die erkennt, dass die Sanktionen gegen Russland vor allem Europa schaden und den USA nutzen.
Kommentar: Leider wird in der dominanten medialen Erzählung wenig von den Worten und Taten Helmut Schmidts übrig bleiben, die nicht zu den aktuellen politischen Ziele des "Systems" passen. Siehe auch: