Die Zahl der Anfragen von Regierungsbehörden und Strafverfolgungsbehörden zur Offenlegung personenbezogener Nutzerdaten, die dem Internetkonzern Google 2012 übermittelt wurden, erreichte eine noch nie dagewesene Höhe. Die Anfragen stiegen um 25 Prozent, wobei die USA den bei weitem größten Anteil stellten.
Bild
© benchart / Shutterstock
Diese Ergebnisse legte der Suchmaschinengigant in seinem alljährlichen Transparenzbericht vor. Die Zahl der Anfragen wurde pro Land genau offengelegt. Seit Google diese Zahlen 2009 erstmals veröffentlichte, stieg die Anzahl der Anfragen zur Offenlegung um mehr als 70 Prozent. Das Unternehmen erklärte, bei 66 Prozent der Anfragen sei es der Aufforderung nachgekommen.

Regierungsbehörden und Strafverfolgungsbehörden forderten 2012 insgesamt in 42.320 Fällen eine Offenlegung personenbezogener Daten; dies bedeutet gegenüber dem Vorjahr einen drastischen Anstieg um 34.001 Anfragen.

Mit über 8.438 Anfragen allein in der zweiten Jahreshälfte 2012 stellen die USA den Löwenanteil der Anfragen zur Offenlegung privater und personenbezogener Informationen, wobei der Großteil der Anfragen in Form einer strafbewehrten Aufforderung erfolgte. Google kam in 80 Prozent der Fälle diesen Aufforderungen nach. Dies war der bisher niedrigste Wert seit Beginn der Offenlegung dieser Zahlen durch den Suchmaschinengiganten.

Kein anderes Land erreichte auch nur annähernd diese Spitzenwerte der USA. Mit 2.431 Anfragen in der zweiten Jahreshälfte landete Indien abgeschlagen auf dem zweiten Platz, gefolgt von Frankreich mit 1.693 Anfragen. Auch Großbritannien forderte in erheblicher Höhe Nutzerdaten an, die in 70 Prozent der Fälle auch zur Verfügung gestellt wurden. Google erklärte, es könne keine Einzelheiten zu den jeweiligen Anfragen offenlegen, aber »die Statistik weist vor allem Anfragen im Zusammenhang mit Straftaten auf«. In einigen Fällen könnte ein und dasselbe Gmail-Kontomehrfach angefragt worden sein, schreibt Google in seinem Bericht. Darüber hinaus verwies Google darauf, die Statistiken seien nicht zu 100 Prozent genau, weil das Unternehmen einer Anfrage erst zu einem späteren Zeitpunkt nachkommen könnte.

Private Daten, kein »Selbstbedienungsladen«

Die Datenschutzgruppe "Privacy International" mit Sitz in England erklärte, der Bericht zeige, dass sich Google,Facebook und Twitter nicht in ausreichendem Maße gegen Eingriffe der Regierung zur Wehr setzen könnten. »Die alarmierende Statistik in dem jüngsten Transparenzbericht bekräftigt noch einmal die Notwendigkeit wirksamerer nationaler und regionaler Regelungen zum Datenschutz und zum Schutz der Privatsphäre im Zusammenhang mit der Internetkommunikation«, erklärte Carla Neyt, die Leiterin der "Organisation International Advocacy" in einer Stellungnahme.

Weiter sagte sie, die personenbezogenen Informationen, die sich bei Google ansammelten, »zeichnen ein detailliertes Bild unserer Persönlichkeit - von politischen und religiösen Überzeugungen bis hin zu unseren Freundschaften, Verbindungen und Aufenthaltsorten«. Vor diesem Hintergrund müsse die Regierung damit aufhören, Google und ähnliche Unternehmen als Informations-Selbstbedienungsläden zu betrachten und beim Abschöpfen von Informationen oft Justizbehörden oder den Rechtsweg zu umgehen, sagte sie.

Will die Europäische Union einen anderen Weg einschlagen?

Angesichts der Zunahme von Offenlegungsforderungen zu personenbezogenen Daten durch nationale Regierungen will die EU stärker kontrollieren, welche Informationen Unternehmen wie Google, Facebook und Twitter ohne Einwilligung und Wissen der Nutzer weitergeben dürfen. In der vergangenen Woche schlug ein deutscher Europaparlamentarier vor, das Datenschutzgesetz von 1995 zu verändern und die Art und Menge von Daten, die Google und Facebook ohne Zustimmung der Nutzer verkaufen können, zu beschränken. »Die Nutzer müssen darüber informiert werden, was mit ihren Daten geschieht«, erklärte der deutsche grüne EU-Abgeordnete Jan Philipp Albrecht. »Und sie müssen in der Lage sein, bewusst der Weitergabe von Daten zuzustimmen oder sie abzulehnen.«

Google und Facebook haben derartige Änderungen der Gesetze auf EU-Ebene mit der Begründung kritisiert, dies verhindere Innovationen und schädige die Wirtschaft in Europa.