Während einer Rede des SPD-Politikers beim Spatenstich für ein großes Neubauviertel in der Universitätsstadt machten die Bauern aus Hunderten Metern Entfernung mit lauten Pfiffen, Schreien und einem Hupkonzert auf sich aufmerksam. Eine Delegation wollte sich eigentlich mit dem Kanzler austauschen, hatte der Badische Landwirtschaftliche Hauptverband (BLHV) im Vorfeld angekündigt.
Die Landwirte wollten dem Kanzler auch einen Katalog mit neun Forderungen übergeben - vom Stopp der Umwandlung landwirtschaftlicher Flächen in Siedlungs- und Verkehrsfläche bis zur Abschaffung aller Steuern auf Biodiesel. Doch wegen des engen Zeitplans war das zunächst nicht möglich.
Scholz antwortet Bauern
Am Nachmittag erreichte die Botschaft schließlich doch noch den Kanzler. Eine ehemalige badische Weinkönigin schaffte es zu Scholz und übergab die Themenliste. "Unsere Forderungen haben es doch zum Bundeskanzler geschafft!", hieß es seitens des BLHV.
Eine Art Antwort erhielten sie Stunden später - der Regierungschef war inzwischen in Emmendingen eingetroffen, wo er auf Einladung des heimischen SPD-Bundestagsabgeordneten Johannes Fechner deutlich länger als geplant mit rund 120 Bürgerinnen und Bürgern sprach. Die Idee könne nicht sein, Landwirtschaft klappe nur mit Zulagen und Subventionen, machte Scholz deutlich.
Er betonte aber, die Politik arbeite am Bürokratieabbau. "Was wir versuchen ist schon, diesen unglaublichen Vorschriftendschungel zu reduzieren", sagte Scholz auf die Frage eines Landwirts. Wer Geld vom Staat wolle, werde weiterhin Formulare ausfüllen müssen, sagte der Kanzler. Etwas anderes könne er nicht versprechen. Aber es solle weniger Dokumentationspflichten geben.
Kommentar: Und die eigentlichen Forderungen?
Hohe Sicherheitsvorkehrungen
Während des Spatenstichs hatten die Landwirte aus Sicherheitsgründen in Hunderten Metern Entfernung von Scholz demonstrieren müssen - und waren darüber enttäuscht: "Es ist traurig, dass die Politik und auch die Polizei so viele Bedenken haben, auch wenn wir uns bislang nichts zuschulden haben kommen lassen", sagte Michael Fröhlin vom BLHV-Kreisverband Müllheim bei der Kundgebung.
Im geplanten Stadtteil Dietenbach sollen einmal 16 000 Menschen leben. Um die Wohnungsknappheit in Deutschland einzudämmen, müssen nach Ansicht von Scholz solche neuen Stadtviertel gebaut werden. "Kommunen brauchen weitere Unterstützung und mehr Geld für bezahlbares Wohnen", sagte Freiburgs Oberbürgermeister Martin Horn (parteilos).
Gegen das Riesenvorhaben im Freiburger Westen gibt es jedoch Widerstand. Bauern beklagen den Wegfall landwirtschaftlicher Flächen durch den Bau des Stadtteils. Naturschützer kritisieren, die Rodung zerstöre den Lebensraum schützenswerter Tierarten.
Aus Sicherheitsgründen wurde das Gelände weiträumig abgesperrt, Flugzeuge durften es zeitweise nicht überfliegen. Zahlreiche Polizisten waren im Einsatz. Im Vorfeld hatte es Kooperationsgespräche mit den Beteiligten gegeben.
Seit Wochen protestieren Landwirte in Deutschland gegen die Politik der Bundesregierung. Im Fokus stehen dabei vor allem die geplanten Beihilfekürzungen beim Agrardiesel. Am Aschermittwoch war eine Protestaktion in Biberach an der Riß derart ausgeartet, dass die Grünen ihre Veranstaltung zum politischen Aschermittwoch unter anderem mit Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir kurzfristig absagten.
dpa
Kommentar: Es geht hier um Existenten und um die Ernährung der Bevölkerung, deswegen sind die Proteste "ausgeartet".