Die Pyrotechnik einer Band hat im Süden Brasiliens einen ganzen Nachtklub in Brand gesetzt. Viele Menschen erstickten im Qualm oder wurden niedergetrampelt.
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© Germano Rorato/Ag. Rbs/dpaRettungskräfte kümmern sich um Opfer des Disco-Brandes in Santa Maria
Bei einem Feuer in einer Diskothek in der südbrasilianischen Stadt Santa Maria sind in der Nacht zum Sonntag 232 Menschen gestorben. Insgesamt wurden bei der Katastrophe 120 Männer und 112 Frauen getötet, sagte der verantwortliche Polizeisprecher Rois Tavares. Weitere 131 Menschen seien verletzt worden. Die Polizei hatte zunächst offiziell 245 Todesopfer gemeldet. Diese Zahl wurde dann im Laufe des Sonntags korrigiert.

Bis zum Sonntagmittag waren alle Leichen aus den Trümmern geborgen. Die Verletzten wurden in umliegende Krankenhäuser gebracht. Ein Sportzentrum in der Stadt wird als provisorische Leichenhalle benutzt, um dort die Toten zu identifizieren.

Gegen zwei Uhr nachts war das Feuer im Nachtklub Kiss ausgebrochen, wie verschiedene Medien berichten. Die Deckenverkleidung aus Schaumstoff, die den Lärm dämmen soll, fing Feuer, nachdem ein Mitglied der dort spielenden Band als Teil der Bühnenshow eine Fackel entzündet hatte.

Augenzeugin Michele Pereira beschrieb der Zeitung Folha de São Paulo den Ausbruch des Feuers: "Die Band war in der Loge und fing an, Feuerwerk zu benutzen, und plötzlich hörten sie auf und zeigten, dass das Feuer das Dach erreicht hatte." Es sei nur ein kleiner Brand gewesen, der sich aber in Sekundenschnelle in der Disco ausgebreitet habe.

Giftiger Qualm füllte schnell den Raum, eine Panik brach aus. "Die meisten Menschen erstickten. Der (brennende) Schaumstoff produzierte einen hochtoxischen Qualm. Sie gerieten in Panik, stolperten, fielen und traten auf die am Boden liegen Personen", sagte Guido de Melo, einer der Einsatzleiter der Feuerwehr.

Fluchtweg verriegelt

Nach ersten Erkenntnissen der Feuerwehr war die Haupteingangstür des Clubs in der Rua Andradas zum Zeitpunkt der Katastrophe abgeriegelt. Das dürfte ein wesentlicher Grund dafür sein, dass so viele Menschen ums Leben kamen.

"Mein Glück war, dass ich nah an einem Ausgang stand. Es war der einzige, den ich sah. Alle drängten dort hinaus", sagte die 34-jährige Michele Pereira.

Präsidentin Rousseff bricht Reise ab

Augenzeugen machten mangelhafte Sicherheitsvorkehrungen für die Katastrophe mitverantwortlich. "Das war eine zu kleine Tür für so viele Leute", sagte Luana Santos Silva TV Globo. "Es war der Horror. Ich habe einen sehr engen Freund verloren", sagte eine junge Frau dem Fernsehsender Band News. "Die Notausgänge reichten nicht aus, es gab Panik, in dem Durcheinander habe ich meinen Freund aus den Augen verloren."

Die eintreffende Feuerwehr versuchte, mit Äxten und Hämmern ein Loch in die Außenwand der Disco zu brechen, um einen zusätzlichen Fluchtweg zu schaffen und um das Feuer bekämpfen zu können. Sie brauchte insgesamt fünf Stunden, um den Brand zu löschen.

Die Diskothek hatte eine Kapazität für 2.000 Menschen. Wie viele in der Nacht zum Sonntag wirklich in dem Gebäude feierten, war zunächst unklar, in Medien ist von 500, aber auch von 1.000 Besuchern die Rede. Es soll sich um eine Party von Studenten gehandelt haben.

Präsidentin Dilma Rousseff brach ihre Teilnahme an einem internationalen Gipfel in Chile vorzeitig ab. Vor ihrer Abreise nach Brasilien sprach sie unter Tränen im Fernsehen zu den Opfern. "Ich möchte den Brasilianern und der Bevölkerung von Santa Maria sagen, dass wir in diesem traurigen Moment zusammenstehen", sagte sie. Der Gouverneur des Bundesstaates Rio Grande do Sul, Tarso Genro, sprach von einem "traurigen Sonntag".

Bundeskanzlerin Angela Merkel, die ebenfalls an dem Gipfel in Chile teilnahm, sprach Rousseff ihr Beileid aus. Auch Außenminister Guido Westerwelle äußerte sich betroffen. "Ich bin zutiefst bestürzt über dieses furchtbare Unglück und möchte den Brasilianern mein tief empfundenes Mitgefühl aussprechen", erklärte er.

Die Stadt Santa Maria ordnete noch am Sonntagvormittag eine 30-tägige offizielle Trauer an. Die Stadt mit rund 270.000 Einwohnern ist bekannt für ihr quirliges Nachtleben, denn sie beherbergt eine der größten öffentlichen Universitäten des Landes mit vielen Studenten.

So sind auch die Toten meist junge Menschen. Die Katastrophe schockte die Einsatzkräfte. "Ich bin 40 Jahre bei der Feuerwehr, aber eine Tragödie solchen Ausmaßes habe ich noch nicht gesehen", sagte Feuerwehrmann Moisés da Silva Fuchs.

dpa, Reuters, AFP, rav