Nordkoreas Regierung hat mehrere Staaten aufgefordert, über einen Abzug ihres Botschaftspersonals nachzudenken - darunter auch Deutschland. Als Grund gab das Regime die Spannungen im Konflikt mit Südkorea an. Die betroffenen Länder wollen nun ihr weiteres Vorgehen absprechen.
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© Mr. Fish
Pjöngjang/Moskau - Das Außenministerium in Nordkorea hat mehreren Ländern eine Evakuierung der Botschaften vorgeschlagen. Dies berichtet die offizielle chinesische Nachrichtenagentur Xinhua unter Berufung auf diplomatische Kreise.

Moskaus Vertretung in Pjöngjang habe ein entsprechendes Schreiben des nordkoreanischen Außenministeriums erhalten, teilte der russische Presseattaché Denis Samssonow am Freitag der Agentur Interfax zufolge in der nordkoreanischen Hauptstadt mit. Wegen der sich verschärfenden Lage auf der koreanischen Halbinsel werde den Russen der Abzug ihrer Diplomaten und Mitarbeiter empfohlen.

"Wir befinden uns im Entscheidungsprozess", sagte Samssonow. Russland plane zum jetzigen Zeitpunkt aber keine Evakuierungen. Es gebe auch keine äußeren Anzeichen für Spannungen in Pjöngjang. Russland hat eine gemeinsame Grenze mit Nordkorea. Moskau steht wegen der Aufforderung durch Pjöngjang in engem Kontakt mit den USA, China, Japan und Südkorea. Es wurde allerdings bisher nicht offiziell gemeldet, ob auch diesen Ländern entsprechende Evakuierungsempfehlungen ausgesprochen wurden. Bestätigt wurden Evakuierungsaufforderungen für die bulgarische und die tschechische Botschaft.

Offenbar wurde auch der Bundesregierung empfohlen, ihre Botschaft in Pjöngjang zu räumen, berichtet die Nachrichtenagentur dpa. Offiziell hieß es vom Auswärtigen Amt dazu jedoch lediglich: "Die Sicherheit und Arbeitsmöglichkeit unserer Botschaft in Pjöngjang wird angesichts der weiteren Eskalation laufend überprüft." Dort arbeiten acht deutsche Diplomaten.

Auch die britische Botschaft wurde von der nordkoreanischen Regierung kontaktiert. Allerdings mit einer leicht anderen Intonierung. Wie das Außenministerium in London mitteilte, habe Nordkorea wissen wollen, ob die Briten ihre Botschaft räumen würden. Eine klare Empfehlung zur Evakuierung habe es nicht gegeben. Allerdings warnte Nordkorea die Botschaften in der Hauptstadt den britischen Angaben zufolge vor Auswirkungen auf ihre Sicherheit im Falle eines Konflikts. Pjöngjang habe erklärt, dass die Sicherheit der diplomatischen Vertretungen dann ab dem 10. April nicht mehr garantiert werden könne, teilte die Regierung in London mit.

In Berlin musste sich der nordkoreanische Botschafter wegen der militärischen Drohungen seiner Regierung im Auswärtigen Amt einfinden. Die Bundesregierung hatte ihn einbestellt. Auf Weisung von Außenminister Guido Westerwelle (FDP) sei er am Freitagvormittag ins Amt zitiert worden, sagte ein Sprecher des Ministeriums in Berlin. Die Bundesregierung habe dabei "die sehr große Sorge" wegen der von Nordkorea zu verantwortenden Eskalationen zum Ausdruck gebracht. Die jüngsten Drohungen Pjöngjangs seien "in Ton und Sache in keiner Weise für die Bundesregierung akzeptabel".

Westerwelle suche in der Nordkorea-Frage eine sehr enge Abstimmung mit den internationalen und europäischen Partnern, sagte der Sprecher weiter. Notwendig sei es, eine "entschlossene und geschlossene Reaktion auf diesen unverantwortlichen Drohkurs zu finden". Das Thema werde auch kommende Woche beim G-8-Außenministertreffen in London auf der Agenda stehen.

Rakete verlegt

Nordkorea steht wegen seines Atomwaffenprogramms international in der Kritik und ist mit Sanktionen belegt. Seit Wochen reiht Pjöngjang militärische Drohungen insbesondere gegen die USA und Südkorea aneinander. Am Donnerstag hatte der Generalstab der nordkoreanischen Volksarmee mitgeteilt, es sei nun offiziell grünes Licht für einen Atomangriff auf die USA gegeben worden.

Am Freitag wurde bekannt, dass Nordkorea offenbar eine zweite Mittelstreckenrakete an seine Ostküste verlegt hat. Pjöngjang habe am "Anfang der Woche" insgesamt zwei Raketen per Zug zur Küste gebracht und sie auf mobilen Abschussrampen installiert, berichtete die südkoreanische Nachrichtenagentur Yonhap unter Berufung auf einen Regierungsvertreter in Seoul. Die USA erklärten, "alle notwendigen Vorsichtsmaßnahmen" in dem Konflikt getroffen zu haben.

Das Verteidigungsministerium in Seoul, das am Donnerstag die Verlegung einer ersten Mittelstreckenrakete bestätigt hatte, äußerte sich bisher nicht dazu. Es soll sich um Raketen vom Typ Musudan handeln, die eine geschätzte Reichweite von rund 3000 Kilometern haben. Diese kann auf bis zu 4000 Kilometer ausgebaut werden. Damit können die Raketen theoretisch die Pazifikinsel Guam erreichen, ein Außengebiet der USA. Experten sehen Nordkorea aktuell allerdings nicht in der Lage, das US-Festland anzugreifen.

ler/jok/dpa/Reuters/AFP