Nahe der Kreisstraße zwischen Wickerode und Questenberg hat sich ein etwa anderthalb Meter tiefes Loch aufgetan. Dass die Südharzer Karstlandschaft in der niederschlagsreicheren Jahreszeit besonders aktiv ist, ist nicht ungewöhnlich.

Questenberg - Wie sich ein Stück Würfelzucker im Teeglas auflöst, so löst das Wasser den Gips unter der Erdoberfläche. Diese sehr bildhafte Darstellung der Lösungsvorgänge in der Südharzer Gipskarstlandschaft kann man derzeit an der Kreisstraße 28 35 zwischen Wickerode und Questenberg nachvollziehen.

In rund 15 Meter Entfernung von der Fahrbahn am Rande eines Ackers entstand kürzlich ein Erdfall. Er hat einen Durchmesser von etwa zwei Metern und ist im Moment anderthalb Meter tief. Uwe Kramer, Mitarbeiter des Biosphärenreservates Karstlandschaft Südharz, hat den Erdfall durch Zufall entdeckt und sichern lassen.

Dass die Südharzer Karstlandschaft in der niederschlagsreicheren Jahreszeit besonders aktiv ist, ist nicht ungewöhnlich. Nach Erfahrungen des Geologen und Karstexperten Reinhard Völker gibt es im Jahr ungefähr 25 neue Erdfälle im Südharzer Gipskarstgebiet. Zusammen mit seiner Frau und Mitarbeiterin Christel Völker hat er in den vergangenen Jahrzehnten im so genannten Karstinventar ingesamt rund 7 000 Erdfälle dokumentiert. Diese sind sorgfältig auf etwa hundert Karten eingezeichnet.

Viele Erdfälle werden gar nicht bekannt, weil sie im Wald abgehen und sich über die Jahre durch natürliche Erosion wieder verfüllen. Mehr Aufmerksamkeit erhielten in den vergangenen Jahren die Erdfälle, die in den Ortslagen passiert sind. Dabei war der größte ein Erdfall in Uftrungen, bei dem 1984 eine Garage im Erdboden versank. 2003 entstand auf einer Wiese auf dem Roten Kopf bei Agnesdorf ein Erdfall (die MZ berichtete). Große Aufmerksamkeit erregte ein Erdfall in Großleinungen, der auch nur entdeckt wurde, weil ein Holzstapel abgetragen worden war. Im November 2010 entdeckte ein Pilzsucher einen 15 Meter tiefen Erdfall in den Seebergen bei Uftrungen. Dieser ist weithin hörbar entstanden und wassergefüllt. Der aktuelle Erdfall in der Nähe der Bachschwinde des Kantorteiches zwischen Wickerode und Questenberg gehört dagegen zu den eher kleineren Karsterscheinungen. Aufmerksamen Autofahrern sind bereits seit längerem die Dellen in der Fahrbahn aufgefallen, vor denen nun ein Hinweisschild die Verkehrsteilnehmer warnt. Die Oberflächenveränderung hat wohl dabei nichts mit den ehemaligen Krötentunneln zutun. Sollte der Karst auch hier bereits unterirdisch arbeiten?