Alachua (USA) - Die Frage danach, wie das Leben auf der Erde alleine durch das Vorhandensein unterschiedlicher chemischer Zutaten durch deren Kombination zu komplexen Molekülen entstehen konnte, entzweit von jeher die Wissenschaft. Jetzt präsentieren Molekularbiologen eine erstaunlich einfache Antwort und zeigen, wie die Ribonukleinsäure (RNS/RNA) als vermutliches Vorgänger-Biomolekül des Erbinformationsträgers DNA spontan auf der frühen Erde entstehen konnte. Die Erkenntnis könnte auch Auswirkungen auf die Frage nach Leben auf dem Mars haben.
© Sponk (via WikimediaCommons) / CC BY-SA 3.0Vergleich zwischen der einsträngigen RNA (l.) und der doppelsträngigen DNA-Helix (Illu.).
Wie das Team aus Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern um Elisa Biondi von der "Foundation for Applied Molecular Evolution" aktuell im Fachjournal "Astrobiology" (DOI:
10.1089/ast.2022.0027) berichtet, bildet sich RNA geradezu spontan auf basaltigem Lavaglas, wie es überall auf der frühen Erde - und auch dem jungen Mars - vorhanden war. Während also andere Modelle komplexe chemische Grundvoraussetzungen und Prozesse benötigen, stellt die Beobachtung der Forschenden ein geradezu wunderbar einfaches Szenario dafür dar, wie das Leben auf der Erde einst entstanden sein könnte.
Wie Biondi und Team zeigen können, bilden sich lange, aus zwischen 100 und 200 Nukleotiden bestehende RNA-Moleküle dann, wenn Nukleosidtriphosphate (NTPs) durch basaltisches Glas hindurch versickern.
Tatsächlich war dieses Glas zu jeder Zeit auf der Erde vorhanden. "Mehrere hundert Millionen Jahre lang, nachdem der Mond entstanden war, bildeten wiederholte Einschläge und der vielerorts vorhandene Vulkanismus auf dem jungen Planeten geschmolzene basaltische Lava und damit die Quelle von basaltischem Glas", erläutert der an der Studie beteiligte Stephen Mojzsis. "Zudem verdampften durch die zahlreichen Einschläge Wasser und lieferten so Grundgewässer in denen sich RNA bilden konnte."
Es waren die gleichen Einschläge, die auch Nickel zur Erde brachten, von dem die Forschenden zeigen könnten, dass es Nukleosidtriphosphate aus Nukleosiden (organische Moleküle, die aus einer Nukleobase und einer Pentose bestehen) abgibt und Phosphate aktiviert, die sich ebenfalls in Lavaglas finden. Zudem bilden sich im Basalt auch Borate, die wiederum die Entstehung von Triphosphaten steuern.
Bei diesen Einschlägen, durch die auch das Glas entstand, reduzierten auch vorübergehend die Atmosphäre der Eisen-Nickel-Kerne. RNA-Basen, deren Sequenzen genetische Informationen speichern können, bilden sich unter genau diesen Atmosphären. Bereits zuvor hatte das Team zeigen können, dass Nukleoside durch eine einfache Reaktion zwischen Ribosephosphaten und RNA-Basen entstehen.
"Das Schöne an diesem Modell ist seine Einfachheit. Es kann von jedem Gymnasiasten überprüft werden", kommentiert Jan Špaček die neuen Beobachtungen. Špaček selbst war zwar nicht an der Studie beteiligt, entwickelt aber Instrumente, die auf dem Mars nach außerirdischen genetischen Polymeren auf dem Mars suchen sollen. "Alles was man dafür tun muss ist, die besagten Zutaten zu vermischen, einige Tage warten und dann RNA nachweisen."
Die gleichen Gesteine lösen auch andere Paradoxa der RNA-Entstehung entlang des gleichen Weges von einfachen organischen Molekülen hin zur ersten RNA. "So steuern beispielsweise Borate die Bildung von Ribose, dem 'R' der RNA", fügt Steven Benner, Mitautor der Studie hinzu. "Dieser Weg der Entstehung beginnt mit einfachen Kohlenhydraten, wie sie in der Atmosphäre über der primitiven Erde entstanden sein können. Diese wurden dann vom vulkanischen Schwefeldioxid stabilisiert, regneten auf die Oberfläche ab und bildeten hier Speicher organischer Minerale."
Auf diese Weise beschreibt das neue Modell einen Weg der RNA-Entstehung, der bei kleinen organischen Molekülen beginnt, die ganz sicher bereits auf der frühen Erde vorhanden waren.
"Dennoch bleiben weiterhin wichtige Fragen offen", gibt Benner zu bedenken: "Wir wissen immer noch nicht, wie alle Bausteine der RNA dazu kamen, die gleiche grundsätzliche Form zu entwickeln - ein Verhältnis, das als
Homochiralität bekannt ist." Gleiches gilt für die Verbindungen zwischen den Nukleotiden. Auch sie können durch die Materialsynthese auf basaltischem Glas unterschiedlich ausfallen. Wie dies geschieht, ist bislang noch unklar.
Die aktuelle Entdeckung spielt aber nicht nur für die junge Erde und das hiesige Leben eine Rolle. Die gleichen Fragen stellen sich nun auch für den Mars, denn auch hier gibt es die gleichen Minerale, Glase und Einschläge bereits seit Urzeiten. "Allerdings gibt es auf dem Mars keine Kontinentalplattenverschiebung und Plattentektonik, durch die die meisten Gesteine auf der Erde, die älter sind als 4 Milliarden Jahre, hier bereits wieder verschwunden sind. Auf diese Weise können auf dem Mars solche urzeitlichen Gesteine noch gefunden werden. Jüngste Missionen zum Mars haben gezeigt, dass alle für die beschriebenen einfache Entstehung von RNA notwendigen Zutaten auf dem Mars vorhanden sind.
"Wenn das Leben also auf der Erde auf diese einfache Art und Weise entstanden ist, so könnte es sehr leicht auch auf dem Mars entstanden sein", so Benner abschließend. "genau das macht es umso wichtiger, dass wir auf dem Mars nach dortigem Leben suchen."
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