In einer aktuellen Untersuchung kommen schwedische Wissenschaftler zu dem Schluss, dass unsere Vorstellungskraft die Art und Weise, wie wir die Welt um uns herum wahrnehmen, stärker beeinflussen kann als bislang gedacht. "Das, was wir in unserem Kopf hören und sehen", so die Forscher, " kann unsere tatsächliche Wahrnehmung verändern."
© Karolinska InstitutetTestperson beim Betrachten der Illusion zweier kollidierender Objekte.
Stockholm (Schweden) - Wie die Forscher um Henrik Ehrsson und Christopher Berger vom Karolinska Institutet aktuell im Fachjournal
Current Biology (
DOI: 10.1016/j.cub.2013.06.012) berichten, werfe das Ergebnis ihrer Studie ein neues Licht auf die klassische Frage der Psychologie und der Neurowissenschaften darüber, wie unser Gehirn die Informationen der unterschiedlichen Sinne kombiniert.
"Oft stellen wir uns Dinge, die wir uns vorstellen und Dinge, die wir wahrnehmen, als zwei deutlich voneinander getrennte Einheiten vor", so Berger. "Dennoch, das zeigt unsere Studie,
verändert unsere Vorstellung etwa von einem Ton oder von einer Form die Art und Weise, wie wir die Umwelt um uns herum wahrnehmen, auf ähnliche Weise, wie wenn wir einen Ton direkt hören oder eine Form sehen. Im Speziellen haben wir herausgefunden,
dass das, was wir uns vorstellen zu hören, die Art und Weise verändern kann, wie wir tatsächlich sehen. Umgekehrt verändert das, was wir uns vorstellen zu sehen das, was wir tatsächlich hören."
Die Studie der Forscher bestand aus einer Reihe von Experimenten, die sich Wahrnehmungsillusionen bedienten, anhand derer die sensorischen Informationen eines Sinnes, durch die Wahrnehmung mittels eines anderen Sinnes verändert oder verzerrt wird.
In einem ersten Experiment erlebten die Teilnehmer die Illusion einer Kollision zweier eigentlich aneinander vorbeiziehender Objekte, wenn sie sich in dem Moment, in dem sich die beiden Objekte treffen, einen Ton vorstellen sollten. In einem zweiten Experiment wurde die räumliche Wahrnehmung der Teilnehmer in einer bestimmten Richtung beeinflusst, in welcher sie das kurze Auftauchen eines weißen Kreises erwarteten beeinflusst und in einem dritten Experiment wurde die Wahrnehmung dessen, was eine Person sagte, von ihrer Vorstellung eines bestimmten Klangs verändert.
Laut den Wissenschaftlern könnten die aktuellen Ergebnisse hilfreich für ein Verständnis jener Mechanismen sein, während derer das Gehirn durch bestimmte psychiatrische Erkrankungen daran scheitert, zwischen Gedanken und der Realität zu unterscheiden - etwa bei Schizophrenie. Ein anderes Gebiet könne die Erforschung und Entwicklung von Hirn-Computer-Interfaces sein, die gelähmten Personen dabei behilflich sein könnten, alleine durch ihre Vorstellungskraft virtuelle oder künstliche Geräte zu bedienen.
"Das ist die erste Anordnung von Experimenten, die eindeutig aufzeigt, dass sensorische Signale, die von der Vorstellung einer Person erzeugt werden, stark genug sind, um deren Wahrnehmung von der echten Welt durch eine andere Sensorik zu beeinflussen und zu verändern", so Ehrsson.
Quelle: ki.se
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